Wohnungseigentum – Störung eines Sondernutzungsrechts – Geltendmachung von Abwehransprüchen
RA und Notar Krau
BGH-Urteil V ZR 48/21: Was bedeutet es für Wohnungseigentümer?
Stellen Sie sich vor, Sie leben in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) und jemand baut etwas auf einer Fläche, die allen gehört, ohne Ihre Zustimmung. Was können Sie tun? Genau darum ging es in einem wichtigen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 1. Oktober 2021 (V ZR 48/21).
Es erklärt, welche Rechte einzelne Wohnungseigentümer haben, wenn ihr Besitz oder das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigt wird, besonders nach einer Gesetzesänderung Ende 2020.
In diesem konkreten Fall gab es eine WEG mit nur zwei Parteien. Die Klägerin besaß eine Wohnung und hatte zusätzlich ein Sondernutzungsrecht an zwei Stellplätzen. Das bedeutet, obwohl die Stellplätze rechtlich zum Gemeinschaftseigentum gehören, darf nur sie diese nutzen. Der Beklagte, der andere Wohnungseigentümer, baute im Sommer 2018 ohne Zustimmung der Klägerin eine Mauer mit Zaun und Tor auf einer Fläche, die zum Gemeinschaftseigentum gehörte.
Die Klägerin wollte, dass diese Bauten wieder entfernt werden. Das Amtsgericht gab ihr Recht, aber das Landgericht entschied anders und wies die Klage ab. Die Klägerin gab jedoch nicht auf und ging in Revision zum BGH.
Zum 1. Dezember 2020 wurde das Wohnungseigentumsgesetz grundlegend überarbeitet. Eine der zentralen Änderungen betraf die Frage, wer Klagen einreichen darf, wenn es um das Gemeinschaftseigentum geht. Vor der Reform konnten einzelne Eigentümer leichter selbst klagen. Mit der Neufassung sollte dies primär der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Ganzes obliegen.
Das Landgericht hatte argumentiert, dass die Klägerin nach der Reform nicht mehr berechtigt sei, die Beseitigung der Mauer und des Zauns zu verlangen, da solche Ansprüche nun der gesamten Gemeinschaft zustünden. Auch beim Sondernutzungsrecht am Stellplatz sah das Landgericht keine Beeinträchtigung, da der Stellplatz zwar schwerer zu rangieren, aber weiterhin erreichbar sei.
Der BGH hat die Entscheidung des Landgerichts teilweise aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Das Urteil des BGH ist ein sogenanntes Versäumnisurteil, da der Beklagte nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Der Inhalt des Urteils basiert aber auf einer genauen rechtlichen Prüfung.
Ansprüche aus der Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums:
Das Landgericht hatte Recht, dass Ansprüche, die sich direkt aus der Störung des Gemeinschaftseigentums ergeben, grundsätzlich von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend gemacht werden müssen. Das ist eine Folge der WEG-Reform.
ABER: Für Klagen, die bereits vor dem 1. Dezember 2020 anhängig waren, bleibt die Befugnis des einzelnen Eigentümers bestehen, es sei denn, die Gemeinschaft äußert ausdrücklich einen entgegenstehenden Willen. Da die Klage der Klägerin vor diesem Datum eingereicht wurde, durfte sie ihren Anspruch weiterhin verfolgen.
Hier war der BGH anderer Meinung als das Landgericht. Er betonte, dass ein Wohnungseigentümer weiterhin selbst klagen darf, wenn sein Sondernutzungsrecht beeinträchtigt wird. Ein Sondernutzungsrecht ist ein im Grundbuch eingetragenes Recht, das einem bestimmten Eigentümer die alleinige Nutzung einer bestimmten Fläche (hier die Stellplätze) zugesteht, obwohl diese Fläche zum Gemeinschaftseigentum gehört.
Solche Rechte sind so stark wie ein Eigentumsrecht und müssen von den Eigentümern selbst verteidigt werden können. Die Klägerin war daher berechtigt, wegen der Beeinträchtigung ihres Sondernutzungsrechts zu klagen.
Allerdings gab der BGH dem Landgericht in einem Punkt Recht: Ob die Nutzung des Stellplatzes tatsächlich so stark beeinträchtigt war, dass ein Beseitigungsanspruch besteht, muss das Landgericht erneut prüfen. Das erschwerte Rangieren allein reichte dem BGH nach der Würdigung des Landgerichts nicht zwingend aus, um eine Beseitigung zu verlangen.
Dieses Urteil ist wichtig, weil es klarstellt, dass einzelne Wohnungseigentümer auch nach der WEG-Reform weiterhin bestimmte Rechte haben, um sich gegen Störungen zu wehren:
Wenn es um die Störung eines eigenen Sondernutzungsrechts geht, kann der betroffene Eigentümer selbst klagen.
Bei Klagen wegen Störungen des Gemeinschaftseigentums, die bereits vor dem 1. Dezember 2020 liefen, behält der einzelne Eigentümer seine Klagebefugnis, solange die WEG nicht widerspricht.
Das Urteil stärkt somit die individuellen Rechte von Wohnungseigentümern, die von Störungen betroffen sind, und sorgt für mehr Klarheit bei der Anwendung des neuen Wohnungseigentumsgesetzes.
Haben Sie weitere Fragen zu den Rechten und Pflichten in einer Wohnungseigentümergemeinschaft?
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.