Widerrufsbelehrung – Verbrauchereigenschaft des Käufers und Faxnummer
BGH Beschluss vom 22.7.2025 – VIII ZR 5/25
Dieser Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) klärt wichtige Fragen, die sich Unternehmer und Verbraucher bei Fernabsatzverträgen (Käufe, die ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit geschlossen werden, z.B. Online-Käufe) stellen, wenn der Unternehmer eine von der gesetzlichen Musterwiderrufsbelehrung abweichende Erklärung verwendet.
Ein Verbraucher kaufte zwei Neuwagen als Fernabsatzgeschäft. Die Verkäuferin nutzte eine individuelle Widerrufsbelehrung, in der zwar die Postanschrift und die E-Mail-Adresse, aber nicht die Telefaxnummer genannt wurden. Auch eine im Impressum der Webseite angegebene Faxnummer soll nicht erreichbar gewesen sein.
Der Käufer widerrief die Verträge erst Monate nach Erhalt der Fahrzeuge und argumentierte, die gesetzliche 14-tägige Widerrufsfrist habe wegen der vermeintlich fehlerhaften Belehrung nicht begonnen, wodurch er ein längeres Widerrufsrecht habe.
Der BGH hat diese Argumentation in mehreren Punkten zurückgewiesen.
Der BGH hat entschieden, dass die fehlende Angabe der Faxnummer in der Widerrufsbelehrung keinen Fehler darstellt, der den Beginn der Widerrufsfrist verhindert, wenn der Unternehmer andere effiziente Kommunikationsmittel wie die Postanschrift und die E-Mail-Adresse angibt.
Ein normal informierter, aufmerksamer Durchschnittsverbraucher wird durch die fehlende Faxnummer nicht davon abgehalten, sein Widerrufsrecht fristgerecht auszuüben, da er stattdessen einfach Brief oder E-Mail nutzen kann. Die Faxnummer ist zudem ein laut EU-Recht (Verbraucherrechte-Richtlinie) weitgehend überholtes Kommunikationsmittel.
Selbst wenn eine im Impressum angegebene Faxnummer falsch oder nicht erreichbar wäre, ist dies unerheblich, solange in der Widerrufsbelehrung Postanschrift und E-Mail-Adresse korrekt genannt sind. Der Verbraucher hat hierdurch alternative, schnelle und effiziente Wege zum Widerruf.
Die Widerrufsbelehrung enthielt die Formulierung: „Wenn Sie ein Verbraucher sind…”. Der Kläger sah darin einen Fehler, da der Unternehmer nicht konkret auf den Einzelfall bezogen über das Bestehen des Widerrufsrechts belehrt habe.
Es ist ausreichend, wenn die Widerrufsbelehrung abstrakt die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Widerrufsrecht nennt, also die Anknüpfung an die Verbrauchereigenschaft und die Nutzung von Fernkommunikationsmitteln.
Der Unternehmer ist nicht verpflichtet, im Einzelfall zu prüfen und zu belehren, ob der Käufer tatsächlich Verbraucher ist und die weiteren Bedingungen vorliegen (z.B. ob wirklich ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet wurden). Diese Beurteilung obliegt dem Verbraucher selbst. Die abstrakte Formulierung führt nicht zur Irreführung des Durchschnittsverbrauchers.
Die Widerrufsbelehrung informierte zwar, dass der Käufer die unmittelbaren Kosten der Rücksendung tragen muss, enthielt aber keine Schätzung dieser Kosten.
Dies hindert den Beginn der Widerrufsfrist nicht. Die Folge einer fehlenden (zumindest geschätzten) Angabe der Rücksendekosten ist gesetzlich abschließend geregelt: Der Verbraucher muss die Kosten der Rücksendung nicht tragen (§ 357 Abs. 5 BGB). Diese Sanktion verhindert die eigentliche Folge (Nichtbeginn der Widerrufsfrist), die sonst bei einer fehlerhaften Belehrung eintreten würde.
Der BGH stellt klar, dass eine individuelle Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist in Gang setzt, wenn die Kommunikation des Widerrufs über Postanschrift und E-Mail-Adresse ermöglicht wird. Fehler in Bezug auf die Faxnummer oder eine lediglich abstrakte Belehrung über die gesetzlichen Voraussetzungen des Widerrufs (Verbrauchereigenschaft, Fernabsatz) sind unschädlich.
Auch das Fehlen einer Schätzung der Rücksendekosten verlängert die Widerrufsfrist nicht, sondern führt lediglich dazu, dass der Verbraucher diese Kosten nicht tragen muss. Der Käufer in diesem Fall hat sein Widerrufsrecht zu spät ausgeübt.
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