Zwangssicherungshypothek im Wohnungsgrundbuch
Hier ist eine Zusammenfassung des BGH-Urteils vom 14.01.2022 (V ZR 245/20)
Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) klärt wesentliche Fragen zur Verjährung des Anspruchs auf Löschung oder Eintragung im Grundbuch, wenn ein Grundstück mit einer Vormerkung und später mit einem dieser Vormerkung widersprechenden Recht (hier: einer Zwangshypothek) belastet wurde.
Der BGH stellt klar, unter welchen Voraussetzungen der Käufer eines Grundstücks (der sog. Vormerkungsberechtigte) von dem Inhaber des später eingetragenen, widersprechenden Rechts (dem sog. vormerkungswidrig Eingetragenen) die Löschung oder Änderung im Grundbuch verlangen kann und welche Rolle dabei die Verjährung spielt.
Ein Käufer (Kläger) ließ sich 1999 eine Auflassungsvormerkung ins Grundbuch eintragen, um seinen Anspruch auf Eigentumsübertragung abzusichern.
Eine Krankenkasse (Rechtsvorgängerin der Beklagten) ließ 2001 eine Zwangssicherungshypothek eintragen, um Beitragsforderungen gegen den damaligen Eigentümer abzusichern.
Der Käufer wurde 2002 als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Er erwarb das Eigentum damit formal, aber das Grundbuch war noch mit der Zwangshypothek belastet.
2018 wollte der Kläger die Wohnung weiterverkaufen und forderte von der Beklagten (der Krankenkasse) die Zustimmung zur Löschung der Zwangshypothek.
Die Beklagte berief sich auf Verjährung des Anspruchs.
Das Landgericht wies die Klage wegen Verjährung ab. Das Oberlandesgericht gab dem Kläger recht, da es den Löschungsanspruch für unverjährbar hielt. Die Beklagte ging in Revision zum BGH.
Der BGH hat das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Er musste klären, ob der Zustimmungsanspruch des Klägers auf Löschung unverjährbar ist und welche Rolle der ursprüngliche Kaufanspruch spielt.
Der BGH bestätigt die herrschende juristische Meinung:
Der Anspruch des Käufers (Vormerkungsberechtigter) gegen den Dritten (vormerkungswidrig Eingetragener) auf Zustimmung zur Löschung oder Eintragung im Grundbuch (Zustimmungsanspruch aus § 888 Abs. 1 BGB) ist in entsprechender Anwendung der Vorschrift für dingliche Rechte (§ 902 Abs. 1 Satz 1 BGB) unverjährbar.
Dieser Zustimmungsanspruch dient der Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs (hier: der Anspruch auf lastenfreie Übertragung des Eigentums). Die Vormerkung verleiht dem schuldrechtlichen Anspruch eine dem dinglichen Recht angenäherte Wirkung, was die Unverjährbarkeit rechtfertigt.
Obwohl der Zustimmungsanspruch selbst unverjährbar ist, bleibt er akzessorisch, d.h., er hängt vom Bestand des ursprünglichen, gesicherten Anspruchs ab.
Der Zustimmungsanspruch aus § 888 Abs. 1 BGB ist ein unselbständiger Hilfsanspruch, der nur besteht, solange der zugrunde liegende schuldrechtliche Anspruch (hier: der Kaufvertrag auf lastenfreie Übertragung des Eigentums) besteht und durchsetzbar ist.
Ist der gesicherte schuldrechtliche Anspruch verjährt, kann der vormerkungswidrig Eingetragene (die Beklagte) die dem ursprünglichen Schuldner (dem Verkäufer) zustehende Einrede der Verjährung gegen diesen gesicherten Anspruch erheben. Er kann die Zustimmung zur Löschung dann verweigern.
Der BGH stellte fest, dass der ursprüngliche Kaufanspruch auf lastenfreie Übertragung des Eigentums (wegen des Mangels der Zwangshypothek) im vorliegenden Fall nicht verjährt war:
Da die Wohnung bei der Übertragung belastet war, lag ein Rechtsmangel vor.
Der fortbestehende Anspruch auf Nacherfüllung (lastenfreie Übertragung) unterliegt nach geltendem Recht der 30-jährigen Verjährungsfrist (§ 438 Abs. 1 Nr. 1b BGB), weil der Mangel in einem im Grundbuch eingetragenen Recht besteht. Diese Frist war noch nicht abgelaufen.
Das Oberlandesgericht (OLG) hatte zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe den Bestand des gesicherten Anspruchs nicht bestritten.
Der BGH rügte, dass das OLG rechtsfehlerhaft keine Feststellungen dazu getroffen hatte, ob der gesicherte Anspruch (Kaufvertrag auf lastenfreie Übertragung) überhaupt bestand.
Die Beklagte hatte sehr wohl bestritten, dass ein wirksamer und durchsetzbarer Kaufvertrag existiere.
Die Vormerkung ist ein mächtiges Sicherungsmittel, da der Anspruch auf Löschung der „Zwischenrechte“ (wie die Zwangshypothek) unverjährbar ist.
Allerdings bietet dieser Schutz keine „Ewigkeit“:
Der Schutz besteht nur so lange, wie der ursprüngliche, durch die Vormerkung gesicherte Anspruch (z.B. der Anspruch aus dem Kaufvertrag) selbst nicht verjährt ist.
Im Kaufrecht sind die Fristen bei Mängeln, die im Grundbuch eingetragen sind (wie eine Hypothek), sehr lang (30 Jahre), weshalb der Anspruch im vorliegenden Fall noch nicht verjährt war.
Die Sache wurde an das OLG zurückverwiesen, weil dieses erst klären musste, ob der Kaufvertrag und damit der gesicherte Anspruch überhaupt noch bestand, bevor es über die Löschung entscheiden konnte.
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