Wirksame Errichtung eines Nottestaments – LG Freiburg (Breisgau) Beschluss vom 19. März 2003 – 4 T 187/02
Die Entscheidung bezieht sich auf die Errichtung eines Nottestaments durch die am 9. Oktober 2000 verstorbene Erblasserin.
Am 6. Oktober 2000 verfasste sie ein Testament vor drei Zeuginnen, in dem sie die Beteiligte zu Ziffer 1 als Alleinerbin einsetzte und mehrere Vermächtnisse aussetzte.
Ein früheres handschriftliches Testament vom 16. September 2000 war strittig, da der Inhalt schwer lesbar war.
Vorinstanz
Das Nachlassgericht wies den Antrag der Beteiligten Ziffer 1 auf Erteilung eines Erbscheins zurück, da es das Testament vom 6. Oktober 2000 für unwirksam hielt.
Die Zeuginnen hätten nicht erkannt, dass sie eventuell verpflichtet gewesen wären, die Beurkundung einem Notar oder Bürgermeister zu überlassen.
Am 16. September 2000 hätte es noch die Möglichkeit gegeben, einen Notartermin zu vereinbaren.
Auch das handschriftliche Testament vom 16. September 2000 wurde nicht als gültige Einsetzung der Beteiligten zu Ziffer 1 als Alleinerbin anerkannt.
Beschwerdeentscheidung
Das LG Freiburg hob den Beschluss des Nachlassgerichts auf und wies dieses an, der Beteiligten Ziffer 1 einen Erbschein auszustellen.
Gründe
Zulässigkeit und Begründetheit der Beschwerde:
Die Beschwerde ist zulässig und begründet, da die Erblasserin ihr Testament wirksam nach § 2250 Abs. 2 BGB durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichtet hat.
Diese Regelung ermöglicht es Personen in naher Todesgefahr, ein Testament auf diese Weise zu errichten.
Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass das Vorliegen der nahen Todesgefahr zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung maßgeblich ist, auch wenn diese später vorübergeht.
Sachlage zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung:
Der behandelnde Arzt der Erblasserin, Dr. O., bestätigte, dass sie seit Ende September 2000 vollständig bettlägerig und ab dem 5. Oktober 2000 moribund war. Am 6. Oktober 2000 war jederzeit mit ihrem Tod zu rechnen.
Damit war objektiv die Gefahr gegeben, dass sie vor Hinzuziehung eines Notars versterben würde.
Eine Beurkundung durch einen Bürgermeister war ebenfalls nicht möglich.
Weitere Aspekte:
Es gibt keine weiteren Bedenken gegen die Gültigkeit des Testaments.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wurde auf € 700.000 festgesetzt.
Rechtsfolgen
Das Gericht entschied, dass das Nachlassgericht der Beteiligten Ziffer 1 einen Erbschein auszuhändigen hat, da das Nottestament wirksam errichtet wurde.
Das Beschwerdeverfahren war gerichtsgebührenfrei, und es wurden keine gerichtlichen Auslagen erhoben.
Außergerichtliche Auslagen wurden nicht erstattet.
Entscheidungsanalyse
Errichtung eines Nottestaments:
Nach § 2250 Abs. 2 BGB ist es möglich, ein Testament vor drei Zeugen zu errichten, wenn eine nahe Todesgefahr besteht und eine Beurkundung nach § 2249 BGB nicht mehr möglich ist.
Die Erblasserin hat diese Möglichkeit am 6. Oktober 2000 wirksam genutzt, da sie sich in einer solchen Todesgefahr befand, dass mit ihrem Ableben jederzeit zu rechnen war.
Beurteilung der Todesgefahr:
Die Beurteilung der nahen Todesgefahr erfolgt zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung.
Eine frühere Möglichkeit zur Testamentserrichtung vor einem Notar oder Bürgermeister ist unerheblich, wenn zum Zeitpunkt der tatsächlichen Errichtung die erforderliche Todesgefahr bestand.
Dies wurde im vorliegenden Fall durch die ärztlichen Ausführungen von Dr. O. und die Aussagen der Zeuginnen bestätigt.
Verfahrensrechtliche Aspekte:
Das Verfahren war gebührenfrei, und es wurden keine gerichtlichen oder außergerichtlichen Auslagen erhoben.
Der Streitwert wurde auf € 700.000 festgesetzt, was den Nettonachlasswert repräsentiert.
Fazit
Die Entscheidung des LG Freiburg verdeutlicht die Voraussetzungen und den maßgeblichen Zeitpunkt für die Errichtung eines Nottestaments.
Trotz früherer Testierungsmöglichkeiten kann ein Nottestament wirksam errichtet werden, wenn die Todesgefahr zum Zeitpunkt der Testierung objektiv besteht.
Die Erblasserin hat daher wirksam ihre letztwillige Verfügung am 6. Oktober 2000 errichtet, und die Beteiligte Ziffer 1 ist als Alleinerbin anzusehen.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.