Das Testament

§ 1937 BGB
Der Erblasser kann durch einseitige Verfügung von Todes wegen (Testament, letztwillige Verfügung) den Erben bestimmen.

Das Gesetz gibt dem Einzelnen die Möglichkeit, seine Vermögensnachfolge frei nach seinem Willen zu regeln. Ein dafür gebräuchliches Instrument ist das Testament. Doch was genau ist ein Testament – welche Chancen und Risiken bietet es?

Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, um Ihnen einen ersten Überblick über diese Form der letztwilligen Verfügung von Todes wegen zu geben. Im Mittelpunkt steht hierbei die Aufklärung. Es wird zunächst skizziert, was überhaupt ein Testament ist und sodann wer ein Testament errichten kann. Darauf folgt ein Überblick über die möglichen Testamentsformen verbunden mit einer Darstellung der jeweiligen Vor- und Nachteile. Anschließend werde ich einige Gestaltungsmöglichkeiten erläutern. Schließlich werde ich das Thema Testament mit einer Empfehlung abschließen.

Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, die jedem auf der Zunge brennt:

“Sollte ich ein Testament errichten?”

I. Was ist das überhaupt, ein Testament?
Ein Testament enthält einseitige Erklärungen des Erblassers, kraft derer er Anordnungen über sein Vermögen trifft. Es ist insbesondere nicht empfangsbedürftig. Das heißt ein Testament kann jahrelang in einem Schrank liegen und erst mit dem Tod des Erblassers bekannt werden. Im Rahmen des Gesetzes steht es dem Erblasser grundsätzlich frei, die Vermögensnachfolge seinem Willen entsprechend zu regeln. Die mit dem Testament angeordneten Rechtsfolgen treten allerdings erst mit dem Tod des Erblassers ein. Zu Lebzeiten des Erblassers kann ein Testament noch keine Rechte und Pflichten begründen.

Mit einem Testament können alle durch das Erbrecht möglichen Anordnungen und Verfügungen getroffen werden. Diese sind Auflagen, die Erbeinsetzung, die Anordnung der Testamentsvollstreckung, Teilungsanordnungen, das Vermächtnis oder sonstige Anordnungen.

Das Gesetz stellt verschiedene Testamentsformen zur Verfügung: das öffentliche Testament § 2232 BGB, das eigenhändige Testament § 2247 BGB, das ordentliche Testament § 2231 BGB, das außerordentliche Testament §§ 2249 – 2251 BGB und die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments § 2265 BGB.

Durch ein Testament soll dem Erblasser die Möglichkeit gegeben werden sein Vermögen – abweichend von der gesetzlichen Erbfolge – nach seinem Willen zu verteilen. Er kann hier die gesetzlichen Vorgaben durch seine eigenen Vorstellungen ersetzen und die Verteilung seines Vermögens eigenverantwortlich bestimmen. Eine solche eigenverantwortliche Bestimmung kann durch eine Verfügung von Todes wegen nach § 1937 BGB oder durch den Abschluss eines Erbvertrages nach § 1941 BGB erfolgen.
II. Wer kann ein Testament errichten?
Grundlegende Voraussetzung zur Errichtung eines wirksamen Testaments ist die Testierfähigkeit des Erblassers. Die Testierfähigkeit ist die Fähigkeit ein Testament zu errichten, zu ändern oder aufzuheben. Sie fußt in dem Grundsatz der Testierfreiheit, wonach der Erblasser nach freiem Ermessen über sein Vermögen verfügen kann. Die Testierfreiheit – als ein Bestandteil der Erbrechtsgarantie – ist verfassungsrechtlich verankert und untersteht dem Schutz des Art. 14 I 1 GG. Sie umfasst das Recht auf Bestimmung der Vermögensnachfolgers, auf rechtliche und wirtschaftliche Aufteilung des Vermögens, auf Vornahme sonstiger testamentarischer Verfügungen und auf Einsetzung mehrerer Erben und Bestimmung ihrer Anteile.

