Zulässigkeit der weiteren Beschwerde im Erbscheinerteilungsverfahren – Bestehen eines Jahrzehnte alten anderslautenden Erbscheins im Rechtsverkehr – KG Berlin 1 W 6288/94

Juni 10, 2020

Zulässigkeit der weiteren Beschwerde im Erbscheinerteilungsverfahren – Bestehen eines Jahrzehnte alten anderslautenden Erbscheins im Rechtsverkehr – KG Berlin 1 W 6288/94

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Im vorliegenden Fall geht es um das Erbscheinerteilungsverfahren für die am 4. September 1943 verstorbene Erblasserin.

Ursprünglich hatten der Ehemann und die Adoptivtochter der Verstorbenen 1943 einen Erbschein beantragt, der den Ehemann zu 1/4 und die Adoptivtochter zu 3/4 als Erben auswies.

Dies basierte auf der gesetzlichen Erbfolge, da das Testament der Eheleute bei einem Luftangriff vernichtet worden war.

1944 beantragte der Ehemann die Berichtigung des Erbscheins, um als Alleinerbe eingesetzt zu werden, da er behauptete, seine Frau hätte ihn im Testament als Alleinerben eingesetzt.

Das Amtsgericht lehnte dies 1946 ab, da die Form und der Inhalt des Testaments nicht eindeutig nachweisbar waren.

Auch das Landgericht bestätigte 1947 diese Entscheidung.

Ein weiterer Antrag des Ehemanns auf Einziehung des ursprünglichen Erbscheins und Ausstellung eines neuen Erbscheins wurde 1948 ebenfalls abgelehnt.

1949 vernahm das Landgericht den Ehemann eidlich und wies das Amtsgericht an, den ursprünglichen Erbschein einzuziehen und einen neuen auszustellen, der den Ehemann als Alleinerben auswies.

Dieser neue Erbschein wurde am 12. August 1949 erteilt.

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Beschwerde und weitere Beschwerde:

Die Rechtsvorgängerin der Beteiligten legte 1994 weitere Beschwerde gegen die landgerichtliche Entscheidung von 1949 ein, nachdem der Ehemann der Erblasserin 1962 verstorben war.

Die Beschwerde zielte darauf ab, einen neuen Erbschein zu erlangen, der dem eingezogenen Erbschein von 1943 entspricht.

Entscheidung des Kammergerichts:

Das Kammergericht wies die weitere Beschwerde als unzulässig zurück.

Begründet wurde dies damit, dass der Erbschein von 1949 seit Jahrzehnten Bestand hat und im Rechtsverkehr als Legitimation für die erbrechtlichen Beziehungen diente.

Eine neue Entscheidung, die zu zwei unterschiedlichen Erbscheinen führen würde, wäre für den Rechtsverkehr nicht zumutbar.

Das Gericht stellte fest, dass es der Beteiligten zumutbar sei, zuerst die Einziehung des Erbscheins von 1949 zu betreiben, bevor ein neuer Erbschein erteilt werden könne.

Diese Verfahrensweise gewährleistet, dass nicht zwei widersprüchliche Erbscheine gleichzeitig in Umlauf sind.

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Wesentliche Rechtsgrundlagen und Erwägungen:

Einziehung des Erbscheins:

Die Beteiligte muss in erster Linie die Einziehung des Erbscheins von 1949 beantragen, da dieser seit Jahrzehnten Bestand hat und als legitimierend für die Erbenbeziehungen diente.

Verfahrensrechtliche Prüfung:

Es ist notwendig, dass die Frage der Einziehung des bestehenden Erbscheins und die Erteilung eines neuen Erbscheins verfahrensrechtlich verbunden werden, um widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden.

Zumutbarkeit für den Rechtsverkehr:

Die Erteilung eines neuen Erbscheins, der dem eingezogenen Erbschein von 1943 entspricht, wäre nur zumutbar, wenn gleichzeitig die Einziehung des Erbscheins von 1949 geprüft wird.

Keine Bindungswirkung der früheren Entscheidungen:

Das Gericht stellte fest, dass frühere Entscheidungen keine Bindungswirkung für das aktuelle Verfahren haben und die Tatsacheninstanzen den Sachverhalt erneut prüfen müssen.

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Verjährung und Verwirkung: Obwohl der Erbschein von 1949 seit langer Zeit besteht, schließt dies nicht aus, dass er als unrichtig eingezogen werden kann.

Die Frage der Verjährung und Verwirkung spielt hierbei eine Rolle, wobei die Beteiligte das Einziehungsverfahren ohne verfahrensmäßigen Rechtsverlust betreiben kann.

Kostenentscheidung:

Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Verfahren der weiteren Beschwerde wurde abgesehen, da die Einlegung der unzulässigen Rechtsbeschwerde auf unverschuldeter Unkenntnis der rechtlichen Verhältnisse beruhte.

Fazit:

Der Beschluss des Kammergerichts Berlin verdeutlicht die Komplexität des Erbscheinerteilungsverfahrens und die Notwendigkeit einer sorgfältigen Abwägung zwischen den Interessen der Erben und den Anforderungen des Rechtsverkehrs.

Die Entscheidung hebt hervor, dass verfahrensrechtliche Schritte wie die Einziehung eines bestehenden Erbscheins vor der Erteilung eines neuen Erbscheins unverzichtbar sind, um Rechtsklarheit und -sicherheit zu gewährleisten.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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