Zulässige Berufung auf den Rechtsschein der bei Beurkundung fortbestehenden Eintragung
Das Urteil des Kammergerichts (KG) vom 8. September 2022 (2 U 115/21) befasst sich mit der Frage, inwieweit sich ein Dritter auf den Rechtsschein
der im Handelsregister fortbestehenden Eintragung eines Geschäftsführers berufen kann, wenn dieser intern bereits abberufen wurde.
Die Klägerin (Kl.), eine GmbH im Immobilienbereich, klagte gegen die Beklagte (Bekl.) auf Zustimmung zur Löschung eingetragener Auflassungsvormerkungen für ein Grundstück,
das ihr einziger Vermögensgegenstand war.
Der Geschäftsführer der Kl., D, hatte das Grundstück im Namen der Kl. an die Bekl. verkauft.
Die Kl. argumentierte, der Kaufvertrag sei unwirksam, da D zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht mehr vertretungsberechtigt gewesen sei.
Sie behauptete, D sei bereits vor dem Verkauf abberufen worden, was die Bekl. gewusst habe.
Die Bekl. berief sich auf den Rechtsschein des Handelsregisters, in dem D zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch als Geschäftsführer eingetragen war.
Sie bestritt, von der Abberufung gewusst zu haben, und argumentierte, ein Gesellschafterbeschluss sei für den Verkauf nicht erforderlich gewesen.
Das KG wies die Berufung der Kl. zurück und bestätigte das Urteil des Landgerichts, das die Klage abgewiesen hatte.
Das KG führte aus, dass der Kaufvertrag wirksam sei und die Bekl. sich auf den Rechtsschein des Handelsregisters berufen könne.
Das Gericht stellte fest, dass die Bekl. sich auf die im Handelsregister eingetragene Vertretungsbefugnis des D verlassen durfte.
Gemäß § 15 I HGB kann eine nicht eingetragene und bekannt gemachte Tatsache einem Dritten nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, er hatte Kenntnis davon.
Die Kl. habe nicht beweisen können, dass die Bekl. Kenntnis von der Abberufung des D hatte.
Die Bekl. sei nicht verpflichtet, Nachforschungen über die interne Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers anzustellen.
Die Beschlussfassung über die Abberufung des D sei aufgrund von Einberufungsmängeln nichtig gewesen.
Selbst wenn die Abberufung wirksam gewesen wäre, hätte sich die Bekl. auf den Rechtsschein des Handelsregisters berufen können, solange die Abberufung dort nicht eingetragen war.
Das Gericht wies den Vorwurf des Missbrauchs der Vertretungsmacht zurück.
Die Bekl. habe nicht wissen müssen, dass D seine Befugnisse überschritt.
Grundsätzlich muss ein Vertragspartner nicht die internen Verhältnisse einer GmbH kennen.
Es muss nur bei positiver Kenntnis oder offensichtlichem Wissen gehandelt werden.
Auch die Notare, welche den Kaufvertrag bearbeiteten, sahen keinen Grund zur Annahme eines nicht gültigen Geschäftes.
Die Bekl. habe sich auf die Einschätzung des beurkundenden Notars verlassen dürfen.
Das Gericht verneinte auch eine sittenwidrige Kollusion zwischen D und der Beklagten
Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bewusst zum Nachteil der Kl. gehandelt habe.
Auch die Frage eines zu geringen Kaufpreises, konnte das Gericht nicht feststellen, dies wäre erst bei einer Abweichung von 90% des Verkehrswertes gegeben.
Die Klägerin argumentierte, der Vertrag sei formnichtig, da eine angeblich vereinbarte Provisionszahlung nicht beurkundet wurde.
Das Gericht wies dies zurück, da die Provisionsvereinbarung nicht Teil des Grundstückskaufvertrags gewesen sei.
Das Gericht verneinte eine sittenwidrige Preisgestaltung und Schmiergeldzahlungen.
Die Kl. konnte dies nicht beweisen, da keine verwerfliche Gesinnung der Bekl. bestand.
Bedeutung der Entscheidung
Das Urteil des KG bekräftigt den Grundsatz des Vertrauens auf den Rechtsschein des Handelsregisters.
Es verdeutlicht, dass Dritte sich grundsätzlich auf die im Handelsregister eingetragenen Vertretungsverhältnisse verlassen dürfen und nicht verpflichtet sind, interne Prüfungen vorzunehmen.
Es stärkt die Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr mit GmbHs.
Das Urteil zeigt, dass es im Falle von beschädigten Handelsregistereinträgen die Beweislast hat, die Kenntnis von dem Schaden nachzuweisen,
was im vorliegenden Urteil von der Klägerin nicht nachgewiesen werden konnte.
Des Weiteren, zeigt das Urteil auf, dass das Gericht eine Sittenwidrigkeit erst feststellen würde, sofern ein Geschäftspartner vorsätzlich zum Schaden einer GmbH Geschäfte eingeht.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.