Zulässigkeit der Individualvereinbarung einer Quotenabgeltungsklausel
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 6. März 2024 (Az. VIII ZR 79/22) entschieden, dass eine Quotenabgeltungsklausel in einem Wohnraummietvertrag, die den Mieter bei vorzeitigem Auszug anteilig an den Kosten für noch nicht fällige Schönheitsreparaturen beteiligt, individuell vereinbart werden kann und dann wirksam ist.
Ziel dieses Urteils ist es, Klarheit über die Zulässigkeit solcher Klauseln zu schaffen, insbesondere im Unterschied zu den in Formularmietverträgen verwendeten und unwirksamen Quotenabgeltungsklauseln.
Eine Quotenabgeltungsklausel (auch Abgeltungsklausel oder Quotenklausel genannt) regelt, dass ein Mieter, der auszieht, bevor Schönheitsreparaturen fällig sind, einen zeitanteiligen (quotalen) Betrag der voraussichtlichen Kosten für diese Reparaturen an den Vermieter zahlen muss. Sie dient dazu, den Vermieter dafür zu entschädigen, dass der Mieter die Wohnung zwar abgenutzt, aber die Schönheitsreparaturen noch nicht durchgeführt hat.
Sind Schönheitsreparaturen alle fünf Jahre fällig, und der Mieter zieht nach drei Jahren aus, müsste er 3/5 (60%) der geschätzten Kosten bezahlen.
Der BGH hat in früherer Rechtsprechung und nun bestätigt (Punkt 1 des Urteils) entschieden, dass standardisierte Quotenabgeltungsklauseln in vorformulierten Mietverträgen (Allgemeine Geschäftsbedingungen, AGB) unwirksam sind.
Solche AGB-Klauseln benachteiligen den Mieter unangemessen (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB), da sie bei Vertragsabschluss keine sichere Einschätzung der tatsächlichen Kostenbelastung erlauben. Der Mieter müsste beim Auszug mehrere „hypothetische Betrachtungen“ (wie hoch sind die voraussichtlichen Kosten? wie viel Zeit ist seit der letzten Reparatur vergangen?) anstellen, was eine verlässliche Kalkulation unmöglich macht.
Das zentrale Ergebnis des aktuellen Urteils ist die Feststellung, dass eine Quotenabgeltungsklausel wirksam sein kann, wenn sie zwischen Mieter und Vermieter individuell vereinbart wurde (Punkt 2 des Urteils).
Der Unterschied liegt darin, ob die Klausel vom Vermieter standardmäßig gestellt wurde oder ob sie ernsthaft zwischen den Parteien ausgehandelt wurde:
Eine vom Vermieter einseitig gestellte, vorformulierte Klausel, die der Mieter nur annehmen oder ablehnen kann. Diese ist unwirksam.
Eine Klausel, die der Vermieter inhaltlich zur Disposition stellt, sodass der Mieter reale Verhandlungsmöglichkeiten hatte, eigene Textvorschläge einzubringen und deren Durchsetzung zu erreichen. Diese ist grundsätzlich wirksam.
Das vorinstanzliche Gericht hatte die Klausel auch als unwirksam angesehen, selbst wenn sie individuell vereinbart worden wäre, weil sie angeblich gegen das Verbot verstoße, neben den Betriebskosten weitere Kosten (hier für Instandhaltung/Schönheitsreparaturen) auf den Mieter abzuwälzen (§ 556 Abs. 4 BGB).
Der BGH widerspricht dem. Die Pflicht zu Schönheitsreparaturen ist Teil der Instandhaltungspflicht des Vermieters (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB), die grundsätzlich dispositiv ist (d.h. per Vertrag abweichend geregelt werden kann).
Die Quotenabgeltungsklausel hat ihren Grund in dieser dispositiven Instandhaltungspflicht, nicht im (strengeren) Betriebskostenrecht (§ 556 BGB).
Daher steht das Betriebskostenrecht einer individuell vereinbarten Übertragung dieser Kosten (auch als Quotenklausel) nicht entgegen.
Möchte ein Vermieter den Mieter bei Auszug an den Kosten für Schönheitsreparaturen beteiligen, muss er folgende Regeln beachten:
Eine vorformulierte, standardmäßige Quotenabgeltungsklausel in einem Mietvertrag ist unwirksam, weil sie den Mieter beim Vertragsschluss zu stark belastet.
Eine solche Klausel ist nur dann wirksam, wenn sie wirklich individuell zwischen Mieter und Vermieter ausgehandelt wurde. Das bloße Anbieten von vorformulierten Alternativen oder das Verhandeln über einen geringeren Mietzins reicht dafür in der Regel nicht aus. Es muss eine echte Verhandlungssituation bestanden haben, in der der Mieter die Möglichkeit hatte, den Vertragsinhalt mitzugestalten.
Im Streitfall muss der Vermieter beweisen, dass eine solche Individualvereinbarung tatsächlich zustande gekommen ist und die Klausel nicht nur eine versteckte AGB ist.
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