Wirksamkeit eines Zahlungsvorgangs gegenüber dem Zahler durch Zustimmung 

Juni 23, 2025

Wirksamkeit eines Zahlungsvorgangs gegenüber dem Zahler durch Zustimmung

OLG Brandenburg, 15.01.2025 – 4 U 32/24

RA und Notar Krau

Ein ältlicher Bankkunde klagte gegen seine Bank, weil Unbekannte 21 Zahlungen von seinem Konto tätigten. Er wollte, dass die Bank ihm das Geld (17.117,80 €) zurückzahlt.

Was war passiert?

Der Kunde hatte ein Online-Banking-Konto bei der Bank mit einer speziellen „pushTAN-App“ auf seinem Handy für Überweisungen. Am 27. September 2022 rief ihn eine angebliche Bankmitarbeiterin an. Sie sagte, es müsse ein Datenabgleich gemacht werden, und er solle einen Auftrag auf seiner pushTAN-App bestätigen. Der Kunde hatte kurz zuvor eine Augenbehandlung gehabt und konnte nicht richtig sehen. Trotzdem bestätigte er den Auftrag, ohne ihn zu lesen. Dadurch erlaubte er, dass seine digitale Bankkarte auf einem fremden iPhone genutzt werden konnte.

Zwischen dem 27. September und dem 1. Oktober 2022 wurden dann 21 Zahlungen über Apple Pay mit diesem fremden iPhone getätigt. Der Kunde bemerkte es erst am 2. Oktober, als sein Konto überzogen war, und informierte die Bank und die Polizei. Die Bank lehnte es ab, das Geld zurückzuzahlen, da sie meinte, der Kunde sei selbst schuld.

Die erste Gerichtsentscheidung (Landgericht):

Das Landgericht gab dem Kunden Recht. Es sagte, die Zahlungen seien nicht vom Kunden genehmigt worden und die Bank müsse das Geld zurückerstatten. Das Gericht fand, dass der Kunde nicht grob fahrlässig gehandelt habe, selbst wenn er gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen hat.

Die Berufung (Oberlandesgericht):

Die Bank legte Berufung ein, also ging der Fall in die nächste Instanz. Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg gab der Bank Recht und wies die Klage des Kunden ab.

Wirksamkeit eines Zahlungsvorgangs gegenüber dem Zahler durch Zustimmung

Warum das OLG der Bank Recht gab:

  1. Zahlungen nicht direkt vom Kunden autorisiert: Das OLG bestätigte, dass der Kunde die 21 Zahlungen nicht selbst getätigt oder direkt genehmigt hatte. Auch eine „indirekte“ Genehmigung durch das Freigeben des Geräts sahen die Richter nicht als ausreichend an, da eine Zustimmung immer persönlich vom Kontoinhaber kommen muss.
  2. Kein Anscheinsbeweis: Normalerweise spricht ein erster Anschein dafür, dass der Kontoinhaber die Zahlungen selbst vorgenommen hat, wenn technische Sicherheitsmerkmale genutzt wurden. Aber in diesem Fall war klar, dass Unbekannte die Zahlungen getätigt hatten (der Kunde war nach der Augenbehandlung zu Hause, die Zahlungen fanden an weit entfernten Orten statt und er besaß kein iPhone).
  3. Doch grobe Fahrlässigkeit des Kunden: Der Knackpunkt war, dass das OLG das Verhalten des Kunden als grob fahrlässig einstufte.
    • Objektiv: Der Kunde hat gegen seine Vertragspflicht verstoßen, indem er einen Auftrag in der pushTAN-App bestätigt hat, obwohl er die angezeigten Daten nicht lesen und prüfen konnte. Das Prüfen der Daten ist eine grundlegende Sicherheitsmaßnahme beim Online-Banking. Wer das nicht tut, unterläuft das gesamte Sicherheitssystem.
    • Subjektiv: Der Kunde war ein erfahrener Online-Banking-Nutzer und wusste, dass Bestätigungen in der pushTAN-App direkte Auswirkungen auf sein Konto haben. Er war nicht unter Zeitdruck und hätte die Bestätigung auch später machen können, wenn er wieder richtig sehen konnte. Zudem hätte der unangekündigte Anruf von einer angeblichen Bankmitarbeiterin ihn misstrauisch machen müssen. Es ist bekannt, dass Kriminelle solche Anrufe nutzen. Dass die Anruferin persönliche Daten kannte, war kein Grund zur Vertrauensbildung, da diese auch durch unbefugten Zugriff Dritter erlangt werden können. Das OLG kam zu dem Schluss, dass der Kunde „subjektiv unentschuldbar ‚blind‘ den Anweisungen einer unbekannten Anruferin gefolgt“ ist.
  4. Kein Mitverschulden der Bank: Das OLG sah auch kein Mitverschulden der Bank. Ihr Online-Banking-System war nach dem damaligen Stand der Technik sicher. Die Bank war auch nicht verpflichtet, schon beim einfachen Zugriff auf das Online-Konto eine „starke Kundenauthentifizierung“ zu verlangen, da die Gesetze hier Ausnahmen zulassen (z.B. für das Abrufen des Kontostands).

Fazit:

Weil der Kunde grob fahrlässig gehandelt hat, indem er einen wichtigen Auftrag in seiner pushTAN-App blind bestätigte, musste er den Schaden selbst tragen. Die Bank musste ihm das Geld nicht zurückzahlen.


Möchten Sie mehr über die Bedeutung von „grober Fahrlässigkeit“ im Finanzbereich erfahren?

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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