Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Drei-Zeugen-Testaments – OLG München Beschluss 14. Juli 2009 – 31 Wx 141/08
Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in seinem Beschluss vom 14. Juli 2009 über die Wirksamkeitsvoraussetzungen eines sogenannten Drei-Zeugen-Testaments entschieden (31 Wx 141/08).
Die Entscheidung bezieht sich auf das vorhergehende Urteil des Landgerichts München I vom 3. November 2008 und des Amtsgerichts München.
Tenor der Entscheidung:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Landgerichts München I wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1 muss den Beteiligten zu 3 bis 12 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten erstatten.
Die Festsetzung des Geschäftswerts bleibt vorbehalten.
Die Erblasserin verstarb am 17. Juni 2007 im Alter von 72 Jahren. Ihr Ehemann und ihre Tochter waren bereits vorverstorben.
Beteiligte sind unter anderem die Schwester des Ehemanns der Erblasserin (Beteiligte zu 1), die Schwester der Erblasserin (Beteiligte zu 2) sowie die Kinder und der Ehemann der vorverstorbenen Schwestern der Erblasserin.
Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten ein gemeinschaftliches Testament vom 9. Juni 1988, in dem sie sich gegenseitig und für den Fall des beiderseitigen Ablebens die Schwestern der Erblasserin, A. und M., zu Erben bestimmten.
Nach dem Tod von A. setzte die Erblasserin deren Ehemann (Beteiligter zu 3) als Erben ein.
Am 30. Mai 2007, nach einem Sturz aus dem Rollstuhl, errichtete die Erblasserin im Krankenhaus ein Nottestament, in dem sie die Beteiligten zu 1 und 2 zu Erben einsetzte.
Das Testament wurde von der Beteiligten zu 1 niedergeschrieben und von drei anwesenden Zeuginnen unterschrieben.
Anträge und Einwände:
Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragten einen Erbschein, der sie als Miterben je zur Hälfte ausweist, und argumentierten, das Nottestament sei wirksam.
Der Beteiligte zu 3 und die Beteiligten zu 6 bis 9 bestritten dies und hielten das gemeinschaftliche Testament in seiner ergänzten Fassung für maßgeblich.
Nachlassgericht und Landgericht:
Das Nachlassgericht holte Stellungnahmen der Krankenschwester, der behandelnden Ärztin und der Pflegedienstleitung ein und wies den Erbscheinsantrag zurück.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen diese Entscheidung blieb erfolglos.
OLG München:
Das OLG München stellte fest, dass die Beschwerde unbegründet ist und stützte sich dabei auf folgende Überlegungen:
Objektive und subjektive Voraussetzungen eines Nottestaments:
Ein Nottestament kann gemäß § 2250 Abs. 2 BGB errichtet werden, wenn eine nahe Todesgefahr oder eine unmittelbar bevorstehende Testierunfähigkeit besteht, die weder die Errichtung eines Testaments vor einem Notar noch vor einem Bürgermeister möglich macht.
Diese Gefahr muss entweder objektiv vorliegen oder subjektiv von allen drei Zeugen als bestehend angesehen werden.
Das Gericht stellte fest, dass am 30. Mai 2007 weder objektiv eine nahe Todesgefahr bestand noch alle drei Zeugen subjektiv davon überzeugt waren.
Insbesondere eine Zeugin, die Krankenschwester, war nicht der Ansicht, dass die Erblasserin in akuter Todesgefahr schwebte.
Die Erblasserin wurde erst zwei Wochen nach der Testamentserrichtung bewusstlos und verstarb dann, was gegen eine akute Todesgefahr spricht.
Möglichkeit der Notarbestellung:
Das Gericht hielt es für möglich, dass noch am Nachmittag des 30. Mai 2007 oder spätestens am nächsten Werktag ein Notar hätte beigezogen werden können.
München verfügt über ausreichend Notare, die während der Bürozeiten erreichbar sind.
Gesundheitszustand der Erblasserin:
Der Entlassungsbericht vom 31. Mai 2007 beschreibt die Erblasserin als wach und orientiert, in einem stabilen Zustand, was ebenfalls gegen eine nahe Todesgefahr oder Testierunfähigkeit am 30. Mai 2007 spricht.
Kritische Beurteilung der subjektiven Einschätzung der Zeugen:
Eine nicht auf konkreten Tatsachen basierende subjektive Vorstellung der Zeugen reicht nicht aus, um die Voraussetzungen des § 2250 BGB zu erfüllen.
Das Gericht fand keine ausreichenden konkreten Tatsachen, die eine subjektive Überzeugung der Zeugen von einer unmittelbar bevorstehenden Testierunfähigkeit stützen könnten.
Kostenentscheidung:
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.
Der Geschäftswert wurde auf die Hälfte des Reinnachlasswertes festgesetzt, da die Beschwerdeführerin die Stellung als Miterbin zu ½ anstrebt.
Insgesamt bestätigte das OLG München die Entscheidungen der Vorinstanzen und wies die Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurück.
Das Nottestament vom 30. Mai 2007 wurde als unwirksam erachtet, und das gemeinschaftliche Testament von 1988 mit der Ergänzung von 2006 blieb maßgeblich für die Erbfolge.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.