Wirksamkeit gesellschaftlicher Abfindungsklauseln

Juni 5, 2020

Wirksamkeit gesellschaftlicher Abfindungsklauseln – BGH II ZR 104/92

Inhaltsverzeichnis RA und Notar Krau

  1. Einleitung
    • Hintergrund und Bedeutung gesellschaftlicher Abfindungsklauseln
    • Überblick über den Fall BGH II ZR 104/92
  2. Vorinstanzen
    • Urteil des LG Dortmund, 15. Mai 1991, 10 O 108/88
    • Urteil des OLG Hamm 8. Zivilsenat, 6. April 1992, 8 U 215/91
  3. Sachverhalt des Falls
    • Beteiligung des Klägers an der Kommanditgesellschaft
    • Kündigung und Ausscheiden des Klägers aus der Gesellschaft
    • Regelungen im Gesellschaftsvertrag (insbesondere § 7 und § 9)
    • Finanzielle Situation des Klägers und Abfindungsberechnungen
  4. Streitpunkte
    • Behauptung eines erheblichen Missverhältnisses zwischen Abfindungswert und realem Anteilswert
    • Forderung des Klägers auf Anpassung der Abfindung
  5. Urteile der Vorinstanzen
    • Entscheidungen des LG Dortmund und OLG Hamm
    • Reaktionen und Argumentationen der Beklagten und des Klägers
  6. Entscheidung des BGH
    • Revision der Beklagten
    • Beurteilung durch den BGH
    • Feststellungen und rechtliche Bewertungen des BGH
  7. Grundsatzfragen zur Wirksamkeit gesellschaftlicher Abfindungsklauseln
    • Bedeutung der Buchwertklauseln und deren rechtliche Bewertung
    • Treu und Glauben und ergänzende Vertragsauslegung
  8. Rechtsfolgen und ergänzende Vertragsauslegung
    • Maßstäbe für die Ermittlung einer angemessenen Abfindung
    • Berücksichtigung der Interessen der Parteien
    • Auswirkungen auf die Vertragsgestaltung und Rechtsprechung
  9. Schlussfolgerungen
    • Bedeutung des Urteils für die Praxis
    • Auswirkungen auf zukünftige gesellschaftsrechtliche Abfindungsklauseln

Wirksamkeit gesellschaftlicher Abfindungsklauseln

vorgehend OLG Hamm 8. Zivilsenat, 6. April 1992, 8 U 215/91
vorgehend LG Dortmund, 15. Mai 1991, 10 O 108/88

Sachverhalt:

Der Kläger war Kommanditist einer KG. Eine Gläubigerin des Klägers kündigte die Gesellschaft.

Der Gesellschaftsvertrag sah eine Abfindung zum Buchwert vor.

Der Kläger machte geltend, dass zwischen dem Buchwert und dem tatsächlichen Wert seines Kommanditanteils ein erhebliches Missverhältnis

bestehe und seine Abfindung daher nach dem tatsächlichen Wert zu berechnen sei.

Das Landgericht hatte die Klage teilweise abgewiesen, das Berufungsgericht hatte ihr stattgegeben.

Entscheidung des BGH:

Wirksamkeit gesellschaftlicher Abfindungsklauseln

Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück.

Eine gesellschaftsvertragliche Abfindungsklausel, die eine unter dem wirklichen Anteilswert liegende Abfindung vorsieht,

wird nicht allein deswegen unwirksam, weil im Laufe der Zeit ein grobes Missverhältnis zwischen dem Abfindungswert und dem wirklichen Anteilswert entstanden ist.

Der Inhalt der vertraglichen Abfindungsregelung ist jedoch durch ergänzende Vertragsauslegung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben

unter angemessener Abwägung der Interessen der Gesellschaft und des ausscheidenden Gesellschafters neu zu ermitteln.   

Der BGH führte aus, dass eine ursprünglich wirksame Abfindungsklausel nicht allein dadurch unwirksam wird,

dass sich im Laufe der Zeit ein Missverhältnis zwischen dem Abfindungswert und dem tatsächlichen Anteilswert entwickelt.

Wirksamkeit gesellschaftlicher Abfindungsklauseln

Zentrale Argumente des Gerichts:

  • Wirksamkeit der Abfindungsklausel: Eine Abfindungsklausel, die eine unter dem wirklichen Anteilswert liegende Abfindung vorsieht, ist nicht allein deswegen unwirksam, weil im Laufe der Zeit ein grobes Missverhältnis zwischen dem Abfindungswert und dem wirklichen Anteilswert entstanden ist.
  • Ergänzende Vertragsauslegung: Der Inhalt der vertraglichen Abfindungsregelung ist durch ergänzende Vertragsauslegung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben unter angemessener Abwägung der Interessen der Gesellschaft und des ausscheidenden Gesellschafters neu zu ermitteln.   
  • Interessenabwägung: Bei der ergänzenden Vertragsauslegung sind die Interessen der Gesellschaft und des ausscheidenden Gesellschafters gegeneinander abzuwägen.
  • Berücksichtigung aller Umstände: Bei der Interessenabwägung sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Dauer der Mitgliedschaft des Ausgeschiedenen, sein Anteil am Aufbau und Erfolg des Unternehmens und der Anlass des Ausscheidens.
  • Kein Rückgriff auf dispositives Recht: Ein Rückgriff auf das dispositive Recht (§ 738 BGB) kommt nur als letzter Notbehelf in Betracht.

Wirksamkeit gesellschaftlicher Abfindungsklauseln

Fazit:

Der BGH hat entschieden, dass eine Abfindungsklausel, die eine unter dem wirklichen Anteilswert liegende Abfindung vorsieht, nicht allein deswegen unwirksam ist,

weil im Laufe der Zeit ein grobes Missverhältnis zwischen dem Abfindungswert und dem wirklichen Anteilswert entstanden ist.

Der Inhalt der vertraglichen Abfindungsregelung ist jedoch durch ergänzende Vertragsauslegung nach den Grundsätzen von

Treu und Glauben unter angemessener Abwägung der Interessen der Gesellschaft und des ausscheidenden Gesellschafters neu zu ermitteln.

Die Entscheidung stärkt die Bedeutung der ergänzenden Vertragsauslegung im Gesellschaftsrecht.   

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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