Widerruf gemeinschaftliches Testament

Dezember 25, 2024

Widerruf gemeinschaftliches Testament

AG Altötting XVII 152/15

Beschluss 8.8.2023 

Bestellung einer Ergänzungsbetreuerin zur Entgegennahme der Widerrufserklärung bzgl. eines gemeinschaftlichen Testaments

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Amtsgericht Altötting entschied, dass zur wirksamen Entgegennahme des Widerrufs eines gemeinschaftlichen Testaments

die Bestellung einer Ergänzungsbetreuerin notwendig ist, wenn einer der Testierenden geschäftsunfähig ist und der andere Testierende zugleich dessen Betreuer ist.  

Sachverhalt:

Ein Ehemann beabsichtigte, das gemeinschaftliche Testament mit seiner Ehefrau zu widerrufen.

Die Ehefrau war jedoch geschäftsunfähig und der Ehemann selbst war ihr Betreuer.

Widerruf gemeinschaftliches Testament

Rechtliche Problematik:

Der Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem anderen Testierenden zugehen muss.

Ist dieser geschäftsunfähig, muss die Erklärung gegenüber seinem gesetzlichen Vertreter abgegeben werden.

Problematisch ist die Situation, wenn der Widerrufende zugleich der Betreuer des geschäftsunfähigen Ehegatten ist.

In diesem Fall besteht ein Interessenkonflikt, da der Betreuer einerseits die Interessen des Betreuten wahren muss, andererseits aber ein eigenes Interesse am Widerruf des Testaments hat.

Lösung des Gerichts:

Das Amtsgericht Altötting bestellte eine Ergänzungsbetreuerin, deren Aufgabenkreis auf die Entgegennahme der Widerrufserklärung beschränkt wurde.

Widerruf gemeinschaftliches Testament

Begründung:

  • Wirksamer Widerruf: Der Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments ist nur wirksam, wenn er dem anderen Testierenden zugeht. Bei Geschäftsunfähigkeit muss der Widerruf dem gesetzlichen Vertreter zugehen.
  • Interessenkonflikt: Ist der Widerrufende zugleich Betreuer des geschäftsunfähigen Ehegatten, besteht ein Interessenkonflikt.
  • Ergänzungsbetreuung: Um den Interessenkonflikt zu vermeiden und die Wirksamkeit des Widerrufs zu gewährleisten, ist die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers erforderlich.
  • Aufgabenkreis: Der Aufgabenkreis des Ergänzungsbetreuers kann auf die Entgegennahme der Widerrufserklärung beschränkt werden.

Gesetzliche Grundlagen:

  • § 2296 BGB: Widerruf gemeinschaftlicher Testamente
  • § 2271 BGB: Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen
  • § 1814 BGB: Bestellung eines Betreuers
  • § 1823 BGB: Vertretung des Betreuten
  • § 1824 BGB: Verhinderung des Betreuers
  • § 131 BGB: Geschäftsfähigkeit
  • § 164 BGB: Wirksamkeit der Abgabe einer Willenserklärung gegenüber einem beschränkt Geschäftsfähigen
  • § 104 Nr. 2 BGB: Geschäftsunfähigkeit

Anmerkungen:

  • Die Entscheidung des Amtsgerichts Altötting ist von großer praktischer Bedeutung, da die Anzahl der Fälle, in denen ein Ehegatte ein gemeinschaftliches Testament widerrufen möchte, während der andere Ehegatte geschäftsunfähig ist, in Zukunft zunehmen wird.
  • Die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers ist eine sinnvolle Lösung, um die Wirksamkeit des Widerrufs zu gewährleisten und den Interessenkonflikt zu vermeiden.
  • Es ist wichtig, dass die Gerichte in diesen Fällen eine einheitliche Linie verfolgen und die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers anordnen.

Zusätzliche Informationen:

  • Die Entscheidung des Amtsgerichts Altötting wurde in der Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge (ZEV) 2024, Seite 111 veröffentlicht.
  • Es gibt weitere Entscheidungen zu dieser Thematik, beispielsweise vom Oberlandesgericht Nürnberg (ZEV 2013, 450) und vom Amtsgericht München (ZEV 2011, 81).
  • In der Literatur wird die Entscheidung des Amtsgerichts Altötting überwiegend positiv bewertet.

Fazit:

Widerruf gemeinschaftliches Testament

Die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers zur Entgegennahme der Widerrufserklärung bei einem gemeinschaftlichen Testament ist eine wichtige Maßnahme,

um die Rechte des geschäftsunfähigen Ehegatten zu schützen und die Wirksamkeit des Widerrufs zu gewährleisten.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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