Wohnungseigentum – Instandhaltungspflicht für einen Aufzug
Das Urteil des Landgerichts München I vom 23. Oktober 2024 (Az. 1 S 4107/24 WEG) befasst sich mit der Instandhaltungspflicht für einen Aufzug in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) und den
damit zusammenhängenden Beschlussfassungen.
Im Kern geht es um die Anfechtung eines Negativbeschlusses bezüglich einer Instandsetzungsmaßnahme, den Antrag auf Beschlussersetzung zur Auftragsvergabe
für diese Maßnahme sowie den Anspruch eines Wohnungseigentümers auf die Wiederinbetriebnahme eines defekten Aufzugs.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts München war teilweise erfolgreich.
Das Landgericht änderte das erstinstanzliche Urteil ab und erklärte einen Beschluss der WEG als gefasst, der den Verwalter ermächtigt und anweist, die im TÜV-Prüfbericht vom 12. Januar 2021 genannten und
für die sofortige Wiederinbetriebnahme des stillgelegten Aufzugs erforderlichen Instandsetzungsarbeiten zu beauftragen.
Bezüglich der Mängel „Einsperrgefahr“ und „Zugänglichkeit“ wurden konkrete Lösungsansätze aus einer E-Mail des TÜV vom 15. März 2022 vorgegeben,
über deren Auswahl die Eigentümer in einer bis zum 31. März 2025 durchzuführenden außerordentlichen Eigentümerversammlung abstimmen sollen.
Für die Behebung der Einsperrgefahr stehen die Installation eines Notrufsystems oder die Verstärkung der Tür zur Debatte.
Hinsichtlich der Zugänglichkeit sollen die Eigentümer zwischen der Erstellung eines Eskalationsplans mit benannten Vertrauenspersonen
und der Hinterlegung eines Wohnungsschlüssels bei einer Wach- und Schließgesellschaft wählen.
Bis zu einer Kostengrenze von 5.000,00 € wurde die Hausverwaltung bereits jetzt zur Beauftragung notwendiger Maßnahmen ermächtigt,
wobei die Kosten aus der Instandhaltungsrücklage entnommen werden sollen. Im Übrigen wurde die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Das Gericht begründete die teilweise Zurückweisung der Berufung hinsichtlich der Anfechtung des Negativbeschlusses (TOP 10 der Eigentümerversammlung vom 16. Mai 2022), mit dem die Durchführung
von Instandsetzungsarbeiten gemäß einem Angebot abgelehnt wurde, damit, dass die begehrte Beschlussfassung im Ermessen der Gemeinschaft lag.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei die Anfechtung eines Negativbeschlusses nur erfolgreich, wenn der Gemeinschaft keinerlei Ermessen mehr zustand, was hier nicht der Fall sei, da
zulässige Alternativen zur Beauftragung bestanden hätten und die Einholung von Vergleichsangeboten bei der gegebenen Kostenhöhe im Ermessen der Gemeinschaft lag.
Zudem habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt, weshalb gerade die beantragte Maßnahme erforderlich gewesen sei.
Auch dem Antrag auf Beschlussersetzung zur Beauftragung der genannten Firma entsprach das Gericht nicht.
Es stellte klar, dass der Kläger die notwendigen Grundlagen für eine Ermessensentscheidung des Gerichts hätte vorlegen müssen,
insbesondere das Angebot, über welches beschlossen werden sollte, und eine klare Identifizierung des konkreten Arbeitsgegenstands.
Der Vortrag des Klägers sei insoweit nicht schlüssig gewesen.
Zudem wäre es bei der gegebenen Auftragssumme ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend, zunächst Vergleichsangebote einzuholen,
was ebenfalls im Ermessen der Gemeinschaft läge und deren Vorlage Aufgabe des Klägers bei einer begehrten Beschlussersetzung gewesen wäre.
Da der Kläger keinen Grundlagenbeschluss begehrt habe und bereits ein bestandskräftiger Beschluss über die Durchführung der Instandsetzungsmaßnahme existierte,
kam eine Ersetzung des Grundlagenbeschlusses ohnehin nicht in Betracht.
Anders beurteilte das Landgericht jedoch den Anspruch des Klägers auf die Wiederinbetriebnahme des Aufzugs.
Es stellte fest, dass Wohnungseigentümer gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG eine dem Interesse der Gesamtheit entsprechende Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen können.
Der Anspruch auf die Wiederinbetriebnahme eines Aufzugs werde durch die Privilegierung barrierefreien Wohnens in § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 WEG untermauert.
Wenn schon der nachträgliche Einbau eines Aufzugs eine angemessene Maßnahme sein könne, gelte dies erst recht für die Wiederinbetriebnahme eines bestehenden Aufzugs.
Da die WEG in der Versammlung vom 16. Mai 2022 unter TOP 21 nicht eindeutig über die Wiederinbetriebnahme beschlossen habe
und die protokollierte Bedingung unbestimmt sei, sah das Gericht ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers.
Das Gericht traf daher gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 WEG anstelle der Wohnungseigentümer einen Beschluss.
Es berücksichtigte dabei, dass der Beklagten hinsichtlich der Behebung der Mängel ein Ermessen verblieb, ordnete aber an, dass die Entscheidung in einem zumutbaren Zeitrahmen
bis zum 31. März 2025 in einer Eigentümerversammlung getroffen werden müsse.
Bezüglich des Mangels der Zugänglichkeit schloss das Gericht die Variante mit dem Schlüsseltresor aufgrund der vom Kläger nachvollziehbar dargelegten Sicherheitsbedenken aus
und beschränkte die Auswahl auf die beiden anderen vom TÜV vorgeschlagenen Alternativen.
Hinsichtlich der Einsperrgefahr verblieb es beim Ermessen der Gemeinschaft, zwischen den vorgeschlagenen Lösungen zu wählen.
Die Kosten des Rechtsstreits wurden entsprechend dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen der Parteien aufgeteilt.
Eine Revision wurde nicht zugelassen, da keine Divergenz in der Rechtsprechung zu den aufgeworfenen Rechtsfragen erkennbar sei.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.