Zuweisung Streit über Pflichtteil an Schiedsgericht

April 19, 2020

Zuweisung Streit über Pflichtteil an Schiedsgericht

BGH Beschluss 16.3.2017 – I ZB 50/16

RA und Notar Krau

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 16. März 2017 befasst sich mit der Frage, ob ein Pflichtteilsanspruch durch testamentarische Verfügung einem Schiedsgericht unterstellt werden kann

und inwieweit ein widersprüchliches Verhalten einer Partei, die sich in einem Klageverfahren auf die Schiedseinrede beruft,

dann aber im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs die fehlende Schiedsfähigkeit einwendet, gegen Treu und Glauben verstößt.

Hintergrund des Falls ist ein Streit um den Pflichtteilsanspruch der Antragstellerin, die gegen die Antragsgegnerin, ihre Tochter, zunächst vor ordentlichen Gerichten vorging.

Nach Erhebung der Schiedseinrede durch die Antragsgegnerin wurde das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten beendet, und die Antragstellerin leitete ein Schiedsverfahren ein.

Das Schiedsgericht entschied zugunsten der Antragstellerin, jedoch erhob die Antragsgegnerin später im Verfahren zur Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs die Einwendung der fehlenden Schiedsfähigkeit.

Der BGH bestätigt in seiner Entscheidung, dass Pflichtteilsansprüche grundsätzlich nicht durch einseitige testamentarische Verfügung dem Schiedsverfahren unterworfen werden können,

da dies über die Verfügungsfreiheit des Erblassers hinausgeht und die Testierfreiheit durch das Pflichtteilsrecht beschränkt ist.

Zuweisung Streit über Pflichtteil an Schiedsgericht

Ein solcher Pflichtteilsanspruch kann zwar grundsätzlich Gegenstand einer Schiedsvereinbarung zwischen Erbe und Pflichtteilsberechtigtem sein, nicht jedoch durch einseitige Verfügung des Erblassers.

Daher ist der Pflichtteilsanspruch nicht schiedsfähig im Sinne des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a ZPO.

Allerdings betont der BGH, dass es der Antragsgegnerin nach Treu und Glauben verwehrt ist, sich im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs auf die fehlende Schiedsfähigkeit zu berufen,

nachdem sie im Vorprozess vor den ordentlichen Gerichten erfolgreich die Schiedseinrede erhoben hat.

Ein solches widersprüchliches Verhalten verstößt gegen Treu und Glauben, da es darauf abzielt, dem Gegner in beiden Verfahrenswegen den Rechtsschutz abzuschneiden.

Der BGH erkennt jedoch auch an, dass der Schiedsspruch gegen den verfahrensrechtlichen ordre public verstößt,

weil das Schiedsgericht im schiedsrichterlichen Verfahren den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör verletzt hat.

Aus diesem Grund bleibt die Entscheidung des Oberlandesgerichts München bestehen, den Schiedsspruch aufzuheben und die Vollstreckbarerklärung abzulehnen.

Insgesamt weist der BGH die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts zurück

und bestätigt damit die Unzulässigkeit einer einseitigen testamentarischen Unterwerfung von Pflichtteilsansprüchen

unter ein Schiedsverfahren sowie die Bedeutung von Treu und Glauben im Verfahrensrecht.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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