Widerspruch gegen Betriebsübergang – LAG München Urteil vom 27.02.2009 – 6 Sa 457/08
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Tenor
Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 03. April 2008, Az. 23 Ca 8403/07, wird abgeändert.
Das Versäumnisurteil vom 12. Juli 2007 bleibt aufrecht erhalten.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 27. November 2007 nicht beendet wurde.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Die Parteien streiten um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses des Klägers nach einem Betriebsübergang und um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung vom 27. November 2007.
Der Kläger war seit dem 1. September 1975 bei der Beklagten beschäftigt.
Die Beklagte veräußerte ihr Mobiltelefongeschäft an die B. M. GmbH & Co oHG (B. M.), wobei die Vermögensgegenstände dieses Geschäftsbereiches im Wege der Einzelrechtsnachfolge übertragen wurden.
Die Beklagte informierte die Arbeitnehmer über den Verkauf mit einem Schreiben vom 29. August 2005, das u.a. darauf hinwies, dass B. M. neuer Arbeitgeber werde und die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses übernehmen würde.
Eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs sei gem. § 613a Abs. 4 BGB ausgeschlossen.
Ab dem 1. Oktober 2005 war der Kläger bei B. M. tätig und erhielt ab dem 17. Februar 2006 eine Gehaltserhöhung.
B. M. stellte am 28. September 2006 einen Insolvenzantrag, und am 1. Januar 2007 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Der Kläger widersprach am 28. September 2006 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf B. M. und forderte seine Weiterbeschäftigung bei der Beklagten.
Diese lehnte dies mit Schreiben vom 6. Oktober 2006 und 10. Oktober 2006 ab.
Am 27. November 2007 kündigte die Beklagte vorsorglich das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2008.
Der Kläger erhob am 22. Juni 2007 Klage auf Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis nicht auf B. M. übergegangen sei, und beantragte hilfsweise die Zahlung einer Abfindung.
Die Beklagte war zum Gütetermin am 12. Juli 2007 nicht erschienen, und das Arbeitsgericht erließ ein Versäumnisurteil zugunsten des Klägers. Gegen das Versäumnisurteil legte die Beklagte Einspruch ein.
Entscheidungsgründe
Widerspruchsrecht und Betriebsübergang:
Der Kläger hatte dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf B. M. wirksam widersprochen, da die Beklagte nicht ausreichend über den Betriebsübergang informiert hatte.
Insbesondere fehlten Angaben zur Anschrift des Betriebserwerbers und zum Grund des Übergangs sowie zur wirtschaftlichen Situation der B. M.
Die fehlerhafte Information bedeutete, dass die Widerspruchsfrist nicht zu laufen begonnen hatte, und der Kläger konnte noch wirksam widersprechen.
Klage nicht verwirkt:
Die Klage war nicht verwirkt, da die Beklagte keine Dispositionen vorgetragen hatte, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machten.
Die Beklagte hatte keine weiteren Umstände dargelegt, die ein Vertrauen darauf, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, rechtfertigten.
Unzulässiger Massenwiderspruch:
Der Widerspruch des Klägers stellte keinen unzulässigen Massenwiderspruch dar, da keine sachfremden Erwägungen vorgetragen wurden, die auf eine kollektive Aktion ohne Eigeninteresse des Klägers
hinwiesen.
Wirksamkeit der Kündigung:
Die Kündigung vom 27. November 2007 war sozialwidrig und nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, da die Beklagte keine ausreichenden Gründe für den Wegfall des Arbeitsplatzes und die mangelnde Weiterbeschäftigungsmöglichkeit vorgetragen hatte.
Kostenentscheidung und Zulassung der Revision:
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Zusammenfassung und Analyse
Das Urteil des LAG München bestätigt die Rechtsposition des Klägers und stellt fest, dass sein Arbeitsverhältnis trotz des Betriebsübergangs auf B. M. mit der Beklagten fortbesteht.
Dies resultiert aus der unzureichenden Information seitens der Beklagten über den Betriebsübergang, was die Widerspruchsfrist nicht in Gang setzte.
Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der detaillierten und korrekten Information der Arbeitnehmer bei einem Betriebsübergang gem. § 613a BGB.
Fehlerhafte oder unvollständige Informationen können dazu führen, dass Widerspruchsrechte auch nach einem längeren Zeitraum noch wirksam ausgeübt werden können.
Das Gericht betont auch, dass eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss und ausreichend begründet werden sollte, insbesondere wenn Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestehen könnten.
Die Zulassung der Revision zeigt, dass das Gericht der Sache grundsätzliche Bedeutung beimisst, möglicherweise um die Rechtsprechung zur Information von Arbeitnehmern bei Betriebsübergängen und zur Sozialwidrigkeit von Kündigungen weiter zu klären und zu festigen.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.