Nach § 2229 I BGB ist eine Person erst mit der Vollendung des 16. Lebensjahres testierfähig. Eine jüngere Person ist also testierunfähig und kann kein Testament errichten. Ein solch testierfähiger Minderjähriger – also eine Person die zwischen 16 und 18 Lebensjahre alt ist – kann nach § 2233 I BGB allerdings nur wirksam ein öffentliches Testament durch mündliche Erklärung vor einem Notar oder Übergabe einer offenen Schrift errichten. Im Übrigen ergibt sich die Testierfähigkeit aus § 2229 IV BGB. In diesem Sinne kann derjenige, welcher wegen einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit, wegen einer Geistesschwäche oder wegen einer Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm ab gegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, kein Testament errichten. Konkret muss sich der Erblasser über die Tragweite seiner Anordnungen und ihrer Auswirkungen für die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aller betroffenen Personen ein klares Urteil bilden können. Er muss fähig sein, frei von Einflüssen Dritter zu entscheiden und insbesondere auch eine Abwägung der Gründe, die für und gegen seine Verfügungen sprechen, durchführen zu können. Wichtig ist hierbei, dass die Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments gegeben sein muss. Die Mitwirkung Dritter führt nicht zum Fehlen der Erforderlichen Einsichtsfähigkeit, wenn die Entscheidung zur Umsetzung von Vorschlägen bewusst und kraft eigenen Entschlusses des Erblassers erfolgt. Auch die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 BGB wirkt sich nicht auf die Testierfähigkeit des Betreuten aus. Aus der Betreuungsbedürftigkeit allein kann und darf nicht auf eine Testierunfähigkeit geschlossen werden. Es besteht für den Betreuten insoweit die Vermutung der vollen Testierfähigkeit.

Einzelfälle: Testierunfähigkeit bei Geistesstörung, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung

Eine besondere Bedeutung kann die Testierfähigkeit erlangen, wenn die testierende Person von einer Krankheit betroffen ist. Diese Fälle erfasst der § 2229 IV BGB. Demnach ist der Testierer testierunfähig, wenn er im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit unterliegt, einer Bewusstseinsstörung unterliegt oder geistesschwach ist und deswegen unfähig ist, die Bedeutung der von ihm abgegebenen Willenserklärung zu verstehen und nach dieser Einsicht zu handeln.

1. Geistesstörung oder Geistesschwäche

Von einer Geistesstörung oder einer Geistesschwäche werden alle zumindest vorübergehend bestehenden geistig-seelischen Anomalien von einigem Gewicht erfasst. Es ist insbesondere kein Dauerzustand erforderlich. Der Zustand des Betroffenen muss bewirken, dass dieser seine Angelegenheiten nicht mehr selbstständig zu besorgen vermag. Dafür ist allerdings noch nicht bloß eine unkluge oder kurzsichtige Handlungsweise ausreichend. Ebenso wenig die bloß ungenügende Erkenntnis der rechtlichen und wirtschaftlichen Tragweite des Erklärten. Auch die bloße Willensschwäche oder leichte Beeinflussbarkeit reicht nicht aus, solange sich die Einflüsse noch in einem nachvollziehbaren Rahmen auf die Handlungen des Erklärenden auswirken. Auch ein hoher Grad an Psychopathie, querulatorischer Veranlagung oder sonstige abnormale Persönlichkeitsstrkturen können nicht ohne weiteres eine Testierunfähigkeit begründen. Aus einer Rauschgiftsucht kann zumindest im Regelfall nicht auf die Testierunfähigkeit geschlossen werden.

