Widerruflichkeit der unwiderruflich erteilten Vollmacht

April 27, 2019

Widerruflichkeit der unwiderruflich erteilten Vollmacht

BGH V ZR 231/86 Urteil vom 26. Februar 1988

RA und Notar Krau:

Das Urteil BGH V ZR 231/86 vom 26. Februar 1988 befasst sich mit der Widerruflichkeit einer unwiderruflich erteilten Vollmacht,

die dem Treugeber zur Verwaltung, Veräußerung und Belastung des Treuguts gewährt wurde.

Im Kern geht es um die Frage, unter welchen Umständen eine unwiderruflich erteilte Vollmacht widerrufen werden kann,

insbesondere wenn diese im Rahmen eines Treuhandverhältnisses erteilt wurde.

Sachverhalt

Der Kläger erwarb von dem Beklagten einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück.

Gleichzeitig erteilte der Kläger dem Beklagten eine unwiderrufliche Vollmacht zur Verwaltung, Veräußerung und Belastung des Teileigentums.

Später widerrief der Kläger diese Vollmacht und forderte die Herausgabe der Vollmachtsurkunde.

Der Beklagte veräußerte das Teileigentum jedoch im Namen des Klägers an einen Dritten.

Der Kläger beantragte die Feststellung der Unwirksamkeit der Vollmacht, hilfsweise deren Nichtbestehen seit dem Widerruf.

Widerruflichkeit der unwiderruflich erteilten Vollmacht

Er argumentierte, die Vollmacht sei sittenwidrig oder zumindest widerrufen worden, da der Beklagte sie missbräuchlich verwendet habe.

Der Beklagte hingegen berief sich auf eine privatschriftliche Vereinbarung, wonach ihm die alleinige Verwaltung zustehe und die Vollmacht seine Rechte sichern sollte.

Seiner Darstellung nach sollte das Teileigentum nur treuhänderisch auf den Kläger übergehen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der BGH wies die Revision des Beklagten zurück und bestätigte das Urteil des Oberlandesgerichts, welches den Beklagten zur Herausgabe der Vollmachtsurkunde verurteilte.

Die wesentlichen Entscheidungsgründe des BGH lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Widerruf einer Vollmacht ohne Kausalvereinbarung:

Eine unwiderruflich erteilte Vollmacht ist grundsätzlich frei widerruflich, wenn ihr keine Kausalvereinbarung (d.h. kein zugrunde liegendes Rechtsverhältnis) zugrunde liegt.

Widerruf einer Vollmacht bei abredewidrigem Gebrauch:

Auch wenn eine Kausalvereinbarung besteht, kann die Vollmacht widerrufen werden, wenn der Bevollmächtigte sie abredewidrig gebraucht.

Dies gilt insbesondere im Rahmen eines Treuhandverhältnisses.

Treuhandverhältnis und Vollmacht:

Die vom Treuhandeigentümer dem Treugeber erteilte Vollmacht zur Verwaltung, Veräußerung und Belastung des Treuguts kann widerrufen werden, wenn die zugrunde liegende Abrede nur

bestimmte Handlungen erlaubt (z.B. Belastungen), der Treugeber aber die Sache verkauft.

Widerruflichkeit der unwiderruflich erteilten Vollmacht

Rechtsgrundlagen:

Der BGH stützte seine Entscheidung unter anderem auf § 175 BGB (Herausgabeanspruch bei Erlöschen der Vollmacht) und § 168 BGB (Widerruf einer Vollmacht).

Abgrenzung zu anderer Rechtsprechung:

Der BGH grenzte seine Entscheidung von einem früheren Urteil ab, in dem er entschieden hatte,

dass ein fremdnütziger Treuhänder eine umfassende Vollmacht nur bei gleichzeitiger Kündigung des Treuhandverhältnisses widerrufen darf.

Im vorliegenden Fall lag jedoch ein wichtiger Grund zum Widerruf vor, da der Beklagte die Vollmacht abredewidrig ausgenutzt hatte.

Zusammenfassend

Der BGH entschied, dass der Kläger die Vollmacht wirksam widerrufen hat, da der Beklagte sie entgegen der getroffenen Vereinbarung gebraucht hat.

Auch wenn eine unwiderrufliche Vollmacht erteilt wurde, kann diese widerrufen werden, wenn kein zugrunde liegendes Rechtsverhältnis besteht oder wenn die Vollmacht abredewidrig verwendet wird.

Im Kontext eines Treuhandverhältnisses ist der Widerruf möglich, wenn der Bevollmächtigte seine Befugnisse überschreitet.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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