Zahlung der Betreuervergütung aus dem Nachlass – Behindertentestament – LG Köln Beschluss 5.12.2011 – 1 T 211/11

Mai 6, 2020

Zahlung der Betreuervergütung aus dem Nachlass – Behindertentestament – LG Köln Beschluss 5.12.2011 – 1 T 211/11

RA und Notar Krau

Das LG Köln entschied am 05. Dezember 2011 im Fall 1 T 211/11 über die Vergütung eines Betreuers aus dem Nachlass bei einem sogenannten Behindertentestament.

Hintergrund
Die Betroffene leidet am Down-Syndrom und steht seit 1980 unter Vormundschaft bzw. umfassender Betreuung.

Ihre Mutter, die Erblasserin, setzte in einem handschriftlichen Testament vom 25. Mai 2000 die Betroffene zu 20% als nicht befreite Vorerbin ein und bestimmte ihre beiden Schwestern zu Nacherbinnen sowie Erbinnen der restlichen 80% des Nachlasses.

Zudem wurde eine lebenslange Testamentsvollstreckung für die Betroffene angeordnet, um sicherzustellen, dass ihr Leben wie bisher weitergeführt werden kann.

Der Testamentsvollstrecker sollte bei Bedarf auch auf die Substanz des Nachlasses zugreifen dürfen, um der Betroffenen notwendige Sachleistungen und Vergünstigungen zukommen zu lassen.

Verfahrensverlauf
Nach dem Tod der Erblasserin 2004 wurden Betreuer und Ergänzungsbetreuer für die Betroffene bestellt, um die Erbauseinandersetzung zu regeln.

Im März und Mai 2010 wurden notarielle Verträge abgeschlossen, durch die die Betroffene insgesamt 251.145,94 EUR aus der Erbmasse erhielt.

Zahlung der Betreuervergütung aus dem Nachlass – Behindertentestament – LG Köln Beschluss 5.12.2011 – 1 T 211/11

Der Ergänzungsbetreuer beantragte anschließend eine Vergütung in Höhe von 8.216,47 EUR.

Das Amtsgericht Köln setzte diese Vergütung fest, wogegen die Betroffene Beschwerde einlegte.

Diese wurde jedoch vom LG Köln zurückgewiesen.

Rechtsfragen
Im Zentrum des Falls stand die Frage, ob die Betreuervergütung aus dem Nachlassvermögen entnommen werden kann.

Grundsätzlich ist ein Behindertentestament, bei dem die Eltern eines behinderten Kindes die Nachlassverteilung so gestalten, dass das Kind Vorteile erhält, die Sozialhilfeträger jedoch nicht darauf zugreifen können, nicht sittenwidrig.

Es drückt die sittliche Sorge der Eltern für das Wohl des Kindes über deren Tod hinaus aus.

Entscheidung
Das LG Köln bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts, dass die Betreuervergütung aus dem Nachlassvermögen entnommen werden kann, weil die Betroffene nicht als mittellos im Sinne der §§ 1836 c und d BGB angesehen werden kann.

Die konkrete Ausgestaltung des Testaments ermögliche den Zugriff auf die Substanz des Nachlasses für notwendige Leistungen an die Betroffene.

Zahlung der Betreuervergütung aus dem Nachlass – Behindertentestament – LG Köln Beschluss 5.12.2011 – 1 T 211/11

Daher sei auch der Zugriff für die Betreuervergütung gerechtfertigt.

Das Gericht verwies auf gefestigte Rechtsprechung, wonach ein Behindertentestament nicht sittenwidrig ist.

Es betonte jedoch, dass bei der Prüfung eines Zugriffs auf den Nachlass stets die konkrete Ausgestaltung der testamentarischen Anordnungen maßgeblich ist.

In diesem Fall ergab die Auslegung des Testaments, dass Zugriffe auf die Substanz des Nachlasses möglich sind, um der Betroffenen die Fortsetzung ihres bisherigen Lebens zu ermöglichen.

Schlussfolgerung
Das LG Köln stellte fest, dass die Betreuervergütung aus dem Nachlass zu bezahlen ist, da dies dem Willen der Erblasserin entspricht und die Betroffene nicht als mittellos gilt.

Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsprechung zu diesem Thema wurde die Rechtsbeschwerde zugelassen, um eine einheitliche Rechtsprechung zu gewährleisten.

Der Antrag der Betroffenen auf Verfahrenskostenhilfe wurde abgelehnt, da der Zugriff auf ihr Nachlassvermögen möglich und zumutbar ist.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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