Wie viel erbt der Ehepartner?
Guten Tag, liebe Leserin, lieber Leser,
im deutschen Erbrecht gibt es viele Regeln, die auf den ersten Blick kompliziert wirken können. Doch keine Sorge: Wir von RA und Notar Krau möchten Ihnen dabei helfen, Licht ins Dunkel zu bringen. Heute sprechen wir über ein wichtiges Thema, das fast jeden betrifft: das Erbrecht des Ehegatten.
Wenn jemand verstirbt, ohne ein Testament hinterlassen zu haben, tritt die sogenannte gesetzliche Erbfolge in Kraft. Hierbei gibt es zwei Hauptgründe, warum jemand erbt: entweder, weil er mit dem Verstorbenen verwandt ist, oder weil er dessen Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner war.
Die Ehe ist eine ganz besondere Verbindung, die im Idealfall ein Leben lang hält. Das Gesetz erkennt diese tiefe persönliche Beziehung an. Stirbt ein Ehepartner, soll der Überlebende nicht nur emotional, sondern auch finanziell abgesichert sein. Es geht darum, dass der überlebende Ehepartner sein Leben so weit wie möglich materiell so weiterleben kann wie zuvor. Das Gesetz räumt dem Ehegatten daher eine eigene Erbenstellung ein, nicht nur eine finanzielle Beteiligung am Nachlass. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit und des Respekts vor der gemeinsamen Lebensleistung.
Die Höhe des Erbteils, den der Ehepartner erhält, hängt von zwei wesentlichen Faktoren ab:
Vereinfacht gesagt: Je entfernter die anderen noch lebenden Verwandten des Verstorbenen sind, desto größer ist der Erbteil des Ehepartners.
Manchmal wird kritisiert, dass die Dauer der Ehe keinen Einfluss auf die Höhe des Erbteils hat. Eine kurze Ehe könnte dann zu einem unverhältnismäßig hohen Erbteil führen. Hier geht das Gesetz von einer vereinfachten Annahme aus, die in den meisten Fällen passt. Wenn Sie dies anders regeln möchten, können Sie jederzeit ein Testament aufsetzen.
Ein weiterer Punkt, der gelegentlich hinterfragt wird, ist die Herkunft des Nachlasses. Es spielt keine Rolle, ob der Verstorbene das Vermögen selbst erarbeitet oder kurz vor seinem Tod geerbt hat. Ein Beispiel: Hatte der verstorbene Ehepartner kurz vor seinem Tod eine große Erbschaft von seinen Eltern erhalten, kann es passieren, dass ein Großteil dieses Erbes an den überlebenden Ehepartner geht und nur ein kleiner Teil an die Eltern zurückfällt. Hier gibt es Stimmen, die eine Änderung wünschen, um solche Situationen fairer zu gestalten.
Es wird immer wieder diskutiert, ob das Erbrecht des Ehegatten noch zeitgemäß ist. Einige Experten, wie Frau Prof. Dr. Röthel, schlagen vor, die Position des Ehegatten noch weiter zu stärken. Sie argumentiert, dass überlebende Ehepartner, oft Frauen im höheren Alter, stärker auf das Erbe angewiesen sind, um ihren Lebensstandard zu halten, während Kinder meist schon in ihrer Hauptverdienstphase sind. Außerdem sei die emotionale Bedeutung der Ehe heute oft größer als der Wunsch, Familienvermögen über Generationen hinweg zu erhalten.
Frau Röthel schlägt zudem vor, den pauschalen Zugewinnausgleich im Todesfall abzuschaffen und stattdessen eine güterstandsunabhängige Erbquote von 1/2 für den Ehegatten einzuführen. Das würde bedeuten, dass bei jedem Todesfall ein genauer finanzieller Ausgleich zwischen den Ehepartnern stattfindet, ähnlich wie bei einer Scheidung.
Wir bei RA und Notar Krau sehen diese Vorschläge jedoch kritisch. Das derzeitige gesetzliche Erbrecht ist seit Langem stabil und in der Gesellschaft breit akzeptiert. Eine weitreichende Änderung, die zum Beispiel einen Zugewinnausgleich wie bei einer Scheidung im Todesfall vorschreiben würde, könnte zu komplizierten und oft emotional belastenden Berechnungen innerhalb der Familie führen. Dies erscheint uns weder notwendig noch sinnvoll. Eine Scheidung und der Tod eines Ehepartners sind grundverschiedene Situationen, die auch rechtlich unterschiedlich behandelt werden sollten.
Wir befürworten hingegen die Abschaffung des pauschalen Zugewinnausgleichs zugunsten einer Erhöhung der Erbquote des Ehegatten auf 1/2 neben Kindern und 3/4 neben weiter entfernten Verwandten. Die derzeitige Mischung von Güter- und Erbrecht ist für Laien oft schwer verständlich und kann zu unpraktischen Situationen führen, wie der „taktischen Ausschlagung“ des Erbes aus finanziellen Gründen.
Eine noch größere quotale Beteiligung des Ehegatten am Nachlass sehen wir allerdings nicht als sinnvoll an. Es gibt viele Familiensituationen – zum Beispiel Wiederverheiratungen, Stiefkinder oder auch zerrüttete Ehen –, in denen eine weitere Besserstellung des Ehegatten zu Problemen führen könnte. Zudem ist es wichtig, die Erbrechte der Kinder zu schützen. Eine Kürzung der gesetzlichen Erbquote der Kinder würde auch ihren Pflichtteil mindern, was weitreichende Folgen haben könnte.
Das Erbrecht ist ein komplexes Feld, das persönliche Beziehungen und finanzielle Absicherung in Einklang bringen muss. Die aktuelle gesetzliche Regelung des Ehegattenerbrechts hat sich bewährt und bietet eine gute Grundlage. Kleinere Anpassungen, um es verständlicher und fairer zu gestalten, sind denkbar, aber tiefgreifende Reformen, die das System auf den Kopf stellen würden, sehen wir als nicht zielführend an.
Wenn Sie Fragen zu Ihrem individuellen Fall haben oder ein Testament erstellen möchten, das Ihre Wünsche genau abbildet, beraten wir Sie bei RA und Notar Krau jederzeit gerne.
Ihr Team von RA und Notar Krau