Zum Nachweis der Erbfolge im Grundbuchverfahren wenn die Erbeinsetzung im notariellen Testament auflösend bedingt wurde (Pflichtteilsstrafklausel)
OLG Schleswig, Beschluss vom 16.08.2024, 2 Wx 46/24
Wenn jemand stirbt und ein Grundstück vererbt, muss das Grundbuch (das amtliche Verzeichnis der Grundstückeigentümer) berichtigt werden. Dazu muss der neue Eigentümer – der Erbe – seine Erbenstellung nachweisen.
Liegt ein notarielles Testament vor, reicht das oft schon aus. Aber in Ihrem Fall enthält das Testament eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel . Das bedeutet: Ein Kind wird zwar Erbe des länger lebenden Elternteils, ABER es verliert dieses Erbrecht automatisch wieder, wenn es nach dem Tod des zuerst verstorbenen Elternteils seinen Pflichtteil gefordert hat.
Juristen nennen das eine auflösende Bedingung der Erbeinsetzung. Sie wissen nicht, ob die Bedingung (Geltendmachung des Pflichtteils) eingetreten ist oder nicht.
Wegen dieser Ungewissheit reicht das notarielle Testament allein nicht als Nachweis der Erbfolge aus. Das Grundbuchamt (GBA) ist daher verpflichtet, einen zusätzlichen Nachweis zu verlangen. Es hat die Wahl zwischen zwei Hauptwegen:
Das OLG Schleswig stellt klar: Eine eidesstattliche Versicherung (E.V.), wie man sie im Erbscheinsverfahren abgibt, ist kein geeignetes Mittel im Grundbuchverfahren.
Die gute Nachricht ist: Ein teurer Erbschein kann vermieden werden, wenn die Erben eine besondere notarielle Erklärung abgeben. Hier kommt der vom OLG anerkannte allgemeine Erfahrungssatz ins Spiel:
Der allgemeine Erfahrungssatz besagt: Wenn sich alle Geschwister (die potenziellen Konkurrenten ums Erbe) zusammentun und eine solche umfassende Erklärung abgeben, kann das Grundbuchamt davon ausgehen, dass die Aussage stimmt. Wer würde schon für die anderen lügen und damit riskieren, alles zu verlieren?
Die ursprünglich vom Notar angebotenen Erklärungen reichten nicht aus, weil:
Die Erben hatten aber noch die Möglichkeit, die umfassendere Erklärung nachzureichen und damit den Erbschein zu umgehen.
Das Urteil zeigt, dass solche Pflichtteilsstrafklauseln in Testamenten im Grundbuchverfahren für unnötigen Aufwand sorgen. Notare raten daher heute oft dazu, stattdessen Abänderungsvorbehalte in die Testamente aufzunehmen: Wer den Pflichtteil fordert, wird vom Überlebenden aktiv enterbt (wenn dieser noch testierfähig ist). Das ist zwar weniger „automatisch,“ aber erspart den Erben später diesen Nachweis-Zirkus beim Grundbuchamt!
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.