Beispiele in denen eine Testierunfähigkeit wegen Geistesschwäche oder Geistesstörung angenommen werden kann: arteriosklerotische Demenz, Demenz bei Parkinson-Syndrom, Demenz vom Alzheimer Typ, senile Demenz, Schwachsinn, hirnorganische Syndrome, Depressionen mit manischen Vorstellungen während der manischen Phase, paranoide Wahnvorstellungen, krankhafte Eifersucht, schizophrenieartige Psychosen, psychotische Wahnvorstellungen

Bei einer Altersdemenz besteht die Möglichkeit die Testierfähigkeit aufgrund der Gesamtverfassung und des Gesamtbildes der Person zur Zeit der Testamentserrichtung im Einzelfall zu bejahen. Wichtig ist insofern noch, dass normale Alterserscheinungen, wie etwa Vergesslichkeit, die Testierfähigkeit nicht ausschließt.

2. Bewusstseinsstörung

Die Bewusstseinsstörung i.S.v. § 2229 IV BGB entspricht der Bewusstlosigkeit nach § 105 II BGB. Allerdings ist nicht erforderlich, dass die Sinnestätigkeit eingestellt ist und das Bewusstsein für die Außenwelt komplett fehlt. Eine erhebliche Bewusstseinstrübung genügt, um in einem solchen Fall eine Testierunfähigkeit anzunehmen. Dabei ist ausschlaggebend, ob die jeweilige Person noch den Inhalt und das Wesen der eigenen Handlung erkennen kann oder dies eben durch die Bewusstseinstrübung – zumindest in eine bestimmte Richtung – ausgeschlossen wird. Maßgeblich ist also, ob das Bewusstsein der Person in einer Art und Weise getrübt ist, als dass sie die Bedeutung der eigenen Handlungen nicht erkennen kann. Auch eine Gedächtnisschwäche ist nicht mit einer Bewusstseinstrübung gleichzusetzen. Sollte der Erblasser auch bei einer vorliegenden Merkfähigkeitsstörung in der Lage sein, sachlich zu denken und seine Handlungen zu beurteilen, so kann auch die Testierfähigkeit noch gegeben sein.

Beispiele in denen eine Bewusstseinsstörung mit der Folge der Testierunfähigkeit angenommen werden kann: Volltrunkenheit, Drogeneinfluss, hochgradiges Fieber, nervöse Erschöpfung, Hypnose, Suggestion, manische und depressive Phasen und auch epileptische Anfälle.

Dennoch kann auch eine in einem Zustand der Bewusstseinsstörung errichtete Verfügung von Todes wegen später – bei klarem Bewusstsein – genehmigt werden.

3. Sonderfall: wechselnde Zustände

Es gibt Fälle, in denen wechselt der Zustand des Erblassers von Testierunfähig zu Testierfähig. Das heißt die Störung der Geistestätigkeit kann nur vorübergehend sein. Der Jurist bezeichnet diese Momente als lichten Augenblick (lucidum intervallum). In solchen lichten Augenblicken ist eine Testamentserrichtung möglich. Problematisch für die Praxis ist, dass dieser Zustand des lichten Augenblicks nachgewiesen werden muss. Ein solcher Nachweis ist nur schwer zu erbringen. Dennoch gibt es die Möglichkeit ein nervenärztliches Sachverständigengutachten einzuholen, um den lichten Augenblick zu bestätigen.

4. Beurteilung der Testierfähigkeit

Doch wer beurteilt nun die Testierfähigkeit? Dem Grunde nach wird die Testierfähigkeit durch das Nachlassgericht beurteilt. Das Nachlassgericht führt eine Ermittlung von Amts wegen – d.h. es ermittelt von sich aus, ohne weitere einleitende Maßnahmen – sollte der beurkundende Notar seine Zweifel an der Testierfähigkeit des Testierenden in einem Vermerk zum Testament zum Ausdruck gebracht haben. Es können insofern Akten aus früheren Entmündigungs- oder Vormundschaftsverfahren als Grundlage für die Entscheidung herbeigezogen werden. Diese sind für das Betreuungsgericht allerdings nicht bindend.

