anzuwendendes Recht für Auslegungsregel BGB § 2270 II bei Wechselbezüglichkeit der Verfügungen – KG Berlin 1 W 1573/82

Dezember 1, 2020

anzuwendendes Recht für Auslegungsregel BGB § 2270 II bei Wechselbezüglichkeit der Verfügungen – KG Berlin 1 W 1573/82

RA und Notar Krau

1. Zur Frage des anzuwendenden Rechts, soweit es nach der Auslegungsregel des BGB § 2270 Abs 2 für die Wechselbezüglichkeit der Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament darauf ankommt,

ob die bedachte Person mit dem anderen Ehegatten verwandt ist, wenn interlokales Privatrecht in Betracht kommt und sich das Verwandtschaftsrecht (Adoptionsrecht) seit der Testamentserrichtung geändert hat.

2. Der Begriff der „nahestehenden Person“ in BGB § 2270 Abs 2 ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auszulegen und kann sich daher nicht auf Personen erstrecken,

die im Zeitpunkt der Testamentserrichtung noch nicht geboren oder dem Erblasser sonst noch unbekannt waren.

Für die Entscheidung der Frage, ob ein die Anwendung der Auslegungsregel des BGB § 2270 Abs 2 rechtfertigendes Verwandtschaftsverhältnis besteht,

ist das am Wohnort der testierenden Eheleute geltende Recht anzuwenden.

anzuwendendes Recht für Auslegungsregel BGB § 2270 II bei Wechselbezüglichkeit der Verfügungen – KG Berlin 1 W 1573/82

Maßgebend dafür ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Testamentserrichtung oder allenfalls diejenige beim Tode des Ehegatten,

dessen Verfügung die Bindungswirkung für den überlebenden Ehegatten herbeiführen würde.

Wechselbezüglichkeit und Bindungswirkung sind zwei zentrale Begriffe im deutschen Erbrecht, die insbesondere bei gemeinschaftlichen Testamenten von Ehegatten relevant sind.

Sie regeln die Frage, inwieweit ein Erblasser nach dem Tod des anderen Ehegatten noch an seinen testamentarischen Verfügungen festhalten muss.

Wechselbezüglichkeit:

  • Verknüpfung von Verfügungen: Wechselbezügliche Verfügungen sind solche, die miteinander in einem so engen Zusammenhang stehen, dass anzunehmen ist, der Erblasser hätte die eine Verfügung nicht ohne die andere getroffen (§ 2270 Abs. 1 BGB).
  • Typische Fälle: Häufig liegt Wechselbezüglichkeit vor bei:
    • Gegenseitigen Erbeinsetzungen (die Ehegatten setzen sich gegenseitig als Erben ein)
    • Schlusserbeneinsetzungen (die Ehegatten bestimmen einen Dritten zum Erben nach dem Tod des Letztversterbenden)
  • Auslegung: Ob Wechselbezüglichkeit vorliegt, ist durch Auslegung des Testaments zu ermitteln. Dabei kommt es auf den Willen der Ehegatten zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung an.

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Bindungswirkung:

  • Beschränkung der Testierfreiheit: Wechselbezügliche Verfügungen sind grundsätzlich bindend. Das bedeutet, dass der überlebende Ehegatte diese Verfügungen nicht mehr einseitig ändern oder widerrufen kann (§ 2271 Abs. 2 BGB).
  • Schutz des gemeinsamen Willens: Die Bindungswirkung dient dazu, den im gemeinschaftlichen Testament zum Ausdruck gekommenen Willen beider Ehegatten zu schützen.
  • Ausnahmen: Die Bindungswirkung entfällt in bestimmten Ausnahmefällen, z.B.:
    • Widerruf durch gemeinschaftliches Testament
    • Einseitiger Widerruf bei Vorliegen eines wichtigen Grundes
    • Genehmigung des Widerrufs durch den anderen Ehegatten

Beispiel:

Ehegatten A und B setzen sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Erben ein und bestimmen ihren Sohn C zum Schlusserben.

Nach dem Tod von A kann B das Testament nicht mehr ändern und C enterben.

Die Erbeinsetzung von B und die Schlusserbeneinsetzung von C sind wechselbezüglich und daher bindend.

Bedeutung:

Wechselbezüglichkeit und Bindungswirkung haben große praktische Bedeutung, da sie die Testierfreiheit des überlebenden Ehegatten einschränken.

Sie gewährleisten aber auch, dass der gemeinsame Wille der Ehegatten respektiert wird.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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