Zustimmung des Testamentsvollstreckers zu Darlehensvertrag zwischen Erbe und Bank
Hier ist eine laienverständliche Zusammenfassung des Urteils des Kammergerichts (KG) vom 24.02.2014 – 8 U 157/12.
Das Urteil befasst sich mit der Frage, wann ein Erbe einen Darlehensvertrag über Nachlassgegenstände wirksam abschließen kann, wenn eine Testamentsvollstreckung angeordnet ist.
Das Kammergericht Berlin hat entschieden, dass ein Darlehensvertrag zwischen einem Erben und einer Bank unwirksam ist, wenn die Erbschaft unter Testamentsvollstreckung steht und der Vertrag Verfügungen (wie die Abtretung von Sicherheiten) über Nachlassgegenstände enthält, aber die Zustimmung des Testamentsvollstreckers fehlt.
Ein Erbe (der Beklagte) wollte zur Umschuldung von Immobilienkrediten Darlehensverträge mit einer Bausparkasse (der Klägerin) abschließen. Der Nachlass, zu dem die Immobilien gehörten, stand jedoch unter Testamentsvollstreckung. Das bedeutet, der Testamentsvollstrecker verwaltet den Nachlass und hat die Befugnis, darüber zu verfügen, nicht der Erbe allein.
Die Bank forderte später eine Nichtabnahmeentschädigung vom Erben, weil die Darlehen nicht abgerufen wurden. Der Erbe wehrte sich und argumentierte, die Verträge seien unwirksam, da die notwendige Zustimmung des Testamentsvollstreckers fehlte.
Die Testamentsvollstreckung wird vom Erblasser (der verstorbenen Person) im Testament angeordnet. Sie dient dazu, den Nachlass (die Erbschaft) zu verwalten und die Anweisungen des Erblassers umzusetzen. Der Testamentsvollstrecker übernimmt in dieser Zeit die Verfügungsbefugnis über die Nachlassgegenstände (2205 BGB). Der Erbe darf deshalb grundsätzlich nicht über diese Gegenstände verfügen (2211 BGB).
Ein Darlehensvertrag an sich ist nur ein schuldrechtliches Geschäft (eine reine Verpflichtung zur Rückzahlung des Geldes) und könnte theoretisch vom Erben auch ohne Zustimmung des Testamentsvollstreckers eingegangen werden.
Allerdings enthielten die Darlehensverträge hier auch Regelungen zur Bestellung von Sicherheiten. Konkret sollte der Erbe die Rückgewähransprüche auf bereits existierende, vorrangige oder gleichrangige Grundschulden an die Bausparkasse abtreten.
Eine Verfügung ist ein Rechtsgeschäft, durch das ein Recht unmittelbar übertragen, belastet, geändert oder aufgehoben wird. Die Abtretung eines Anspruchs (hier des Rückgewähranspruchs aus der Grundschuld) ist eine solche Verfügung. Da dieser Anspruch zum Nachlass gehörte und unter Testamentsvollstreckung stand, durfte der Erbe nach 2211 Abs. 1 BGB ohne Zustimmung des Testamentsvollstreckers nicht darüber verfügen.
Das Kammergericht kam zu folgenden Schlussfolgerungen:
Obwohl die vom Erben unterzeichneten Vertragsangebote erst nach Fristablauf bei der Bank eingingen, galten sie nach 149 BGB als rechtzeitig zugegangen, da die Verspätung auf einem unregelmäßigen Transportweg beruhte und die Bank keine unverzügliche Verspätungsanzeige verschickte.
Bedingung oder Auszahlungsvoraussetzung: Die im Vertrag genannte Zustimmung des Testamentsvollstreckers war nach Auslegung des Gerichts nur eine Auszahlungsvoraussetzung für das Darlehen, nicht aber eine aufschiebende Bedingung für das Zustandekommen des gesamten Vertrages.
Die im Vertrag vereinbarte Abtretung der Rückgewähransprüche war eine Verfügung über einen Nachlassgegenstand und damit wegen der fehlenden Zustimmung des Testamentsvollstreckers unwirksam (2211 BGB).
Gemäß 139 BGB wird bei Teilnichtigkeit (hier der unwirksamen Abtretung) grundsätzlich das ganze Rechtsgeschäft als nichtig angesehen, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre. Da die Abtretung der Sicherheiten für die Bank von wesentlicher Bedeutung war, ging das Gericht davon aus, dass die Verträge ohne diese Sicherheitsbestellung nicht geschlossen worden wären. Die gesamten Darlehensverträge waren somit nichtig (unwirksam).
Die Bank konnte sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass die Geltendmachung der Unwirksamkeit durch den Erben treuwidrig sei. Der Bank war von Anfang an bekannt, dass eine Testamentsvollstreckung vorlag und die Zustimmung für die Sicherheitenbestellung notwendig war.
Die Darlehensverträge waren insgesamt unwirksam, weshalb die Bank keinen Anspruch auf die geltend gemachte Nichtabnahmeentschädigung hatte. Die Berufung der Klägerin (Bank) wurde zurückgewiesen.
Testamentsvollstreckung schränkt die Rechte des Erben stark ein: Er kann nicht einfach über Nachlassgegenstände verfügen (z.B. verkaufen, verschenken oder als Sicherheit abtreten).
Auch wenn ein Vertrag selbst (z.B. ein Darlehen) nur eine Verpflichtung schafft, kann er unwirksam sein, wenn er unwirksame Verfügungen (z.B. über Sicherheiten) über Nachlassgegenstände enthält und der Vertrag ohne diese nicht geschlossen worden wäre.
Bei Geschäften mit Nachlassgegenständen, die einer Testamentsvollstreckung unterliegen, ist die Zustimmung des Testamentsvollstreckers für Verfügungen (wie Grundschuldbestellungen oder Abtretungen) zwingend erforderlich!
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