Wechselbezüglichkeit Erbeinsetzung bei Anwachsung

August 25, 2023

Wechselbezüglichkeit einer Erbeinsetzung bei Anwachsung

OLG Frankfurt 21 W 3/23 – vom 06.04.2023 -Bindungswirkung

Zusammenfassung RA und Notar Krau:

In dem Fall ging es um die Wechselbezüglichkeit einer Erbeinsetzung bei Anwachsung und deren Bindungswirkung.

Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten ein gemeinschaftliches Testament erstellt, in dem sie den Sohn und die Enkel als Erben einsetzten.

Nach dem Tod des Ehemannes verfasste die Erblasserin ein eigenes handschriftliches Testament, in dem sie den Sohn als Alleinerben einsetzte.

Der Sohn beantragte einen Erbschein, doch das Nachlassgericht wies den Antrag zurück, da das gemeinschaftliche Testament wechselbezügliche Verfügungen enthielt.

Der Sohn legte Beschwerde ein, argumentierte jedoch, dass das spätere Testament keine Schlusserbeneinsetzung enthielt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt wies die Beschwerde ab und erklärte, dass das gemeinschaftliche Testament die Erbfolge abschließend regelte

und die Wechselbezüglichkeit der Erbeinsetzung auch durch Anwachsung bestehen blieb.

Somit wurde der Sohn nicht Alleinerbe, und der Beteiligte zu 2) wurde ebenfalls Miterbe.

Wechselbezüglichkeit Erbeinsetzung bei Anwachsung

Inhaltsverzeichnis

I. Einführung

II. Fallbeschreibung

  • Erblasserin und Ehemann erstellen gemeinschaftliches Testament
  • Erblasserin erstellt später ein handschriftliches Testament
  • Sohn beantragt Erbschein, Nachlassgericht weist den Antrag zurück

III. Gerichtsverfahren

  • Sohn legt Beschwerde ein
  • Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt wies die Beschwerde ab
  • Begründung der Entscheidung

IV. Entscheidungstext

  • Zurückweisung der Beschwerde des Beteiligten zu 1)
  • Kosten des Beschwerdeverfahrens
  • Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren

V. Sachverhalt und Auslegung des Testaments

  • Identische Erbeinsetzungen in gemeinschaftlichem Testament
  • Späteres handschriftliches Testament der Erblasserin
  • Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments
  • Regelungen in § 3 des Testaments

Wechselbezüglichkeit Erbeinsetzung bei Anwachsung

VI. Wechselbezüglichkeit der Erbeinsetzung

VII. Anwachsung der Erbteile

Allgemein:

Die Wechselbezüglichkeit im Erbrecht ist ein komplexes Thema, insbesondere im Zusammenhang mit Anwachsung.

Hier eine Erklärung:

Wechselbezüglichkeit allgemein:

  • § 2270 BGB: Regelt die Wechselbezüglichkeit in gemeinschaftlichen Testamenten von Ehegatten und Lebenspartnern.
  • Vermutung: Es wird vermutet, dass die Verfügungen der Ehegatten wechselbezüglich sind, also nur gemeinsam gelten sollen.
  • Bindende Wirkung: Der überlebende Ehegatte ist an die wechselbezüglichen Verfügungen gebunden und kann sie nicht mehr einseitig ändern.

Wechselbezüglichkeit Erbeinsetzung bei Anwachsung

Anwachsung:

  • § 2069 BGB: Wenn ein Erbe wegfällt (z.B. durch Tod vor dem Erblasser), wächst sein Erbteil den anderen Erben zu.
  • Voraussetzung: Anwachsung tritt nur ein, wenn der Erblasser nichts anderes bestimmt hat (z.B. Ersatzerben eingesetzt hat).

Wechselbezüglichkeit und Anwachsung:

Die Frage ist, ob und inwieweit die Anwachsung von der Wechselbezüglichkeit erfasst wird. Hier gibt es unterschiedliche Ansichten:

  • Eine Ansicht: Die Anwachsung ist nicht von der Wechselbezüglichkeit erfasst. Der überlebende Ehegatte kann frei über den angewachsenen Erbteil verfügen.
  • Andere Ansicht: Auch die Anwachsung ist von der Wechselbezüglichkeit erfasst. Der überlebende Ehegatte ist an die Anwachsung gebunden und kann den angewachsenen Erbteil nicht anders verteilen.

Rechtsprechung:

  • OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.04.2023 – 21 W 3/23: Ein bei Eintritt der Anwachsung sich vergrößernder Erbteil kann insgesamt eine auf einer wechselbezüglichen Verfügung beruhende Erbeinsetzung darstellen.  
  • BGH, Urteil vom 17.03.2010 – IV ZR 202/08: Auch die Anwachsung kann von der Wechselbezüglichkeit erfasst sein, wenn sie auf einer gemeinsamen Entscheidung der Ehegatten beruht.

Wechselbezüglichkeit Erbeinsetzung bei Anwachsung

Entscheidende Faktoren:

Ob die Anwachsung von der Wechselbezüglichkeit erfasst wird, hängt vom Einzelfall ab.

Folgende Faktoren sind entscheidend:

  • Wortlaut des Testaments: Gibt es Hinweise darauf, dass die Ehegatten die Anwachsung bewusst mit einbezogen haben?
  • Auslegung des Testaments: Was war der mutmaßliche Wille der Ehegatten?
  • Umstände des Einzelfalls: Welche konkreten Regelungen haben die Ehegatten getroffen?

Beispiel:

Eheleute setzen sich im gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Erben ein und bestimmen ihre gemeinsamen Kinder als Schlusserben.

Ein Kind verstirbt vor dem Erblasser.

  • Anwachsung: Der Erbteil des verstorbenen Kindes wächst den anderen Kindern zu.
  • Wechselbezüglichkeit: Ist die Anwachsung wechselbezüglich, kann der überlebende Ehegatte den angewachsenen Erbteil nicht mehr anderweitig verteilen. Ist sie nicht wechselbezüglich, kann er frei darüber verfügen.

Fazit:

Die Wechselbezüglichkeit im Zusammenhang mit Anwachsung ist komplex.

Es ist wichtig, den Einzelfall genau zu prüfen und das Testament im Lichte des mutmaßlichen Willens der Erblasser auszulegen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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