Es gibt immer wieder Fälle, in denen versuchen Erben oder Angehörige nach dem Tod des Erblassers Einsicht in die Krankenakten zu erhalten, um Anhaltspunkte über die Testierfähigkeit des Erblassers zu erfahren. Allerdings gibt es zum Einsichtsrecht der Erben weder eine einheitliche Rechtsprechung, noch wird seitens der Nachlassgerichte einheitlich verfahren. Der BGH hat den Erben und den Angehörigen kein eigenständiges Einsichtsrecht zugesprochen, sondern geht nur von einem von dem Verstorbenen abgeleiteten Einsichtsrecht aus. Schließlich steht dem Einsichtsrecht der Erben die ärztliche Schweigepflicht und der auch postmortal – d.h. nach dem Tode – bestehende Persönlichkeitsschutz des Verstorbenen entgegen. Allerdings ist es möglich, bereits in Vorsorgevollmachten oder in dem Testament selbst eine Entbindung von der Schweigepflicht aufzunehmen. Es kann auch im Nachlassverfahren versucht werden, Einsicht in die Krankenakten zu erhalten oder eben den behandelnden Arzt als sachverständigen Zeugen anzuhören.

5. Schranken der Testierfreiheit

Der Grundsatz der Testierfreiheit unterliegt allerdings auch gesetzlichen Grenzen. Seine praktisch bedeutsamste Grenze findet die Testierfreiheit in dem Pflichtteilsrecht nach §§ 2303 ff. BGB. Im Sinne des Pflichtteilsrechts soll den nächsten Angehörigen ein gewisser Mindestanteil am Vermögen gesichert werden.

Eine weitere Schranke findet die Testierfreiheit in den §§ 134, 138 BGB. Demnach kann eine Verfügung von Todes wegen in besonderen Ausnahmefällen sittenwidrig sein. Erforderlich dafür ist, dass die Verfügung von Todes wegen gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden verstößt. Ein früher häufiger Fall einer sittenwidrigen Verfügung von Todes wegen war das sogenannte Geliebtentestament.

Beispiel: Der verheiratete Vater zweier Kinder setzt seine langjährige Geliebte als Alleinerbin seines beträchtlichen Vermögens ein.

Die frühere Rechtsprechung hat die Sittenwidrigkeit in einem solchen Fall bejaht, weil zwischen dem Erblasser und der Geliebten ein außereheliches Lebensverhältnis bestand. In der Folge war diese letztwillige Verfügung sittenwidrig und damit nichtig. Weil das Testament somit nichtig war, wurde das Vermögen anhand der gesetzlichen Erbfolge verteilt. Nach der heutigen Rechtsprechung wird ein solches Geliebtentestament wohl nur noch dann sittenwidrig sein, wenn es dem ausschließlichen Zweck dient, geschlechtliche Hingabe zu belohnen oder zu fördern. Weil hier ein strenger Beweismaßstab angelegt wird, ist die Sittenwidrigkeit von Geliebtentestamenten allerdings kaum noch von praktischer Bedeutung.

Sollte der Erblasser allerdings in einem Testament eine der Familie bis dato unbekannte Geliebte begünstigen, ist es empfehlenswert anwaltliche Beratung herbeizuziehen.

Die Testierfreiheit findet eine weitere Schranke in gewissen Potestativbedingungen. Potestativbedingungen sind Bedingungen, deren Eintritt oder Nichteintritt von dem Willen des Bedachten abhängt.

Beispiel für eine unzulässige Potestativbedingung: Der Erblasser A setzt seinen Sohn B, unter der Bedingung, dass der die F heiratet, als Erben ein.

Eine solche Potestativbedingung wäre sittenwidrig, weil die Bestimmung zur Heirat nach deutschem Recht sittenwidrig ist.
III. Welche Testamentsformen gibt es?
Zu den Testamentsformen erfahren Sie hier mehr.

