Zuständigkeit für den Erlass eines Feststellungsbescheides über den Wert eines Grundstücks – Nachholung der Mitwirkung des zuständigen Finanzamts

Oktober 6, 2025

Zuständigkeit für den Erlass eines Feststellungsbescheides über den Wert eines Grundstücks – Nachholung der Mitwirkung des zuständigen Finanzamts

Hier ist eine Zusammenfassung des Urteils des Finanzgerichts Münster (FG Münster, Urteil vom 22.08.2013 – 3 K 1556/13 F)

Der Kern des Urteils: Wer darf den Wert eines Grundstücks für die Schenkungsteuer feststellen?

Das Urteil des FG Münster dreht sich um eine Frage der Zuständigkeit und einen Verfahrensfehler bei der Feststellung des Werts eines Grundstücks für die Schenkungsteuer. Vereinfacht gesagt, ging es darum, ob das richtige Finanzamt den Feststellungsbescheid erlassen hat. Das Gericht entschied: Nein, das falsche Finanzamt war tätig, und dieser Fehler konnte nachträglich nicht geheilt werden.

Der Sachverhalt: Was war passiert?

Eine Klägerin hatte Grundbesitz (eine Wohnung und Garage) geschenkt bekommen. Für die Berechnung der Schenkungsteuer muss der Wert dieses Grundbesitzes („Grundbesitzwert“) von einem Finanzamt gesondert festgestellt werden (sogenannter Feststellungsbescheid).

Es gibt zwei beteiligte Finanzämter:

Das Erbschaft-/Schenkungsteuerfinanzamt (Finanzamt R):

Es ist für die spätere Festsetzung der Schenkungsteuer zuständig.

Das Lagefinanzamt (Finanzamt A / Beklagter):

Es ist das Finanzamt, in dessen Bezirk der Grundbesitz liegt. Es ist für die Bewertung des Grundstücks zuständig.

Die fehlerhafte Anfrage:

Das Finanzamt R beauftragte die Betriebsprüfungsstelle des Lagefinanzamts A, eine Betriebsprüfung durchzuführen, die auch die Schenkungsteuer umfasste. Daraufhin stellte die Betriebsprüfungsstelle (nicht das Finanzamt R selbst) die Anfrage an die Bewertungsstelle des Lagefinanzamts A, den Grundbesitzwert festzustellen.

Der Bescheid:

Das Lagefinanzamt A erließ aufgrund dieser Anfrage den Feststellungsbescheid über den Grundbesitzwert.

Die Klage:

Die Klägerin (die Beschenkte) klagte gegen diesen Bescheid.

Die Streitfrage:

War das Lagefinanzamt A berechtigt, den Feststellungsbescheid aufgrund der Anfrage der eigenen Betriebsprüfungsstelle zu erlassen?

Die Entscheidung des Gerichts und die Begründung

Das Gericht gab der Klage statt und erklärte den Feststellungsbescheid des Lagefinanzamts A für rechtswidrig.

Zuständigkeitsfehler: Wer muss die Feststellung anordnen?

Das Gericht stellte klar, dass die Entscheidung, ob ein Grundbesitzwert festzustellen ist, allein beim Erbschaft-/Schenkungsteuerfinanzamt (Finanzamt R) liegt. Dieses Finanzamt muss entscheiden, ob es den Wert für die Berechnung der Steuer „braucht“ („Bedarfsbewertung“).

Das Lagefinanzamt darf den Feststellungsbescheid nur dann erlassen, wenn es vom zuständigen Erbschaft-/Schenkungsteuerfinanzamt offiziell dazu aufgefordert wird.

Zuständigkeit für den Erlass eines Feststellungsbescheides über den Wert eines Grundstücks – Nachholung der Mitwirkung des zuständigen Finanzamts

Im vorliegenden Fall kam die Anfrage nur von der Betriebsprüfungsstelle des Lagefinanzamts A selbst. Die Betriebsprüfung hatte zwar das Ziel, den Sachverhalt aufzuklären, aber sie enthielt keine verbindliche Anordnung des zuständigen Finanzamts R zur Feststellung des Grundbesitzwerts. Das war ein Verfahrensfehler.

Die originäre Entscheidungskompetenz des zuständigen Finanzamts (R) kann auch nicht einfach auf die Betriebsprüfungsstelle übertragen werden, da es sich um eine gesetzlich festgelegte Zuständigkeit handelt.

Keine Heilung des Fehlers

Das Lagefinanzamt A versuchte, den Fehler nachträglich zu heilen, indem:

Das zuständige Finanzamt R die Anfrage nachträglich formell stellte und

die ursprüngliche Anfrage der Betriebsprüfungsstelle nachträglich genehmigte.

Das Gericht lehnte dies ab:

Es handelt sich hier nicht um einen heilbaren Fehler wegen „unterbliebener Mitwirkung einer anderen Behörde“ (§ 126 Abs. 1 Nr. 5 AO). Der Fehler war tiefer: Es fehlte die grundsätzliche Entscheidung des zuständigen Finanzamts R, dass die Feststellung überhaupt erforderlich ist.

Daher führte die nachträgliche Genehmigung oder Anfrage nicht zur Heilung des rechtswidrigen Bescheids.

Keine Anwendung der Vorschrift zur Verfahrensvereinfachung (§ 127 AO)

Nach § 127 der Abgabenordnung (AO) kann die Aufhebung eines Bescheids trotz eines Verfahrensfehlers unterbleiben, wenn ohnehin keine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre. Das Lagefinanzamt A argumentierte, dass der Grundbesitzwert sowieso festgestellt werden musste, da die Steuerfestsetzung (wegen einer großen Wertdifferenz) sicher sei.

Das Gericht wies dies als spekulativ zurück:

Die Entscheidung, ob eine Schenkungsteuer festgesetzt wird und ob dafür ein Grundbesitzwert benötigt wird, hängt von der Gesamtprüfung des Falls durch das zuständige Finanzamt R ab – nicht nur vom reinen Grundstückswert.

Es steht nicht fest, ob das zuständige Finanzamt R ohne den Fehler eine entsprechende Anfrage gestellt hätte. Daher konnte die Anwendung des § 127 AO nicht ausgeschlossen werden.

Fazit

Der Feststellungsbescheid über den Grundbesitzwert war rechtswidrig und musste aufgehoben werden, weil er nicht auf eine offizielle Anordnung des für die Schenkungsteuer zuständigen Finanzamts erlassen wurde. Ein solcher Fehler in der Zuständigkeit konnte auch nicht nachträglich geheilt werden.

RA und Notar Krau

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