Wer zahlt für den Weg?

Juni 12, 2025

Wer zahlt für den Weg?

BGH, Urteil vom 17.02.2006 – V ZR 49/05

AG Burgdorf, Entscheidung vom 30.09.2004 – 13 C 429/04 –

LG Hildesheim, Entscheidung vom 11.02.2005 – 7 S 272/04 –

RA und Notar Krau

Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17. Februar 2006, Aktenzeichen V ZR 49/05, befasst sich mit einer wichtigen Frage im Nachbarschaftsrecht: Wer muss die Kosten für die Instandhaltung eines Weges tragen, der über ein fremdes Grundstück führt und von mehreren Parteien genutzt wird?

Worum ging es in dem Fall?

Die Kläger besitzen ein Grundstück, über das ein Weg führt. Dieser Weg dient als Wegerecht (eine sogenannte Grunddienstbarkeit) für die Eigentümer des dahinterliegenden Grundstücks. Die Beklagten sind die Eigentümer dieses hinteren Grundstücks und nutzen den unbefestigten Weg, der nur aus zwei Fahrspuren besteht, zusammen mit ihren Mietern und auch den Klägern selbst. Nach Regenfällen sammelte sich auf diesem Weg Wasser an, was den Weg unbrauchbar machte.

Die Kläger wollten gerichtlich feststellen lassen, dass die Beklagten die Hälfte der Kosten für die Wiederherstellung dieses Weges tragen müssen.

Wie haben die Vorinstanzen entschieden?

Sowohl das Amtsgericht Burgdorf als auch das Landgericht Hildesheim hatten die Klage der Kläger abgewiesen. Sie waren der Meinung, dass die Beklagten nicht zur Kostenbeteiligung verpflichtet seien. Das Landgericht begründete dies unter anderem damit, dass der Weg keine „Anlage“ im Sinne des Gesetzes (§ 1020 Satz 2 BGB) sei. Außerdem meinte es, die Regelung gelte nur, wenn derjenige, der das Wegerecht hat, den Weg alleine nutzt. Eine analoge Anwendung anderer Gesetze oder ein Anspruch wegen „Geschäftsführung ohne Auftrag“ (wenn jemand im Interesse eines anderen handelt) wurde ebenfalls verneint.

Wer zahlt für den Weg?

Die Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof sah das anders und hob die Urteile der Vorinstanzen auf. Das bedeutet, der BGH gab den Klägern Recht.

Der BGH stellte klar:

  1. Der Weg ist eine „Anlage“ im Sinne des Gesetzes: Auch ein unbefestigter Weg mit Fahrspuren, der durch regelmäßige Nutzung entstanden ist, gilt als „Anlage“. Eine Anlage ist demnach eine von Menschenhand geschaffene Einrichtung, die dauerhaft zur Nutzung eines Grundstücks dient. Die Tatsache, dass der Weg unbefestigt ist, ändert daran nichts.
  2. Gemeinsame Nutzung schließt Kostenbeteiligung nicht aus: Der BGH widersprach der Ansicht, dass die Kostenbeteiligung nur dann greift, wenn derjenige mit dem Wegerecht die Anlage alleine nutzt. Er verwies auf ein eigenes, später veröffentlichtes Urteil vom 12. November 2004, in dem er bereits entschieden hatte, dass der Berechtigte auch dann zur Unterhaltung einer Anlage verpflichtet ist, wenn der Grundstückseigentümer sie mitnutzt. Die Kosten sind in solchen Fällen im Zweifel zur Hälfte zu tragen, in Anlehnung an die Regelungen für Miteigentum (§§ 748, 742 BGB).
  3. Hälftige Kostenverteilung ist hier angemessen: Im vorliegenden Fall gab es keine Anhaltspunkte dafür, dass eine andere Kostenverteilung sinnvoller wäre. Die Beklagten und ihre Mieter nutzten den Weg mit mindestens drei Fahrzeugen, während die Kläger ihn allenfalls mit einem Fahrzeug befuhren. Somit nutzten die Beklagten und ihre Mieter den Weg mindestens zur Hälfte. Da die Kläger keine höhere Beteiligung als die Hälfte verlangten, mussten die Beklagten diesen Anteil der Wiederherstellungskosten tragen.

Was bedeutet das Urteil?

Das Urteil des BGH bedeutet, dass die Beklagten verpflichtet sind, sich zur Hälfte an den Kosten für die Wiederherstellung des Weges zu beteiligen. Der BGH stellte fest, dass die Gerichte in den Vorinstanzen die Rechtslage falsch beurteilt hatten.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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