Zwangsvollstreckung wegen einer nicht vertretbaren Handlung – Hessisches LAG Beschluss vom 18.12.2020 – 10 Ta 312/20
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) hat in einem Beschluss vom 18. Dezember 2020 (Az.: 10 Ta 312/20) über die Zwangsvollstreckung zur Durchsetzung einer Verpflichtung zur Ausstellung eines Arbeitszeugnisses entschieden.
Folgende Kernaussagen und rechtliche Bewertungen lassen sich aus dem Beschluss zusammenfassen:
Zwangsvollstreckung wegen nicht vertretbarer Handlung:
Die Zwangsvollstreckung gemäß § 888 Abs. 1 ZPO (Zivilprozessordnung) ist nicht ausgeschlossen, wenn zur Erfüllung der Handlung ein Dritter mitwirken muss.
Zwangsmittel wie Zwangsgeld oder Zwangshaft sind nur dann unzulässig, wenn der Schuldner alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um den Dritten zur Mitwirkung zu bewegen, und diese Maßnahmen erfolglos blieben.
Dies schließt auch gerichtliche Schritte ein, sofern diese eine Erfolgsaussicht haben.
Unterschrift ehemaliger Mitarbeiter:
Wenn ein Geschäftsführer oder ein Arbeitnehmer das Unternehmen verlassen hat, kann der Schuldner subjektiv unmöglich sein, ein Zeugnis mit den Unterschriften dieser Personen nachträglich zu erstellen.
Eine Klage auf nachträgliche Unterschriftsleistung aus nachwirkender Treuepflicht hat in der Regel keine Aussicht auf Erfolg, da eine solche Verpflichtung haftungsrechtlich nicht zumutbar ist.
Erstellung auf aktuellem Briefkopf:
Der Arbeitgeber darf das Zeugnis auf einem aktuellen Briefkopf erstellen.
Dies stellt keinen Mangel dar und ist keine unzulässige “Geheimzeichen”-Kennzeichnung.
Die Parteien stritten um die Durchsetzung einer Verpflichtung zur Ausstellung eines Arbeitszeugnisses.
Nach einer außergerichtlichen Einigung im Februar 2019 sollte der Kläger ein Zeugnis mit einem bestimmten Inhalt erhalten.
Als dieses nicht wie vereinbart ausgestellt wurde, klagte der Kläger und erhielt vom Arbeitsgericht Frankfurt a.M. am 18. November 2019 Recht.
Das Zeugnis sollte auf den 30. April 2019 datiert und von Herrn A und Frau B unterzeichnet sein.
Nach Berufung und Rücknahme der Berufung durch die Schuldnerin am 30. April 2020 wurde ein neues Zeugnis erstellt, jedoch von einer anderen Geschäftsführerin unterzeichnet, da die ursprünglichen Unterzeichner nicht mehr im Unternehmen waren.
Beschwerdeverfahren:
Der Kläger beantragte daraufhin die Festsetzung eines Zwangsgelds, da das Zeugnis nicht wie gefordert ausgestellt wurde.
Das Arbeitsgericht entsprach diesem Antrag, wogegen die Schuldnerin Beschwerde einlegte.
Entscheidungsgründe des LAG:
Erfüllung der Zeugnisverpflichtung:
Das Zeugnis war inhaltlich entsprechend dem arbeitsgerichtlichen Urteil erstellt worden, jedoch von einer anderen Person unterzeichnet.
Da Herr A und Frau B das Unternehmen verlassen hatten und eine Unterschriftsleistung nicht mehr möglich war, durfte die Schuldnerin das Zeugnis durch eine aktuelle Geschäftsführerin unterzeichnen lassen.
Unmöglichkeit der Handlung:
Das LAG stellte fest, dass die Schuldnerin glaubhaft gemacht hatte, dass Herr A sich geweigert hatte, das Zeugnis zu unterzeichnen und es nicht zumutbar war, rechtliche Schritte gegen den ehemaligen Geschäftsführer einzuleiten.
Auch eine nachwirkende Treuepflicht konnte nicht erzwungen werden.
Aktueller Briefkopf und Unterschrift:
Die Verwendung eines aktuellen Briefkopfes war zulässig und führte nicht zu einer Mangelhaftigkeit des Zeugnisses.
Es war nicht erforderlich, einen Briefkopf von 2019 zu verwenden.
Ergebnis:
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin war erfolgreich. Das LAG hob den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. auf und wies den Antrag des Gläubigers auf Festsetzung von Zwangsmitteln zurück.
Die Unterschrift durch die aktuelle Geschäftsführerin genügte zur Erfüllung der Verpflichtung.
Der Beschluss zeigt die Grenzen der Zwangsvollstreckung auf, insbesondere wenn es um persönliche Handlungen Dritter geht, die nicht mehr im Unternehmen tätig sind.
Es betont auch die Wichtigkeit der Zumutbarkeit von Maßnahmen zur Durchsetzung von Verpflichtungen und den Schutz ehemaliger Mitarbeiter vor nachträglicher Haftung.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.