Wohnungseigentum – Grundlagenbeschluss zur Erneuerung des stillgelegten Aufzugs

Oktober 21, 2025

Wohnungseigentum – Grundlagenbeschluss zur Erneuerung des stillgelegten Aufzugs

Zusammenfassung des Urteils des LG Frankfurt a. M. zum Grundlagenbeschluss über die Erneuerung eines stillgelegten Aufzugs (Urteil vom 1.8.2024 – 2-13 S 581/23).

Worum geht es?

Im Kern ging es um den Anspruch von Wohnungseigentümern (Kläger) auf den Einbau eines neuen Aufzugs in einen seit über 20 Jahren stillgelegten Schacht in ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG).

Die Kläger wollten, dass die WEG per Beschluss den Auftrag für die Installation erteilt. Die Gemeinschaft lehnte dies ab.

Die Entscheidung des Landgerichts (LG) Frankfurt a. M.

Das Landgericht hat entschieden, dass die Kläger zwar grundsätzlich einen Anspruch auf den neuen Aufzug als Maßnahme zur Barrierereduzierung haben, die WEG aber noch nicht direkt den Bauauftrag erteilen musste. Es fehlte an der Klärung der öffentlich-rechtlichen Genehmigungsfähigkeit.

1. Anspruch auf den Aufzug

Ja, aber als Baumaßnahme – Keine Instandhaltung, sondern Neubau: Der Einbau eines komplett neuen Fahrstuhls in einen stillgelegten Schacht gilt nicht als Reparatur oder Instandhaltung (Erhaltungsmaßnahme), sondern als bauliche Veränderung (Baumaßnahme) nach § 20 WEG.

Es wird objektiv ein neues Bauteil im Gemeinschaftseigentum geschaffen.

Anspruch auf Barrierereduzierung:

Die Kläger haben einen Anspruch auf diese Baumaßnahme, da der Einbau eines Personenaufzugs regelmäßig als eine angemessene bauliche Veränderung zur Reduzierung von Barrieren (nach $\S$ 20 Abs. 2 Nr. 1 WEG) gilt.

Keine unzumutbaren Nachteile:

Die anderen Eigentümer müssen die Maßnahme hinnehmen. Typische Nachteile oder ein theoretisches Restrisiko bei den Kosten stehen der Angemessenheit nicht entgegen.

Kosten tragen die Antragsteller:

Die Kläger als die verlangenden Eigentümer müssen sämtliche Kosten und Folgekosten des Einbaus und Betriebs tragen (§ 21 Abs. 1 WEG). Eine drohende Kostenbelastung der Gemeinschaft liegt daher nicht vor.

Wohnungseigentum – Grundlagenbeschluss zur Erneuerung des stillgelegten Aufzugs

WEG ist Bauherrin:

Die Durchführung der Baumaßnahme soll wegen der Komplexität und Haftungsrisiken nicht den Klägern, sondern der WEG (der GdWE) übertragen werden, auch wenn die Kläger die Kosten tragen.

Angebote reichen aus:

Da die Kläger die Kosten selbst tragen, ist es nicht zwingend notwendig, mehrere Konkurrenzangebote einzuholen; das Schutzbedürfnis der Gemeinschaft vor überteuerten Angeboten besteht hier nicht.

2. Fehlende Genehmigungsfähigkeit verhindert sofortige Auftragserteilung

Öffentlich-rechtliche Klärung notwendig:

Ein Beschluss über die konkrete Baumaßnahme – also die Beauftragung des Baus – entspricht nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die öffentlich-rechtliche Genehmigungsfähigkeit (z.B. Baugenehmigung, Einhaltung von Bauvorschriften und Abnahmefähigkeit) der Anlage geklärt ist.

Grundlage fehlt:

Da die Genehmigungsfähigkeit stark umstritten war, konnte das Gericht nicht, wie von der Vorinstanz beschlossen, direkt die Auftragsvergabe beschließen (Beschlussersetzung).

3. Die Lösung:

Der Grundlagenbeschluss

Das Gericht hat daher das Urteil der Vorinstanz abgeändert und einen Grundlagenbeschluss gefasst:

Inhalt des Grundlagenbeschlusses:

Es wird grundsätzlich beschlossen, dass der Aufzug an der vorhandenen Stelle wieder eingebaut wird (Grundsatz-Ja zur Maßnahme).Es wird bestimmt, dass die Baumaßnahme durch die WEG (GdWE) durchgeführt wird. Es wird die alleinige Kostentragungspflicht der Kläger (nach § 21 Abs. 1 WEG) festgestellt. Die Kläger müssen eine Rücklage für die Planungs- und eventuelle Folgekosten bilden.

Nächste Schritte:

Auf Basis des Grundlagenbeschlusses muss die WEG (der Verwalter) nun Schritte zur Prüfung der öffentlich-rechtlichen Genehmigungsfähigkeit und zur Einreichung der Genehmigungsanträge veranlassen. Die Kosten hierfür tragen ebenfalls die Kläger.

Folgeentscheidung:

Erst wenn die Genehmigungen vorliegen, muss die Gemeinschaft in einer weiteren Versammlung über die konkrete Auftragsvergabe beschließen. Scheitert die Genehmigungsfähigkeit endgültig, ist der Anspruch auf den Bau zurückzuweisen und der Grundlagenbeschluss kann aufgehoben werden.

Fazit

Ein Eigentümer hat zwar einen grundsätzlichen Anspruch auf eine barriere-reduzierende Baumaßnahme wie den Aufzugseinbau, kann aber vom Gericht keine direkte Beschlussersetzung zur Auftragserteilung verlangen, solange die öffentlich-rechtliche Genehmigungsfähigkeit der konkreten Planung nicht geklärt ist. In diesem Fall muss das Gericht stattdessen einen Grundlagenbeschluss fassen, der das Ob und Wie der Maßnahme regelt und die notwendigen Schritte zur Klärung der Genehmigung vorgibt.

RA und Notar Krau

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