Zahlungen der Eltern an ihr Kind im Gegenzug für dessen Pflichtteilsverzicht sind nicht einkommensteuerbar – Unentgeltlicher Vorgang – Begriff der „Kapitalforderung“ i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG
Der Bundesfinanzhof (BFH) musste in diesem Fall (Urteil vom 09.02.2010 – VIII R 43/06) klären, ob wiederkehrende Zahlungen, die ein Kind von seinen Eltern erhält, weil es im Gegenzug auf seinen zukünftigen Pflichtteil verzichtet hat, als steuerpflichtiges Einkommen gelten.
Die Klägerin (das Kind) verzichtete im Jahr 1994 notariell gegenüber ihren Eltern auf ihren künftigen Pflichtteil und eventuelle Pflichtteilsergänzungsansprüche beim Tod der Eltern. Das gesetzliche Erbrecht blieb jedoch unberührt.
Im Gegenzug erhielt sie:
Auf die Einmalzahlung und den Kapitalwert der lebenslangen Zahlung wurde bereits Schenkungsteuer festgesetzt.
Das Finanzamt (FA) vertrat jedoch die Ansicht, dass die monatlichen Zahlungen einen Zinsanteil enthalten. Es wollte diesen Zinsanteil in Höhe von 65 % der Zahlungen als steuerpflichtige Kapitalerträge (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) besteuern. Das Finanzgericht (FG) sah das anders und stufte die Zahlungen als nicht steuerbare Unterhaltsrente ein.
Der BFH gab der Klägerin Recht und wies die Revision des Finanzamtes zurück.
Die Kernaussage des Urteils lautet:
Verzichtet ein Kind gegenüber seinen Eltern auf künftige Pflichtteilsansprüche und erhält es dafür im Gegenzug von den Eltern wiederkehrende Zahlungen, so liegt darin kein entgeltlicher Leistungsaustausch und keine Kapitalüberlassung des Kindes an die Eltern, so dass in den wiederkehrenden Zahlungen auch kein einkommensteuerbarer Zinsanteil enthalten ist.
Mit anderen Worten: Die monatlichen Zahlungen sind weder ganz noch teilweise als Einkommen (Zinsen oder Erträge) steuerpflichtig.
Der BFH untersuchte zwei mögliche Gründe für eine Besteuerung:
Hier liegt der Hauptstreitpunkt. Einkünfte aus Kapitalvermögen setzen voraus, dass privates Geldvermögen zur Nutzung an Dritte überlassen wurde und dafür ein Entgelt (Zinsen) gezahlt wird.
Ein Pflichtteilsverzicht ist steuerlich gesehen eine Art Schenkung an die Erbmasse (und wird daher ggf. mit Schenkungsteuer belegt), aber kein Verkauf eines Anspruchs. Die als Abfindung gezahlten lebenslangen Monatszahlungen sind deshalb kein steuerpflichtiges Einkommen beim Kind. Sie enthalten aus Sicht des Einkommensteuerrechts keinen „Zinsanteil“, weil dem keine Kapitalüberlassung zugrunde liegt.
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