IV. Welche besonderen Gestaltungsmöglichkeiten gibt es?
Zu den besonderen Gestaltungsmöglichkeiten und ob diese für Sie in Frage kommen, erfahren Sie hier.
V. Fazit?
Im Rahmen der obigen Ausführungen wird zunächst eines klar: Es gibt eine gar unglaubliche Bandbreite von Instrumenten, welche das Erbrecht zur Gestaltung eines Testaments bietet. Durch die Verknüpfung der unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten wird das Repertoire sogar noch vergrößert. Dies bietet dem Einzelnen zunächst Chancen zur optimalen Gestaltung der Vermögensverteilung nach seinem Tod. Mit dieser enormen Bandbreite von Gestaltungsmöglichkeiten geht gleichfalls bei ungenauer/oberflächlicher Gestaltung ein erhebliches Risikopotential und Risiko einher.

Die Frage die sich nun jeder stellt ist: „Muss ich ein Testament errichten?“. Eingangs ist dazu zu sagen, dass die gesetzliche Erbfolge nach dem BGB ein ordentliches und auch gerechtes System darstellt, welches nicht unbedingt die Notwendigkeit einer Testamentserrichtung begründet. Dennoch ist gleichfalls zu betonen, dass das gesetzliche Erbrecht einheitlich ist. Das heißt die konkreten Umstände des Einzelfalls werden nicht mit einbezogen. In einer pluralistischen Gesellschaft wie der in Deutschland ist jeder Erbfall grundverschieden. Dem juristischen Laien empfehle ich somit zunächst sich über die gesetzliche Erbfolge zu informieren. Insbesondere das geltende Pflichtteilsrecht ist von Bedeutung. Im Zuge dessen erkennt man sehr schnell, ob die gesetzlichen Bestimmungen von den eigenen Vorstellungen abweichen. Auch – und gerade – wenn man die Teils durchaus komplizierten Regelungen nicht versteht, sollte die Lage klar sein: Es ist fachliche Beratung hinzuzuziehen.

Sollte der Wille des Erblassers auf eine anderweitige Erbeinsetzung gerichtet sein, so empfehle ich jedem dringendst ein Testament zu errichten. Weiter kann durch ein Testament auch sichergestellt werden, dass ein bestimmter Besitz an einen bestimmten Erben geht. Somit steht gerade die Verteilung des Nachlasses einen Ausschlaggebenden Grund für die Errichtung eines Testaments dar. Insbesondere können auch Personen am Nachlass beteiligt werden, welche nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht zu Erben berufen wären. Beispiele hierfür wären etwa Lebensgefährten oder auch Freunde.

Dem Grunde nach ist die Errichtung eines Testaments für jeden sinnvoll, der Vermögen hat oder Vermögen erwartet. Es kann nie verkehrt sein, für den Ernstfall vorzusorgen und seine Angehörigen mit der Erbauseinandersetzung nicht noch zusätzlich zu belasten. Im Zuge dessen dient ein Testament auch gerade der Vermeidung von Konflikten in der Verwandtschaft. Ein Streit über das Erbe kann die Familie in erheblichem Maße belasten. Sollte der Erblasser ein Testament errichtet haben und die genaue Verteilung seines Nachlasses entsprechend geregelt haben, so ist dem ein erhebliches Konfliktpotential genommen worden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Einsparung von Erbschaftssteuer. In Deutschland muss eine jede Erbschaft besteuert werden. Dennoch gewährt der Gesetzgeber hier bestimmten Personen Freibeträge. Durch die richtige testamentarische Gestaltung können Steuern in nicht nur geringem Umfang eingespart werden.

Die Pflichtteilsstrafklausel und die Jastrowsche Klausel

Die Jastrowsche Klausel oder Jastrowsche Formel ist eine Strategie im deutschen Erbrecht, um Pflichtteilsansprüche zu begrenzen. Sie wird in gemeinschaftlichen Testamenten oder Erbverträgen verwendet, um sicherzustellen, dass Abkömmlinge, die den Pflichtteil fordern, letztendlich weniger erben. Damit soll verhindert werden, dass die Abkömmlinge nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils überhaupt den Pflichtteil fordern.

