Widerruf der in Zweittestament verfügten Erbeneinsetzung

August 16, 2017

Widerruf der in Zweittestament verfügten Erbeneinsetzung

OLG Hamm I-15 692/10

Wechselbezügliches Ehegattentestament

Lebzeitiger Widerruf der in einem Zweittestament verfügten Alleinerbeneinsetzung

RA und Notar Krau

Ein Ehepaar hatte in einem privatschriftlichen Testament von 1993 sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt.

Später, im Jahr 2000, errichteten sie ein notarielles Testament, in dem sie zunächst alle früheren Testamente widerriefen und sich dann erneut gegenseitig zu Alleinerben einsetzten.

Im Jahr 2009 widerrief die Ehefrau in einer notariellen Erklärung die Erbeinsetzung ihres Ehemannes aus dem Testament von 2000.

Nach dem Tod des Ehemannes beantragte die Ehefrau einen Erbschein als Alleinerbin, berief sich dabei aber auf das Testament von 1993.

Das Nachlassgericht wies den Antrag zurück, da es die gesetzliche Erbfolge als gegeben ansah. Die Ehefrau legte Beschwerde ein.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens verstarb die Ehefrau, ihre Tochter führte das Verfahren fort.

Widerruf der in Zweittestament verfügten Erbeneinsetzung

Streitpunkt:

Die zentrale Frage war, ob der Widerruf der Erbeinsetzung im Testament von 2000 durch die Ehefrau dazu führte, dass das Testament von 1993 wieder wirksam wurde.

Entscheidung des OLG Hamm:

Das OLG Hamm wies die Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts.

Die gesetzliche Erbfolge sei eingetreten.

Begründung:

  • Kein Wiederaufleben des ersten Testaments: Das Gericht stellte fest, dass der Widerruf der Erbeinsetzung im Testament von 2000 nicht dazu führte, dass das Testament von 1993 wieder wirksam wurde. Es entsprach nicht dem Willen der Ehefrau, mit dem Widerruf der Erbeinsetzung ihres Mannes die inhaltsgleiche Verfügung aus dem Testament von 1993 wieder in Kraft zu setzen. Der Widerruf wäre sonst überflüssig gewesen.
  • Kein einseitiges Wiederaufleben: Die Ehefrau konnte mit ihrer einseitigen Widerrufserklärung nur ihre eigene Widerrufserklärung im Testament von 2000 aufheben, nicht aber die ihres Ehemannes. Sie konnte also nicht ohne Mitwirkung ihres Mannes dessen Verfügung aus dem Testament von 1993 wieder in Kraft setzen.
  • Keine Wechselbezüglichkeit der Widerrufserklärung: Die Widerrufserklärung im Testament von 2000 war nicht wechselbezüglich im Sinne des § 2270 BGB. Wechselbezüglich können nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder Auflagen sein, nicht aber Widerrufserklärungen.

Widerruf der in Zweittestament verfügten Erbeneinsetzung

Fazit:

Der Beschluss des OLG Hamm verdeutlicht die Rechtsfolgen des Widerrufs von Testamenten im Zusammenhang mit wechselbezüglichen Verfügungen.

Wird in einem späteren Testament eine frühere Verfügung widerrufen und gleichzeitig eine neue, inhaltsgleiche Verfügung getroffen,

so führt der Widerruf der neuen Verfügung nicht automatisch zum Wiederaufleben der ursprünglichen Verfügung.

Dies gilt insbesondere dann, wenn der Widerruf sonst überflüssig gewesen wäre.

RA und Notar Krau

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein konstenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

testament, hand, write, ballpoint pen, paper, letter, letters, pen, will, intention, decision, resolution, projects, attachment, declaration of intent, disposal, advance directive, notary, volition, testament, testament, testament, testament, testament, will, will, will, notary

Können Minderjährige wirksam ein Testament errichten?

November 9, 2025
Können Minderjährige wirksam ein Testament errichten?Minderjährige können unter bestimmten Voraussetzungen wirksam ein Testament errichten, um ü…
Trauer Grabstein

Pflichtteilsergänzungsanspruch auch bei Schenkung unter Geltung des Zivilgesetzbuches der DDR

November 9, 2025
Pflichtteilsergänzungsanspruch auch bei Schenkung unter Geltung des Zivilgesetzbuches der DDRZusammenfassung: BGH, Urteil vom 07.03.2001 – IV ZR…
Portrait Lana Berloznik Kanzlei Krau Rechtsanwälte

Pflichtteilsergänzungsanspruch – Miterben als Gesamtschuldner

November 9, 2025
Pflichtteilsergänzungsanspruch – Miterben als GesamtschuldnerHier ist eine Zusammenfassung des Urteils des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm (Az.: 1…