Widerspruch gegen die Erteilung des Erbscheins aus sachfremden Gründen
Wie geht man im FamFG-Verfahren über die Erbscheinerteilung mit Einwänden um, die nicht aus ehrlicher Überzeugung über eine falsche Erbfolge, sondern aus bösen Absichten vorgebracht werden – um die Aushändigung des Erbscheins zu blockieren oder zu verzögern.
Bevor ein Erbschein ausgehändigt wird, muss das Nachlassgericht überzeugt sein, dass die Voraussetzungen für die Erbschaft gegeben sind.
Wenn kein Einspruch eingelegt wird, kann das Gericht schnell einen Feststellungsbeschluss fassen, der sofort wirksam wird. Der Erbschein kann dann zeitnah ausgestellt werden.
Meldet sich ein Beteiligter und legt seinen widersprechenden Willen dar, schaltet das Gericht in das sogenannte „streitige“ Verfahren um. Dies dient eigentlich dem Schutz des wahren Erben: Wegen der weitreichenden Wirkung eines Erbscheins soll die Erbfolge noch einmal gründlich geprüft werden, bevor der Schein erteilt wird.
In diesem Fall wird der Beschluss an die Beteiligten zugestellt, begründet und enthält eine Rechtsmittelbelehrung. Am wichtigsten ist: Die Wirksamkeit des Beschlusses wird ausgesetzt, bis die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist. Das Nachlassgericht muss die Aushändigung des Erbscheins in dieser Zeit zurückhalten.
Die neue Rechtslage ermöglicht es Beteiligten, die Erbscheinerteilung zu verzögern, indem sie einen Einwand einlegen, obwohl sie in Wahrheit keine fehlerhafte Erbfolge vermuten. Sie verfolgen damit zweckentfremdete Ziele (etwa Schikane, den Erben ärgern oder finanziell schädigen). Solche Einwände gelten als missbräuchlich.
Das Gericht muss dabei nach freier Überzeugung beurteilen, ob ein Missbrauch vorliegt, indem es das bisherige Verhalten, den Zeitpunkt des Einwandes und die persönlichen Beziehungen der Beteiligten berücksichtigt.
Das Gesetz macht es zu einfach, missbräuchlich Einspruch zu erheben, da:
Der Einwand nicht begründet werden muss.
Das Gericht immer zur Aussetzung der Wirksamkeit verpflichtet ist.
Eine darauffolgende Beschwerde nicht zwingend begründet werden muss.
Erbsachen oft durch persönliche Konflikte belastet sind.
Es wurden verschiedene Ansätze diskutiert, um missbräuchliche Einwände in den Griff zu bekommen, die jedoch Schwächen aufweisen:
Die Forderung, der Einwand müsse substanziiert begründet werden, widerspricht der klaren Gesetzeslogik, die eben keine Begründung verlangt. Zudem würde sie das Gericht in eine unnötige Doppelprüfung zwingen.
Dem Missbräuchlichen könnten die Verfahrenskosten auferlegt werden. Dies ist jedoch eine Ermessensentscheidung des Gerichts und nicht immer vorhersehbar, wodurch die präventive Wirkung verringert wird. Bei vermögenslosen Personen läuft es zudem ins Leere.
Missbräuchliche Einwände als Schikane und damit unzulässig zu behandeln, scheitert an den extrem strengen Anforderungen des Gesetzes. In der Praxis spielt dies kaum eine Rolle und die Anwendbarkeit im Verfahrensrecht ist umstritten.
Würde man den Erbschein trotz Einwand sofort erteilen und den Einsprechenden zwingen, sofort Beschwerde einzulegen, die keine aufschiebende Wirkung hätte, würde dies dem Ansatz des Zivilprozesses widersprechen und könnte berechtigte Einwände durch künstliche Hürden unterdrücken.
Stimmen in der Literatur schlagen eine sogenannte teleologische Reduktion des Gesetzes vor. Das bedeutet: Obwohl der Wortlaut des Gesetzes auch missbräuchliche Einwände einschließt, sollte es nach seinem Sinn und Zweck so eingeschränkt werden, dass diese Fälle ausgenommen sind.
Das Gesetz wollte mit der Aussetzung der Wirksamkeit ausschließlich die Fälle erfassen, in denen wegen der Gefahr eines falschen Erbscheins eine erneute Überprüfung nötig ist. Gleichzeitig wollte der Gesetzgeber das Verfahren effizienter gestalten.
Ein Einwand mit zweckentfremdeten Absichten erfüllt diesen Sinn und Zweck gerade nicht. Er dient nicht der Richtigkeitskontrolle, sondern nur der Verzögerung.
Wenn ein Einwand missbräuchlich ist, soll das Gericht nicht das „streitige“ Verfahren anwenden. Stattdessen soll das „unstreitige“ Verfahren angewandt werden, d.h., der Erbschein wird sofort erteilt.
Allerdings muss dem Widersprechenden das Recht auf eine gerichtliche Überprüfung bleiben. Daher soll der Beschluss in diesen Ausnahmefällen trotzdem begründet und zugestellt werden, damit der Beteiligte anschließend Beschwerde gegen die bereits erfolgte Erbscheinerteilung einlegen kann (die dann nur auf die Einziehung des Erbscheins gerichtet sein kann). Auf diese Weise wird der Missbrauch verhindert, aber der Rechtsweg bleibt offen.