Die Geltendmachung des Plichtteils durch Abkömmlinge nach dem Tod des ersten Elternteils kann den überlebenden Ehegatten oftmals in arge Nöte bringen. Ein Beispiel:

Der Vater stirbt, hinterlässt 2 Söhne und die Ehefrau. Aufgrund eines Berliner Testaments wird die Ehefrau Alleinerbin. Es gibt ein teures Haus, aber wenig Geld. Sohn 1 macht den Pflichtteil nach dem Vater geltend. Die Witwe hat nicht die Mittel, um den Pflichtteil zu bezahlen. Einen Kredit bekommt sie in ihrem vorgerückten Alter nicht mehr. Die Witwe muss das Haus in einem Notverkauf veräußern. Dagegen können die Pflichtteilsstrafklausel oder die Jastrowsche Klausel helfen. Die allgemeine Pflichtteilstrafklausel funktioniert bereits nach dem Motto: „Zuckerbrot und Peitsche“: Der Abkömmling, der nach dem Tod des ersten Elternteils die Füße stillhält und keinen Pflichtteil geltend macht, wird dadurch belohnt, daß er nach dem Tod des überlebenden Elternteils Erbe des ganzen Nachlasses wird. Der Abkömmling dagegen, der nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils bereits seinen Pflichtteil fordert, wird dadurch bestraft, daß er nach dem Tod des überlebenden Elternteils enterbt wird, also nur den Pflichtteil, also nur die Hälfte erhält.

Die Jastrowsche Klausel ist eine qualifizierte Pflichtteilsstrafklausel. Jastrow legt zur allgemeinen Pflichtteilstrafklausel „noch eine Schippe drauf“:

Derjenige Abkömmling, der nach dem Tod des ersten Elternteils keinen Pflichtteil geltend gemacht hat, erhält nach dem Tod des längstlebenden Elternteils zusätzlich zu dem Erbe auch noch ein Vermächtnis, welches auf den Tod des ersten Elternteils ausgesetzt und nach dem Tod des 2. Elternteils fällig wird. Der andere Abkömmling wird enterbt und muß beim Pflichtteil auch noch die Minderung des Nachlasses durch das Vermächtnis gegen sich gelten lassen. Jeder Abkömmling wird sich zweimal überlegen, ob er nach Eröffnung des Testaments und Lektüre der Klauseln dann immer noch seinen Pflichtteil geltend machen will, denn er bestraft sich letztlich selbst.

Fehlen die Klauseln dagegen in der letztwilligen Verfügung, dann wird der „gierige“ Abkömmling, der den Pflichtteil nach dem erstversterbenden Elternteil geltend macht, gegenüber dem „braven“ Abkömmling, der „die Füße stillhält“ einseitig bevorteilt, ohne dass es eine Sanktion gibt.

Die Dieterle Klausel

Gemäß § 2065 Abs. 2 BGB kann der Erblasser nicht einem anderen die Bestimmung des Bedachten und des Gegenstands der Zuwendung überlassen, jedoch kann er eine Bedingung festlegen, deren Eintritt vom Willen des Bedachten oder eines Dritten abhängt (§§ 2074, 2075 BGB). Eine testamentarische Regelung, bekannt als “Dieterle-Klausel”, die die Nacherben als diejenigen Personen bestimmt, die der Vorerbe als seine eigenen Erben einsetzt, wurde bislang wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Drittbestimmungsverbot des § 2065 Abs. 2 BGB kritisiert. Das Kammergericht (KG) hat jedoch entschieden, dass diese Klausel zwar nahe an eine unzulässige Drittbestimmung herankommt, aber letztendlich eine mittelbare Bestimmung der Nacherben durch den Vorerben darstellt, was zulässig ist. Trotz früherer Bedenken ist die Klausel aufgrund dieser neuen Rechtsprechung wieder anwendbar. Es wird jedoch empfohlen, für den Fall der Unwirksamkeit eine ausdrückliche Ersatznacherbeinsetzung vorzusehen, bis die Rechtslage endgültig geklärt ist. Die Dieterle-Klausel ermöglicht somit eine flexible testamentarische Gestaltung, sollte aber mit Vorsicht verwendet werden, bis ihre Wirksamkeit endgültig bestätigt ist.

