Enterbung Auslegung eines Testaments – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss 10.4.1989 – BReg 1 a Z 72/88

Mai 12, 2020

Enterbung Auslegung eines Testaments – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss 10.4.1989 – BReg 1 a Z 72/88

RA und Notar Krau

Der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 10. April 1989 behandelt die Enterbung eines Verwandten und die Auslegung eines Testaments.

Dabei wird klargestellt, dass sich die Enterbung eines Verwandten in der Regel nicht auf dessen Abkömmlinge erstreckt, es sei denn, der Wille des Erblassers weist im Testament ausdrücklich darauf hin.

In dem vorliegenden Fall wurde der Antrag der Beteiligten zu 1 auf Alleinerbschaft zurückgewiesen und der Erbschein so erteilt, dass sowohl die Beteiligte zu 1 als auch die Beteiligte zu 2 als Miterbinnen zu je zur Hälfte benannt wurden.

Hintergrund des Falls:

Der Erblasser war geschieden und kinderlos, hatte jedoch zwei Schwestern, von denen eine bereits 1978 verstorben war.

Die Beteiligte zu 1 ist die überlebende Schwester des Erblassers, während die Beteiligte zu 2 die Tochter des einzigen Sohnes der verstorbenen Schwester ist.

Nach dem Tod des Erblassers wurden zwei nahezu identische handgeschriebene Testamente gefunden, die im Wesentlichen den Neffen des Erblassers, also den Vater der Beteiligten zu 2, von der gesetzlichen Erbfolge ausschlossen.

Gerichtliche Entscheidungen:

Nachlassgericht: Das Nachlassgericht kündigte zunächst einen Erbschein an, der die Beteiligte zu 1 als Alleinerbin auswies.

Enterbung Auslegung eines Testaments – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss 10.4.1989 – BReg 1 a Z 72/88

Landgericht Memmingen: Die Beteiligte zu 2 legte Beschwerde gegen diesen Beschluss ein, die dazu führte, dass das Landgericht den Vorbescheid aufhob und das Nachlassgericht anwies, einen Erbschein auszustellen, der beide Beteiligten zu je zur Hälfte als Erbinnen ausweist.

Bayerisches Oberstes Landesgericht:

Die Beteiligte zu 1 erhob weitere Beschwerde, die jedoch abgewiesen wurde.

Das Gericht stellte fest, dass die Enterbung des Neffen sich nicht automatisch auf dessen Abkömmlinge erstreckt, sofern nicht im Testament ein anderer Wille des Erblassers deutlich gemacht wird.

Auslegung des Testaments:

Das Testament enthielt lediglich eine negative Verfügung, die den Neffen des Erblassers von der Erbfolge ausschloss, ohne weitere Erbberechtigte zu benennen.

Das Landgericht stellte fest, dass die Abkömmlinge eines enterbten Verwandten in der Regel eigenständig erben, sofern das Testament keine gegenteiligen Hinweise enthält.

Es wurde kein Wille des Erblassers festgestellt, der die Nachkommen des Neffen ebenfalls von der Erbfolge ausschließen wollte.

Enterbung Auslegung eines Testaments – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss 10.4.1989 – BReg 1 a Z 72/88

Diese Entscheidung des Landgerichts wurde vom Bayerischen Obersten Landesgericht bestätigt.


Formgültigkeit des Testaments: Die formgültige Errichtung des Testaments wurde bestätigt, und es wurde festgestellt, dass die beiden Testamente nicht identisch waren.

Willensauslegung: Das Bayerische Oberste Landesgericht berücksichtigte sowohl den Wortlaut des Testaments als auch äußere Umstände, um den tatsächlichen Willen des Erblassers zu ermitteln.

Dabei stellte es fest, dass keine Anhaltspunkte dafür vorhanden waren, dass der Erblasser auch die Nachkommen des Neffen von der Erbfolge ausschließen wollte.

Fazit:

Der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts verdeutlicht, dass die Enterbung eines nahen Verwandten nicht automatisch die Nachkommen umfasst, es sei denn, der Erblasser hat dies im Testament ausdrücklich festgelegt.

In diesem Fall wurde entschieden, dass die Beteiligte zu 2 als Enkelin des ursprünglichen Erbberechtigten ebenfalls zur Hälfte erbt.

Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer klaren Formulierung im Testament, um den wirklichen Willen des Erblassers zweifelsfrei zu dokumentieren.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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