Wechselbezüglichkeit testamentarischer Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament kinderloser Ehegatten
Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat in einem Beschluss vom 11. April 2022 (I-3 Wx 82/21) die Wechselbezüglichkeit testamentarischer Verfügungen
in einem gemeinschaftlichen Testament kinderloser Ehegatten umfassend erörtert. Im vorliegenden Fall ging es um ein kinderlos verstorbenes Ehepaar, das mehrere letztwillige Verfügungen hinterlassen hatte.
Die Ehegatten hatten sich zunächst 1997 gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt.
Im Jahr 2004 verfassten sie ein weiteres gemeinschaftliches Testament, in dem sie verschiedene Personen, darunter Verwandte beider Ehepartner, als Schlusserben benannten.
Nach dem Tod seiner Frau errichtete der Ehemann im Jahr 2015 ein weiteres Testament, das von den Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament abwich.
Ein Beteiligter beantragte nach dem Tod des Ehemanns einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte.
Das OLG Düsseldorf wies den Erbscheinantrag zurück.
Die Erbfolge richte sich nicht nach dem Einzeltestament des Ehemanns aus dem Jahr 2015, sondern nach dem gemeinschaftlichen Testament von 2004.
Die darin enthaltenen Verfügungen seien wechselbezüglich und damit für den überlebenden Ehemann bindend geworden.
Das Gericht stellte fest, dass die Ehegatten mit den Testamenten von 1997 und 2004 ein gemeinschaftliches Testament in Form des Berliner Testaments (§ 2269 BGB) errichtet hatten.
Die Verfügungen seien inhaltlich eng verbunden und regelten die Erbfolge nach dem Tod des Letztversterbenden.
Gemäß § 2270 Abs. 1 BGB sind Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament wechselbezüglich, wenn sie voneinander abhängig sind.
Das Gericht betonte, dass die Wechselbezüglichkeit für jede Verfügung gesondert zu prüfen sei.
Es wurden mehrere Formen der Wechselbezüglichkeit festgestellt:
Die gegenseitige Erbeinsetzung der Ehegatten.
Die gegenseitige Erbeinsetzung und die Berufung von Verwandten zu Schlusserben.
Die Schlusserbeneinsetzung als solche.
Die wechselbezüglichen Verfügungen seien mit dem Tod der Ehefrau für den Ehemann bindend geworden (§ 2271 Abs. 2 BGB).
Das Einzeltestament des Ehemanns von 2015 konnte die bindenden Verfügungen des gemeinschaftlichen Testaments nicht mehr ändern.
Bei der Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments sei der übereinstimmende Wille der Ehegatten zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung maßgeblich.
Wenn Zweifel am Erblasserwillen bestehen, greift die Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB, wonach im Zweifel Wechselbezüglichkeit anzunehmen ist,
wenn die Ehegatten sich gegenseitig bedenken oder Verwandte des anderen Ehegatten bedacht werden.
Die Einsetzung von Verwandten beider Ehegatten als Schlusserben spreche für eine Wechselbezüglichkeit.
Die verwandtschaftliche Nähe der Bedachten lege nahe, dass die Ehegatten eine Bindung an die Schlusserbeneinsetzung wünschten.
Das Gericht wies darauf hin, dass wenn fremde Personen oder Organisationen als Schlusserben berufen werden, das ein Zeichen für einen freieren willen des überlebenden Partners sein könnte.
Das Gericht stellte die Erbanteile der im Testament von 2004 bedachten Personen fest und kam zu dem Ergebnis, dass der antragstellende Beteiligte nicht Alleinerbe geworden sei.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf verdeutlicht die Bedeutung der Wechselbezüglichkeit im gemeinschaftlichen Testament kinderloser Ehegatten.
Sie betont, dass die Auslegung des Testaments stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erfolgen muss und
dass die Einsetzung von Verwandten beider Ehegatten als Schlusserben in der Regel für eine Bindungswirkung spricht.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.