Die Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO)

Die Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) gilt seit dem 17. August 2015 in allen EU-Mitgliedstaaten außer Irland und Dänemark. Sie betrifft Erbfälle mit Auslandsbezug und regelt Fragen des anwendbaren Erbrechts, der internationalen Zuständigkeit und die Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses. Das Europäische Nachlasszeugnis dient als grenzüberschreitender Nachweis der Erbenstellung. Es erleichtert die Nachlassabwicklung im Ausland, ersetzt jedoch nicht nationale Erbnachweise wie den deutschen Erbschein.

Die EU-ErbVO soll die Nachlassplanung für Erblasser vereinfachen und die Nachlassabwicklung für Erben beschleunigen. Sie folgt dem Konzept “ein Erbfall, ein Gericht, ein Recht, ein Europäisches Nachlasszeugnis”, wodurch ein Erbfall vor den Gerichten eines Staates nach dessen Recht abgewickelt wird. Besonders bedeutend ist die Regelung zum anwendbaren Recht. Statt des Heimatrechts gilt nun das Recht des Staates des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers. Eine Rechtswahl zugunsten des Heimatrechts ist möglich. Die EU-ErbVO gewährt Bestandsschutz für vor dem 17. August 2015 getroffene Rechtswahlen und Verfügungen von Todes wegen.

Die internationale Zuständigkeit für Entscheidungen in Erbsachen liegt grundsätzlich bei den Gerichten des Staates des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers. Durch eine Gerichtsstandsvereinbarung kann jedoch die Zuständigkeit des Heimatstaats des Erblassers begründet werden. Die EU-ErbVO führt das Europäische Nachlasszeugnis ein, das als einheitlicher Nachweis der Erbenstellung grenzüberschreitend gültig ist. Es erleichtert die Nachlassabwicklung, ohne nationale Erbnachweise zu ersetzen. Staatsvertragliche Regelungen wie das Deutsch-Türkische Nachlassabkommen bleiben unberührt. Eine Rechtswahl zugunsten des Heimatrechts ist empfehlenswert, um Unsicherheiten zu vermeiden. Für Erblasser ist es wichtig, frühzeitig die eigene Nachlassplanung zu überdenken und gegebenenfalls eine Rechtswahl zu treffen. Alte Testamente und Erbverträge sollten auf ihre Wirksamkeit und Anpassung an die EU-ErbVO geprüft werden, insbesondere bei Auslandsbezug.

Bindungswirkung von Erbverträgen

Erbverträge sind besondere Vereinbarungen, die Erblasser mit potenziellen Erben treffen können. Die Hauptbesonderheit liegt in ihrer Bindungswirkung, die späteren widersprüchlichen Verfügungen, wie Erbeinsetzungen oder Vermächtniszuwendungen, entgegensteht. Diese Bindung tritt bereits mit dem Abschluss des Vertrags ein und kann nicht einseitig geändert werden. Im Gegensatz zum gemeinschaftlichen Testament, bei dem ein gewillkürter Widerruf einseitig zu Lebzeiten des anderen Ehegatten jederzeit noch möglich ist, ist dies beim Erbvertrag nicht der Fall.

Es können jedoch Rücktrittsrechte im Erbvertrag ausdrücklich vorbehalten werden. Dies entwertet dann natürlich die Bindungswirkung. Der Erbvetrag bedarf immer der notariellen Beurkundung.

Der notwendige Inhalt eines Erbvertrags umfasst mindestens eine erbrechtlich bindende Verfügung. Es gibt jedoch gesetzliche Grenzen für die Bindungswirkung. So berührt der Erbvertrag nicht das Recht des Erblassers, über sein Vermögen zu Lebzeiten frei zu verfügen. Vor dem Erbfall hat der Bedachte keine übertragbare Rechtsposition, und stirbt er vor dem Erbfall, wird die erbvertragliche Verfügung gegenstandslos. Es besteht jedoch die Möglichkeit, durch einen klassischen schuldrechtlichen Verfügungsunterlassungsvertrag diese Bindung aufrechtzuerhalten.Zusätzlich können beeinträchtigende Schenkungen des Erblassers, die den Zweck des Erbvertrages beeinträchtigen, nach dem Todesfall zu einem Herausgabeanspruch führen.

