Wirksamkeit einer Abrede zwischen Erbe und Nachlasspfleger über die gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Vergütung

Oktober 5, 2025

Wirksamkeit einer Abrede zwischen Erbe und Nachlasspfleger über die gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Vergütung

Gerne fasse ich den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 19.02.2014 (Az. 3 Wx 292/11) zur Vergütung eines Nachlasspflegers zusammen.

Zusammenfassung des Falls und der Entscheidung

Der Beschluss befasst sich mit der Frage, unter welchen Umständen ein Nachlasspfleger (eine Person, die vom Gericht bestellt wird, um einen Nachlass zu sichern und zu verwalten, bis der Erbe feststeht) nachträglich eine Vergütung für seine berufsmäßige Tätigkeit erhält, obwohl er die gesetzliche Frist zur Geltendmachung seiner Ansprüche versäumt hat.

Die Ausgangslage

Ein Nachlasspfleger wurde bestellt, weil unklar war, wer der Erbe ist. Der Nachlass war vermögend (nicht mittellos).

Nachdem die Erben (eine Ehefrau und weitere Verwandte) ermittelt und die Pflegschaft aufgehoben war, verlangte der professionelle Nachlasspfleger seine Vergütung.

Problem:

Der Nachlasspfleger hatte seinen Vergütungsanspruch nicht fristgerecht (innerhalb von 15 Monaten nach Entstehung) und nicht prüffähig (ohne detaillierte Stundenaufstellung) beim Gericht geltend gemacht. Nach dem Gesetz (§ 2 VBVG) wäre der Anspruch damit erloschen.

Die entscheidende Wende: Die Abrede mit dem Erben

Nach Aufhebung der Pflegschaft gab es eine Korrespondenz zwischen dem Nachlasspfleger und der späteren Haupterbin.

Diese Korrespondenz interpretierte das Gericht als eine wirksame Abrede (Vereinbarung). Die Erbin hatte erklärt, sie erkenne an, dass dem Pfleger „ohnehin ein angemessenes Honorar zusteht“ und würde der gerichtlichen Festsetzung einer angemessenen Vergütung „nicht entgegentreten“.

Sie setzte die vorgeschlagene Summe von 15.000 € auch in ein vorläufiges Nachlassverzeichnis ein.

Die juristische Lösung des OLG

Das OLG Düsseldorf entschied, dass der ursprüngliche Vergütungsanspruch des Berufspflegers zwar wegen der versäumten Frist tatsächlich erloschen war und auch der Einwand von „Treu und Glauben“ (vergleichbar mit unzulässiger Rechtsausübung) dem Pfleger hier nicht half (weil er selbst die Pflicht zur fristgerechten Geltendmachung hatte).

Wirksamkeit einer Abrede zwischen Erbe und Nachlasspfleger über die gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Vergütung

Die Ermessensvergütung als Ausweg

Das OLG stützte den Anspruch jedoch auf eine andere gesetzliche Grundlage, nämlich die sogenannte Ermessensvergütung.

Die Ermessensvergütung

Der Anspruch wurde nicht auf die Regelung für Berufspfleger mit Stundenlohn (die eigentlich einschlägig gewesen wäre), sondern auf die Ermessensvergütung nach § 1836 Abs. 2 BGB gestützt. Diese Regelung greift eigentlich, wenn keine Berufsmäßigkeit festgestellt wurde oder der Pfleger mittellos ist.

Wichtig:

Aufgrund der wirksamen Abrede zwischen Erbin und Nachlasspfleger erklärte sich die Erbin bereit, der Festsetzung einer angemessenen Vergütung nicht entgegenzutreten.

Das Gericht legte diese „Angemessenheit“ im Sinne der Ermessensvergütung aus. Die Abrede überspielte damit die formalen Mängel und das Fristversäumnis.

Berechnung und Ergebnis

Das Gericht war nun berechtigt, eine Vergütung nach Ermessen festzusetzen, wobei es auf die Schwierigkeit und den Umfang der Tätigkeit ankam.

Die Tätigkeit galt als besonders schwierig, da der Pfleger Pflichtteilsansprüche klären musste, was typischerweise ein Testamentsvollstrecker tut, und der Nachlass kompliziert war (Immobilien, Konten, Depots).

Das Gericht berücksichtigte den vom Pfleger geschätzten Zeitaufwand, zog aber Stunden für die Vergütungsbeantragung ab und nahm einen pauschalen Abschlag vor.

Ergebnis:

Die Vergütung wurde auf 13.090 € (brutto) festgesetzt. Der ursprünglich vom Nachlassgericht festgesetzte Betrag von 15.000 € wurde damit geringfügig reduziert.

Kernbotschaft

Dieser Beschluss zeigt, dass die Vergütungsansprüche von professionellen Pflegern strengen Fristen unterliegen. Selbst bei einem vermögenden Nachlass und unbestrittener Leistung kann der Anspruch formal erlöschen, wenn er nicht rechtzeitig und korrekt geltend gemacht wird.

Aber:

Wenn der Erbe sich nach Beendigung der Pflegschaft vertraglich dazu bereit erklärt, einer angemessenen gerichtlichen Vergütungsfestsetzung nicht entgegenzutreten, kann diese Abrede die formalen Fehler des Pflegers heilen. Das Gericht kann dann die Vergütung auf Basis der Angemessenheit im Rahmen der sogenannten Ermessensvergütung festsetzen.

Kurz gesagt:

Die Vereinbarung zwischen Erbe und Nachlasspfleger rettete in diesem Fall den Honoraranspruch des Pflegers, wenn auch auf einer anderen Rechtsgrundlage und in leicht reduzierter Höhe.

RA und Notar Krau

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen? 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein konstenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

testament, hand, write, ballpoint pen, paper, letter, letters, pen, will, intention, decision, resolution, projects, attachment, declaration of intent, disposal, advance directive, notary, volition, testament, testament, testament, testament, testament, will, will, will, notary

Können Minderjährige wirksam ein Testament errichten?

November 9, 2025
Können Minderjährige wirksam ein Testament errichten?Minderjährige können unter bestimmten Voraussetzungen wirksam ein Testament errichten, um ü…
Trauer Grabstein

Pflichtteilsergänzungsanspruch auch bei Schenkung unter Geltung des Zivilgesetzbuches der DDR

November 9, 2025
Pflichtteilsergänzungsanspruch auch bei Schenkung unter Geltung des Zivilgesetzbuches der DDRZusammenfassung: BGH, Urteil vom 07.03.2001 – IV ZR…
Portrait Lana Berloznik Kanzlei Krau Rechtsanwälte

Pflichtteilsergänzungsanspruch – Miterben als Gesamtschuldner

November 9, 2025
Pflichtteilsergänzungsanspruch – Miterben als GesamtschuldnerHier ist eine Zusammenfassung des Urteils des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm (Az.: 1…