Zur Auslegung einer Belastungsvollmacht in einem notariellen Grundstückskaufvertrag

November 2, 2025

Zur Auslegung einer Belastungsvollmacht in einem notariellen Grundstückskaufvertrag

Gericht: OLG Frankfurt 20. Zivilsenat
Entscheidungsdatum: 23.04.2020
Aktenzeichen: 20 W 29/20
Dokumenttyp: Beschluss

Verfahrensgang: vorgehend AG Bad Hersfeld, 10. Januar 2020, …, Beschluss

Hier ist eine Zusammenfassung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG Frankfurt) vom 23. April 2020 (Az.: 20 W 29/20) zur Auslegung einer Belastungsvollmacht in einem notariellen Grundstückskaufvertrag

Beschluss des OLG Frankfurt: Belastungsvollmacht beim Grundstückskauf


Worum ging es?

Bei einem Grundstückskaufvertrag wurde dem Käufer eine Belastungsvollmacht vom Verkäufer erteilt, damit der Käufer das gekaufte, aber noch nicht auf ihn umgeschriebene Grundstück bereits mit einer Grundschuld belasten kann. Das ist üblich, um die Kaufpreisfinanzierung über eine Bank zu sichern.

Im konkreten Fall sollte diese Grundschuld im Grundbuch eingetragen werden. Das Grundbuchamt weigerte sich jedoch. Es meinte, die Vollmacht sei eingeschränkt (nämlich nur für die Kaufpreisfinanzierung gültig) und der genaue Wortlaut dieser Beschränkungen müsse in der Grundschuldbestellungsurkunde wiedergegeben werden.

Der Verkäufer legte Beschwerde gegen diese Ablehnung ein.

Zur Auslegung einer Belastungsvollmacht in einem notariellen Grundstückskaufvertrag


Was ist eine Belastungsvollmacht?

  • Vollmacht: Eine Erlaubnis. Hier erlaubt der Verkäufer (der noch Eigentümer ist) dem Käufer, in seinem Namen und für ihn das Grundstück zu belasten.
  • Belastung: Das Grundstück wird mit einem Grundpfandrecht (meist einer Grundschuld) versehen. Dies dient der Bank des Käufers als Sicherheit für das Darlehen zur Zahlung des Kaufpreises.
  • Sicherungsabreden (Innenverhältnis): Zusätzlich zur Vollmacht wird im Kaufvertrag oft geregelt, wie die Grundschuld verwendet werden darf – nämlich nur zur Zahlung des Kaufpreises an den Verkäufer. Diese Regeln sind die Sicherungsabreden und gelten zwischen Käufer und Verkäufer (Innenverhältnis).

Die zentrale Frage

Mussten die vertraglich vereinbarten Sicherungsabreden (die regeln, wie das Darlehen verwendet wird) die eigentliche Vollmacht zur Grundschuldbestellung gegenüber dem Grundbuchamt (Außenverhältnis) einschränken?

Kurz gesagt: Muss das Grundbuchamt prüfen, ob der Käufer die Grundschuld auch wirklich nur für die Finanzierung des Kaufpreises verwendet?


Die Entscheidung des OLG Frankfurt

Das OLG Frankfurt hob die Entscheidung des Grundbuchamts auf und gab dem Antrag statt.

Der Kernpunkt:

Die Vertragsparteien (Verkäufer und Käufer) hatten in ihrem Kaufvertrag ausdrücklich geregelt, dass die erteilte Belastungsvollmacht „inhaltlich unbeschränkt“ sein und „keine Einschränkung der Vollmacht im Außenverhältnis, insbesondere gegenüber dem Grundbuchamt“ verbunden sein sollte.

  1. Trennung von Vollmacht und Sicherungsabreden: Das Gericht betonte, dass in diesem Vertrag klar zwischen den Sicherungsabreden (dem „Wie“ der Verwendung des Geldes – Innenverhältnis) und der Vollmacht (der formalen „Erlaubnis“ zur Belastung – Außenverhältnis) getrennt wurde.
  2. Maßgeblichkeit des Wortlauts: Die ausdrückliche Formulierung einer unbeschränkten Vollmacht übertrumpft die Bedenken, die sich aus den Regelungen zur Kaufpreisfinanzierung ergeben könnten. Es kommt darauf an, was der Verkäufer (als Vollmachtgeber) eindeutig erklärt hat.
  3. Grundbuchamt prüft nicht das Innenverhältnis: Das Grundbuchamt muss die (schuldrechtlichen) Sicherungsabreden zwischen Käufer und Verkäufer grundsätzlich nicht prüfen, da diese nicht Teil der Eintragungsbewilligung sind. Nur wenn die Vollmacht selbst im Außenverhältnis eingeschränkt ist, müsste das Grundbuchamt die Einhaltung prüfen.

Ergebnis:

Weil die Vollmacht laut Vertrag ausdrücklich unbeschränkt erteilt wurde, muss das Grundbuchamt die Eintragung der Grundschuld vornehmen. Die vertraglichen Schutzmechanismen für den Verkäufer (z.B. der Zahlungsauftrag an den Notar, der sicherstellt, dass die Darlehensvaluta zur Kaufpreiszahlung verwendet wird) sind für die Eintragung im Grundbuch nicht relevant. Die Zurückweisung des Antrags durch das Grundbuchamt war somit unzulässig.


Fazit

Wenn ein Verkäufer einem Käufer eine Belastungsvollmacht erteilt, kann er im notariellen Vertrag eindeutig festlegen, dass diese Vollmacht gegenüber der Außenwelt (z.B. der Bank und dem Grundbuchamt) vollständig gültig ist, selbst wenn im Vertrag gleichzeitig detailliert geregelt wird, wie der Käufer diese Vollmacht intern nutzen muss (z.B. nur zur Kaufpreisfinanzierung).

Ist die Vollmacht ausdrücklich unbeschränkt formuliert, darf das Grundbuchamt die Eintragung der Grundschuld nicht ablehnen, indem es sich auf die internen Verwendungsregeln (Sicherungsabreden) des Kaufvertrages beruft.

RA und Notar Krau

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