Die Auslegung eines Erbvertrags erfolgt anhand des Wortlauts und des mutmaßlichen Bindungswillens des Erblassers („Wie weit wollte er sich tatsächlich binden?“). Dabei sind die Grundsätze der Wechselbezüglichkeit anwendbar („War die Verfügung wechselbezüglich, dann ist im Zweifel Bindung gewünscht“). Insgesamt dient die Bindungswirkung des Erbvertrags dem Schutz der letztwilligen Verfügung des Erblassers und stellt sicher, dass diese respektiert wird. Dennoch gibt es rechtliche Grenzen und Möglichkeiten, diese Bindung zu beeinflussen oder aufzuheben, die im Rahmen des Erbrechts zu beachten sind.

Fazit:
Wenn der letzte Wille „in Blei gegossen“ werden soll, möglichst unabänderbar gestaltet werden und möglichst viele Beteiligten an die erbrechtlichen Regelungen gebunden werden sollen, dann ist der notarielle Erbvertrag dem gemeinschaftlichen Testament stets vorzuziehen!

Testierfähigkeit

Die Testierfähigkeit, also die Fähigkeit, ein rechtsgültiges Testament zu errichten, ist eng mit der Geschäftsfähigkeit verbunden. Grundsätzlich gilt, dass jede geschäftsfähige Person auch testierfähig ist. Allerdings gibt es Ausnahmen gemäß § 2229 BGB, die festlegen, dass eine Person trotz fehlender Geschäftsfähigkeit testierfähig sein kann.

Für Minderjährige, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht in der Regel Testierunfähigkeit. Sie können kein gültiges Testament errichten, selbst nicht mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters. Sollte ein Minderjähriger dennoch ein Testament errichten, wird dieses erst mit Vollendung des 16. Lebensjahres durch eine formlose Bestätigung gültig. Mit Vollendung des 16. Lebensjahres ist ein Minderjähriger grundsätzlich testierfähig, allerdings unterliegt die Form der Testamentserrichtung gewissen Einschränkungen gemäß § 2247 Abs. 4 BGB.

Ab dem 18. Lebensjahr tritt uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit ein, sodass keine Altersbeschränkungen mehr für die Testierfähigkeit gelten. Allerdings kann eine Person aufgrund von geistigen Einschränkungen wie krankhafter Geistesstörung oder Bewusstseinsstörungen testierunfähig sein. In diesem Fall ist die Testierunfähigkeit nur zum Zeitpunkt der Testamentserstellung relevant. Bei Demenzerkrankungen ist die Frage der Testierfähigkeit komplexer und erfordert eine umfassende Beurteilung des Gesamtverhaltens und der Persönlichkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserstellung. Äußere Merkmale wie Orientierungsverlust, Stimmungsschwankungen und die Fähigkeit zur Selbstversorgung können Hinweise auf eine Testierunfähigkeit geben.

Die gerichtliche Anordnung eines Betreuungsverhältnisses allein steht der Testierfähigkeit nicht grundsätzlich entgegen, jedoch müssen die Gründe für die Betreuung berücksichtigt werden. Personen, die vor dem 1. Januar 1992 entmündigt wurden, bleiben von dieser Regelung unberührt.

Um die Testierunfähigkeit zu widerlegen, müssen konkrete Lebensumstände oder Verhaltensauffälligkeiten des Erblassers dargelegt werden. Die Beweislast liegt bei der Person, die sich auf die Testierunfähigkeit beruft. Insgesamt ist die Frage der Testierfähigkeit komplex und erfordert eine sorgfältige Prüfung der individuellen Umstände im Einzelfall.

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