Zuständigkeit Betriebsrat Einführung Microsoft Office 365 

Juli 29, 2022

Das Urteil befasst sich mit der Zuständigkeit des Betriebsrats bei der Einführung und Anwendung von Microsoft Office 365 in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben.

BAG 1 ABR 20/21

RA und Notar Krau

Kernthema:

Es geht um die Frage, ob der örtliche Betriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat zuständig ist, wenn die Software unternehmensweit einheitlich genutzt wird.

Hintergrund:

  • Die Arbeitgeberin plant die unternehmensweite Nutzung von Microsoft Office 365 in Form einer „1-Tenant-Lösung“ mit zentraler Administration und Datenspeicherung in der Cloud.
  • Der Gesamtbetriebsrat stimmte dem Einsatz zu.
  • Der Betriebsrat eines Verteilzentrums sah seine Mitbestimmungsrechte verletzt und beantragte die Feststellung seiner Zuständigkeit, zumindest für bestimmte Module der Software.
  • Die Arbeitgeberin lehnte dies ab und verwies auf die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats.

Entscheidungen:

Zuständigkeit Betriebsrat Einführung Microsoft Office 365

  • Das BAG wies die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats zurück und bestätigte die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats.
  • Die unternehmensweite Nutzung von Office 365 mit zentraler Kontrolle erfordert aus zwingenden technischen Gründen eine betriebsübergreifende Regelung, für die der Gesamtbetriebsrat zuständig ist.   
  • Die Möglichkeit, einzelne Module unabhängig von der Cloud zu nutzen oder benutzerbezogene Einstellungen vorzunehmen, ändert nichts an der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats.
  • Der Betriebsrat ist nicht antragsbefugt, die Unzuständigkeit des Gesamtbetriebsrats geltend zu machen.

Rechtliche Grundlagen:

  • § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG: Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen zur Überwachung
  • § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG: Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats bei Angelegenheiten, die mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte geregelt werden können
  • § 256 Abs. 1 ZPO: Feststellungsinteresse

Begründung:

Zuständigkeit Betriebsrat Einführung Microsoft Office 365

  • Office 365 ist eine technische Einrichtung, die zur Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Arbeitnehmer genutzt werden kann.
  • Die „1-Tenant-Lösung“ mit zentraler Administration und Datenspeicherung ermöglicht eine unternehmensweite Kontrolle und erfordert daher eine betriebsübergreifende Regelung.
  • Die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats ist zwingend und kann nicht aufgeteilt werden, auch wenn für einzelne Module betriebsspezifische Regelungen möglich sind.
  • Die Einführung der Software in einzelnen Betrieben ändert nichts an der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats.
  • Der Betriebsrat ist nicht berechtigt, die Unzuständigkeit des Gesamtbetriebsrats geltend zu machen, da er dadurch nicht in seiner eigenen Rechtsposition betroffen ist.

Fazit:

  • Das Urteil stärkt die Position des Gesamtbetriebsrats bei der Einführung und Anwendung von unternehmensweit einheitlich genutzter Software mit Überwachungspotenzial.
  • Es unterstreicht die Bedeutung einer betriebsübergreifenden Regelung in solchen Fällen, um eine effektive Mitbestimmung zu gewährleisten.
  • Betriebsräte sollten bei der Einführung solcher Software frühzeitig die Zuständigkeitsfrage klären und gegebenenfalls den Gesamtbetriebsrat einschalten.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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