Wechselbezüglichkeit Einsetzung Alleinerbe

August 16, 2017

Wechselbezüglichkeit Einsetzung Alleinerbe

OLG Düsseldorf I-3 Wx 198/11

Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments im Hinblick auf die Wechselbezüglichkeit der Erbeinsetzung eines Alleinerben

RA und Notar Krau

Eine Erblasserin und ihr Ehemann hatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem die Erblasserin ihre Nichte als Alleinerbin einsetzte.

Nach dem Tod der Erblasserin beantragte die Nichte einen Erbschein als Alleinerbin, der auch erteilt wurde.

Später stellte sich heraus, dass der Ehemann der Erblasserin möglicherweise Analphabet war und das Testament daher nicht wirksam errichten konnte.

Der Ehemann beantragte daraufhin die Einziehung des Erbscheins, da das Testament aufgrund der Wechselbezüglichkeit der Verfügungen insgesamt unwirksam sei.

Das Nachlassgericht gab dem Antrag statt und zog den Erbschein ein.

Die Nichte legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein.

Wechselbezüglichkeit Einsetzung Alleinerbe

Streitpunkte:

  • Wirksamkeit des Testaments: War das Testament aufgrund der möglichen Testierunfähigkeit des Ehemanns unwirksam?
  • Wechselbezüglichkeit der Verfügungen: Waren die Verfügungen im Testament wechselbezüglich, so dass die Unwirksamkeit der Verfügung des Ehemanns auch die Unwirksamkeit der Verfügung der Erblasserin zur Folge hatte?

Entscheidung des OLG Düsseldorf:

Das OLG Düsseldorf hob den Beschluss des Nachlassgerichts auf und stellte fest, dass der Erbschein zu Recht erteilt worden war.

Begründung:

  • Testierunfähigkeit des Ehemanns: Das OLG ließ die Frage der Testierunfähigkeit des Ehemanns offen, da die Verfügung der Erblasserin auch bei Unwirksamkeit der Verfügung des Ehemanns Bestand hatte oder das Testament als Einzeltestament der Erblasserin umzudeuten war.
  • Keine Wechselbezüglichkeit: Die Verfügung der Erblasserin, mit der sie ihre Nichte als Alleinerbin einsetzte, war nicht wechselbezüglich zu einer Verfügung ihres Ehemanns.
    • Wechselbezüglich sind nur Verfügungen, die ein Ehegatte nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen hätte.
    • Im vorliegenden Fall ergab die Auslegung des Testaments, dass die Erblasserin ihre Nichte auch dann als Alleinerbin eingesetzt hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die Verfügung ihres Ehemanns unwirksam war.
    • Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Erbeinsetzung der Nichte von einer Erbeinsetzung durch den Ehemann abhängig sein sollte.
  • Umdeutung als Einzeltestament: Selbst wenn das gemeinschaftliche Testament wegen der Testierunfähigkeit des Ehemanns unwirksam gewesen wäre, wäre es in ein Einzeltestament der Erblasserin umzudeuten gewesen.

Wechselbezüglichkeit Einsetzung Alleinerbe

Fazit:

Der Beschluss des OLG Düsseldorf verdeutlicht die Grundsätze der Wechselbezüglichkeit im gemeinschaftlichen Testament.

Nicht jede Verfügung in einem gemeinschaftlichen Testament ist automatisch wechselbezüglich.

Die Auslegung des Testaments muss ergeben, dass die Verfügung des einen Ehegatten nur im Hinblick auf die Verfügung des anderen Ehegatten getroffen wurde.

Ist dies nicht der Fall, so kann die Verfügung auch bei Unwirksamkeit der Verfügung des anderen Ehegatten wirksam bleiben.

RA und Notar Krau

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