Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen

Juli 29, 2022

BAG 9 AZR 367/21 – Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Kernthema:

Das Urteil befasst sich mit dem Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen und dessen Verfall.

Es geht um die Frage, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Zusatzurlaub informieren und ihn zur Inanspruchnahme auffordern muss,

auch wenn er keine Kenntnis von der Schwerbehinderung hat oder diese nicht offensichtlich ist.

Hintergrund:

  • Der Kläger war bei der Beklagten beschäftigt und beantragte die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch.
  • Die Beklagte wurde über den Antrag informiert, erfuhr aber erst später von der rückwirkenden Anerkennung.
  • Der Kläger verlangte daraufhin Zusatzurlaub für die Jahre 2017 und 2018, was die Beklagte mit Verweis auf den Verfall des Anspruchs ablehnte.
  • Der Kläger klagte auf Feststellung seines Anspruchs auf Zusatzurlaub.

Entscheidungen:

Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen

  • Das BAG gab der Revision des Klägers teilweise statt und sprach ihm zwei Tage Zusatzurlaub für 2017 zu.
  • Der Zusatzurlaub für 2018 war verfallen.
  • Der Anspruch auf Zusatzurlaub entsteht unabhängig von der Kenntnis des Arbeitgebers über die Schwerbehinderung.
  • Die Befristung des Zusatzurlaubs setzt grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer informiert und zur Inanspruchnahme auffordert.
  • Ausnahme: Wenn der Arbeitgeber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung hat oder diese nicht offensichtlich ist, verfällt der Anspruch auch ohne Aufforderung und Hinweis.
  • Unterrichtet der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über seinen Antrag auf Anerkennung, muss der Arbeitgeber ihn über den Zusatzurlaub informieren und zur Inanspruchnahme auffordern, auch wenn der Antrag zunächst abgelehnt wurde.
  • Unterlässt der Arbeitnehmer die Information über einen Widerspruch oder ein Klageverfahren gegen die Ablehnung, kann er den Zusatzurlaub nach Ablauf der Verfallfristen nicht mehr geltend machen.
  • Im konkreten Fall war der Zusatzurlaub für 2017 nicht verfallen, da die Beklagte den Kläger nicht informiert hatte. Der Zusatzurlaub für 2018 war verfallen, da der Kläger die Beklagte nicht über seinen Widerspruch gegen die Ablehnung informiert hatte.
  • Eine betriebliche Übung zur unbegrenzten Übertragung von Urlaub bestand nicht.

Rechtliche Grundlagen:

Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen

  • § 125 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. (bis 31.12.2017) bzw. § 208 Abs. 1 Satz 1 SGB IX (ab 1.1.2018): Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen
  • § 7 Abs. 3 BUrlG: Befristung des Urlaubsanspruchs
  • § 152 SGB IX: Feststellungsbescheid hat deklaratorische Wirkung
  • Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG: Konforme Auslegung von § 7 BUrlG

Fazit:

  • Das Urteil betont die Bedeutung der Informationspflicht des Arbeitgebers gegenüber schwerbehinderten Arbeitnehmern hinsichtlich ihres Zusatzurlaubs.
  • Arbeitgeber müssen auch dann informieren und auffordern, wenn sie keine Kenntnis von der Schwerbehinderung haben oder diese nicht offensichtlich ist, sofern der Arbeitnehmer sie über seinen Antrag auf Anerkennung informiert hat.
  • Arbeitnehmer müssen den Arbeitgeber über den Fortgang des Anerkennungsverfahrens informieren, um ihren Anspruch auf Zusatzurlaub zu wahren.
  • Das Urteil schafft Klarheit über die Voraussetzungen für den Verfall von Zusatzurlaubsansprüchen und die Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in diesem Zusammenhang.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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