Zuwendung einer wertlosen Wohnungseinrichtung

Juni 12, 2016

Zuwendung einer wertlosen Wohnungseinrichtung

OLG München 31 Wx 33/10

Beschluss v. 15.07.2010,

Auslegung,

RA und Notar Krau

Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 15.07.2010 befasst sich mit der Auslegung eines Testaments,

in dem der Erblasserin einer Person die „gesamte Wohnungseinrichtung“ vermacht wurde.

Das Gericht hatte zu entscheiden, ob diese Zuwendung als Erbeinsetzung oder als Vermächtnis zu verstehen ist.

Sachverhalt:

Zuwendung einer wertlosen Wohnungseinrichtung

Die Erblasserin verstarb 2009 und hinterließ ein eigenhändig geschriebenes Testament vom 01.03.2009.

Darin heißt es:

„(Erblasserin) 01.03.2009 Testament (Beteiligte zu 1), …, ist berechtigt, die gesamte Wohnungseinrichtung in Empfang zu nehmen.“

Zusätzlich enthielt das Testament ein Vermächtnis über 500 Euro an einen Herrn A.

Der Nachlass bestand im Wesentlichen aus Wertpapieren und Bargeld im Wert von ca. 50.000 Euro.

Die Wohnungseinrichtung selbst war wertlos.

Die Beteiligte zu 1 beantragte einen Erbschein als Alleinerbin, da sie die Zuwendung der Wohnungseinrichtung als Erbeinsetzung interpretierte.

Sie stützte ihre Ansicht auf die umfänglichen Kontovollmachten, die ihr die Erblasserin erteilt hatte, sowie auf die Bitte im Testament, das Vermächtnis an Herrn A. zu erfüllen.

Die Beteiligte zu 2 (gesetzliche Erbin) widersprach und argumentierte, dass das Testament lediglich zwei Vermächtnisse enthalte und keine Erbeinsetzung.

Zuwendung einer wertlosen Wohnungseinrichtung

Das Nachlassgericht gab der Beteiligten zu 1 recht und erteilte den Erbschein.

Gegen diesen Beschluss legte die Beteiligte zu 2 Beschwerde ein.

Entscheidung des OLG München:

Das OLG München hob den Beschluss des Nachlassgerichts auf und wies den Antrag der Beteiligten zu 1 auf Erteilung eines Erbscheins zurück.

Das Gericht stellte fest, dass das Testament keine ausdrückliche Erbeinsetzung enthielt.

Die Zuwendung der Wohnungseinrichtung sei im Zweifel gemäß § 2087 Abs. 2 BGB nicht als Erbeinsetzung aufzufassen.

Zwar könne die Zuwendung eines einzelnen Gegenstands auch eine Erbeinsetzung sein, wenn dadurch der Nachlass erschöpft wird

oder der Wert des Gegenstands das übrige Vermögen erheblich übersteigt.

Dies sei hier jedoch nicht der Fall, da die Wohnungseinrichtung wertlos war und das Geldvermögen den wesentlichen Nachlass darstellte.

Das OLG München führte weiter aus, dass auch die Umstände außerhalb des Testaments nicht den Schluss zuließen, dass die Erblasserin die Beteiligte zu 1 als Erbin einsetzen wollte.

Die Erteilung der Kontovollmachten spreche eher dafür, dass die Erblasserin lediglich sicherstellen wollte, dass die Beteiligte zu 1 im Bedarfsfall Zugriff auf ihre Konten habe.

Fazit:

Das OLG München entschied, dass die Beteiligte zu 1 lediglich Vermächtnisnehmerin der wertlosen Wohnungseinrichtung ist und im Übrigen die gesetzliche Erbfolge eintritt.

Der Beschluss verdeutlicht die Bedeutung der Auslegung von Testamenten im Einzelfall.

Auch wenn der Wortlaut eines Testaments zunächst eindeutig erscheint, können weitere Umstände

und die gesetzliche Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB zu einem anderen Ergebnis führen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Ausschlagungsfrist Kenntnis des Betreuers dem Erben zuzurechnen

Ausschlagungsfrist Kenntnis des Betreuers dem Erben zuzurechnen

Februar 9, 2025
Ausschlagungsfrist Kenntnis des Betreuers dem Erben zuzurechnenBeschluss OLG Celle vom 02.12.2024 (6 W 142/24) zum ErbscheinsverfahrenRA u…
Nachweis Errichtung Testament

Nachweis Errichtung Testament

Februar 9, 2025
Nachweis Errichtung TestamentOLG Brandenburg Beschluss vom 28.11.2024 – 3 W 131/24RA und Notar KrauIn dem vorliegenden Beschluss des O…
Akteneinsichtsrecht nicht beteiligter Dritter im Erbscheinsverfahren

Akteneinsichtsrecht nicht beteiligter Dritter im Erbscheinsverfahren

Februar 9, 2025
Akteneinsichtsrecht nicht beteiligter Dritter im ErbscheinsverfahrenBeschluss OLG Brandenburg vom 30.12.2024 – 11 VA 3/24RA und Notar Krau…