Zweifel am Vorliegen eines ernstlichen Testierwillens

Juli 21, 2017

Zweifel am Vorliegen eines ernstlichen Testierwillens

äußere und inhaltlichen Gestaltung

OLG Hamm I-10 W 153/15

Beschluss vom 27.11.2015,

RA und Notar Krau

Das OLG Hamm bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts, den Erbscheinsantrag zurückzuweisen, da Zweifel am ernstlichen Testierwillen der Erblasserin bestanden.

Ungewöhnliche Schreibmaterialien, die äußere und inhaltliche Gestaltung sowie der Aufbewahrungsort der vermeintlichen Testamente sprachen gegen einen ernstlichen Testierwillen.

Sachverhalt:

Nach dem Tod der Erblasserin beantragten deren Tochter (Beteiligte zu 4) und die Kinder ihres vorverstorbenen Sohnes (Beteiligte zu 1 bis 3 und 5) jeweils die Erteilung eines Erbscheins.

Zweifel am Vorliegen eines ernstlichen Testierwillens

Die Beteiligten zu 1 und 3 legten zwei Schriftstücke vor, die sie als Testamente der Erblasserin bezeichneten.

Diese Schriftstücke waren auf ungewöhnlichen Materialien verfasst, enthielten Rechtschreibfehler und waren unvollständig formuliert.

Zudem wurden sie an einem ungewöhnlichen Ort aufbewahrt.

Entscheidung:

Das OLG Hamm wies die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 3 gegen die Zurückweisung ihres Erbscheinsantrags zurück.

Begründung:

  • Ernsthafter Testierwille: Ein Testament ist nur wirksam, wenn der Erblasser bei seiner Errichtung einen ernstlichen Testierwillen hatte, d.h. er muss ernstlich eine rechtsverbindliche Anordnung für seinen Todesfall treffen wollen.
  • Zweifel am Testierwillen: Im vorliegenden Fall ergaben sich Zweifel am ernstlichen Testierwillen der Erblasserin aus folgenden Gründen:
    • Ungewöhnliche Schreibmaterialien: Die Schriftstücke waren auf einem ausgeschnittenen Stück Papier und einem gefalteten Bogen Pergamentpapier verfasst.
      • Äußere und inhaltliche Gestaltung: Die Überschrift enthielt Rechtschreibfehler und die Texte waren unvollständig formuliert, obwohl die Erblasserin der deutschen Sprache mächtig war.
      • Ungewöhnlicher Aufbewahrungsort: Die Schriftstücke wurden in einer Schatulle zusammen mit anderen wichtigen und unwichtigen Unterlagen aufbewahrt.
  • Kein eindeutiger Wille: Die genannten Punkte sprachen gegen einen eindeutigen Willen der Erblasserin, die Schriftstücke als Testamente zu errichten. Es war nicht auszuschließen, dass es sich lediglich um Entwürfe oder Vorüberlegungen handelte.
  • Aufbewahrung und fehlendes abweichendes Testament: Die Aufbewahrung der Schriftstücke und das Fehlen eines abweichenden Testaments konnten den fehlenden Testierwillen nicht ersetzen.

Fazit:

Die Entscheidung des OLG Hamm verdeutlicht, dass bei der Beurteilung der Wirksamkeit eines Testaments der ernstliche Testierwille des Erblassers im Vordergrund steht.

Ungewöhnliche Umstände bei der Erstellung und Aufbewahrung des Testaments können Zweifel am Testierwillen begründen und zur Unwirksamkeit führen.

Zusätzliche Hinweise:

Zweifel am Vorliegen eines ernstlichen Testierwillens

  • Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden den Beteiligten zu 1 und 3 auferlegt.
  • Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen, da es sich um eine Einzelfallentscheidung handelte.
  • Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wurde auf 35.000,00 € festgesetzt.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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