Auslegung einer Gleichzeitigkeits- oder Katastrophenklausel – OLG Schleswig 3 Wx 29/22

Juli 21, 2023

Auslegung einer Gleichzeitigkeits- oder Katastrophenklausel – OLG Schleswig 3 Wx 29/22 gemeinschaftliches Ehegattentestament

Zusammenfassung RA und Notar Krau:

Das Oberlandesgericht Schleswig entschied über die Auslegung einer sogenannten Gleichzeitigkeits- oder Katastrophenklausel in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament.

Das zentrale Problem liegt in der Frage, ob die Klausel eine allgemeine Schlusserbenbestimmung darstellt oder lediglich für den Fall des gleichzeitigen bzw. kurz aufeinander folgende Todes der Ehegatten gilt.

Im Mittelpunkt steht die Auslegung der Formulierung, dass die Eheleute für den Fall des „gleichzeitigen oder so nacheinander erfolgenden Versterbens,

dass weitere Verfügungen nicht möglich sind“, eine Erbeinsetzung getroffen hatten

Die Beschwerdeführerin, die im Testament als Erbin für diesen besonderen Fall genannt wurde, argumentierte, dass diese Klausel auch für jeden anderen Todesfall gelte und die überlebende Ehefrau daran gebunden sei, das Testament nicht mehr zu ändern.

Sie beantragte daher, einen sie begünstigenden Erbschein zu erteilen.

Das Nachlassgericht lehnte diesen Antrag ab, woraufhin die Beschwerdeführerin Beschwerde einlegte.

Auslegung einer Gleichzeitigkeits- oder Katastrophenklausel – OLG Schleswig 3 Wx 29/22

Das OLG Schleswig bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts und wies die Beschwerde zurück.

Das Gericht entschied, dass die Klausel im Testament nicht als allgemeine Schlussbestimmung verstanden werden kann.

Die Formulierung bezieht sich eindeutig nur auf den Fall des gleichzeitigen oder so kurz nacheinander erfolgenden Todes, dass der Überlebende keine Möglichkeit mehr habe, ein neues Testament zu errichten.

Da die Erblasserin nach dem Tod ihres Ehemannes noch fast zwei Jahrzehnte lebte und neue Testamente errichtete, war sie nicht an die frühere Erbeinsetzung gebunden.

Das OLG betont, dass der Wortlaut des Testaments keinen Raum für eine allgemeine Schlusserbenregelung lasse.

Die Erblasser hatten sich bewusst nur für den Ausnahmefall des gleichzeitigen oder kurz aufeinanderfolgenden Todes eine Verfügung getroffen

und dem überlebenden Ehepartner die Freiheit gelassen, später über den Nachlass zu verfügen.

Eine Bindung an das frühere Testament trat daher nicht ein.

Auslegung einer Gleichzeitigkeits- oder Katastrophenklausel – OLG Schleswig 3 Wx 29/22

Zudem wurde klargestellt, dass eine solche Bindungswirkung gemäß § 2270 BGB nur dann entsteht, wenn im Testament deutlich zum Ausdruck kommt,

dass die Eheleute dies gewollt haben, was im vorliegenden Fall nicht gegeben war

Auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann im Testament als Testamentsvollstrecker benannt wurden, führte nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer anderen Bewertung.

Diese Ernennung begründet keine Erbeinsetzung und deutet auch nicht auf eine allgemeine Schlusserbenregelung

Das Gericht wies darüber hinaus auf die Behauptung der Beschwerdeführerin zurück, dass spätere Aussagen der Erblasserin zur Schlusserbeneinsetzung die Formwirksamkeit des früheren Testaments beeinflussen könnten.

Solche Äußerungen hatten keine Auswirkungen auf die Testierfähigkeit oder den ursprünglichen Testamentstext, der für die Entscheidung ausschlaggebend war

Insgesamt kam das OLG zu dem Schluss, dass die Erblasserin nach dem Tod ihres Ehemannes nicht an die früheren testamentarischen Verfügungen gebunden war und das Testament von 1995 keine allgemeine Schlusserbeneinsetzung beinhaltete.

Die Beschwerde wurde abgewiesen, und die Kosten des Verfahrens wurden der Beschwerdeführerin auferlegt

Auslegung einer Gleichzeitigkeits- oder Katastrophenklausel – OLG Schleswig 3 Wx 29/22

Inhaltsverzeichnis:

I. Einleitung

A. OLG Schleswig 3 Wx 29/22 – Hintergrund

B. Gemeinschaftliches Ehegattentestament und die Auslegung einer Klausel

II. Zusammenfassung RA und Notar Krau

A. Entscheidung des OLG Schleswig

B. Schlussfolgerungen zur Klausel im gemeinschaftlichen Testament

III. Entscheidungstext

A. Auslegung einer Gleichzeitigkeits- bzw. Katastrophenklausel

B. Andeutungstheorie und Formwirksamkeit von Testamenten

IV. Gründe für die Entscheidung des OLG Schleswig

A. Hintergrund der Testamente

B. Veränderungen in den Testamenten und Streitpunkte

C. Standpunkt des Nachlassgerichts und Beschwerdeführerin

Auslegung einer Gleichzeitigkeits- oder Katastrophenklausel – OLG Schleswig 3 Wx 29/22

D. Standpunkt des Beteiligten zu 2

E. Ergänzende Überlegungen des Nachlassgerichts

V. Schlussfolgerungen und Entscheidung des OLG Schleswig

A. Bedeutung der Formulierungen im gemeinschaftlichen Testament

B. Wechselbezüglichkeit und Bindungswirkung der Verfügung von Todes wegen

C. Argumente für und gegen die Schlusserbeneinsetzung

D. Amtsermittlungspflicht des Nachlassgerichts und Unklarheiten im Fall

VI. Anträge der Parteien

A. Antrag der Beschwerdeführerin

B. Antrag des Beteiligten zu 2

VII. Schlussbemerkungen

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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