Auslegung von § 379 I 2 ZGB der DDR – BGH IV ZR 245/99
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil des Thüringer Oberlandesgerichts (OLG) Jena vom 17. Februar 1999 auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück.
Die Kläger, Stiefenkel des Erblassers H. J., forderten von der Beklagten, Tochter des Erblassers, die Herausgabe des Kaufpreises und Schadensersatz für zwei von ihr verkaufte Grundstücke, die zum Nachlass gehörten.
H. J. hatte mit seiner Frau E. J. 1921 einen Erbvertrag geschlossen, der die Kinder aus beiden Ehen zu gleichen Teilen als Erben bestimmte.
Nach dem Tod von H. J. und der Ausstellung eines Erbscheins für die Beklagte und ihren Halbbruder K. J. erwirkte die Beklagte einen Erbauseinandersetzungsvertrag und verkaufte die Grundstücke.
Die Kläger wurden später als Miterben anerkannt und forderten ihren Anteil am Erlös.
Das OLG Jena verneinte das Erbrecht der Kläger, da § 379 Abs. 1 Satz 2 des DDR-Zivilgesetzbuchs (ZGB) nur für leibliche Nachkommen des Erblassers gelte, was hier nicht der Fall sei.
Der BGH widersprach, dass diese Vorschrift auch für Abkömmlinge von Kindern aus erster Ehe gelte, sofern die Ehegatten sie gemeinsam als Erben eingesetzt haben.
Der BGH entschied, dass die Kläger Miterben seien und die Sache zurückverwiesen, damit das Berufungsgericht weitere rechtliche und tatsächliche Fragen klären könne.
Auf die Revision der Kläger zu 2) und 3) wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 17. Februar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kläger, die sich für Miterben halten, verlangen von der Beklagten, die zwei zum Nachlaß gehörende Gebäudegrundstücke ohne Beteiligung der Kläger verkauft hat, die Herausgabe des Kaufpreises bzw. Schadensersatz.
Die Kläger sind die Stiefenkel und die Beklagte ist eine Tochter des Erblassers H. J..
Dieser war mit E. J., der Mutter der Beklagten und Großmutter der Kläger, verheiratet.
Sie war vorher die Frau seines älteren Bruders P. J. gewesen, der Landwirt und Erbe eines im Gebiet der späteren DDR gelegenen Hofes war.
Aus dieser ersten Ehe von E. J. stammten die Söhne W. und K..
Nach dem frühen Tod von P. J. ehelichte die Witwe dessen jüngeren Bruder H..
Aus dieser zweiten Ehe gingen die Beklagte und der Sohn P. jun. hervor.
E. und H. J. bewirtschafteten den Hof bis zu ihrem Tode.
Die Kinder aus der ersten Ehe wurden am Nachlaß ihres Vaters P. J. nicht beteiligt.
Alle vier Kinder wuchsen auf dem Hof bei E. und H. J. auf.
Auslegung von § 379 I 2 ZGB der DDR – BGH IV ZR 245/99
Am 4. Januar 1921, kurz vor Geburt der Beklagten, schlossen die Eheleute E. und H. J. einen notariell beurkundeten Erbvertrag, in dem sie u.a. bestimmten:
„§ 1 Wir setzen uns wechselseitig zu Alleinerben ein.
Nach dem Tode des Überlebenden soll der beiderseitige Nachlaß an die Kinder von uns sowohl aus der Ehe der Frau E. J. mit P. sowie aus derjenigen mit H. J. zu Kopfteilen fallen.
Demgemäß sollen diese Kinder Erben des letztlebenden von uns sein.“
Der Sohn P. jun. fiel kinderlos am 28. Dezember 1943.
Die Ehefrau E. J. verstarb am 22. Juni 1972, der Sohn W. J. am 8. März 1977.
W. J. hinterließ fünf Kinder, die Kläger.
Der Witwer H. J. starb am 25. November 1979.
Von den vier zu Erben eingesetzten Kindern lebten damals noch der Sohn K. und die Beklagte, die verwitwet beim Vater auf dem Hof gelebt hatte und dort auch nach seinem Tode wohnen blieb.
Am 6. Oktober 1989 erwirkte die Beklagte beim Staatlichen Notariat M. einen Erbschein, der sie und ihren Halbbruder K. J. als Erben zu je 1/2 nach ihrem Vater bzw. Stiefvater H. J. auswies.
Am 22. Februar 1990 schloß die Beklagte mit K. J. beim Staatlichen Notariat M. einen Erbauseinandersetzungsvertrag, kraft dessen sie gegen Zahlung von insgesamt 4.200 Mark die zum Nachlaß gehörenden Grundstücke, darunter die beiden Gebäudegrundstücke, zu Alleineigentum übernahm.
Die Beklagte wurde als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Am 28. Mai 1993 verstarb K. J..
Am 27. Juni 1995 wurde auf Betreiben der Kläger der Erbschein zugunsten von K. J. und der Beklagten vom Amtsgericht M. als unrichtig mit der Begründung eingezogen, daß neben K. J. und der Beklagten auch die fünf Kinder von W. J. Erben seien.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beklagten, die sie am 18. Juli 1995 einlegte, wurde vom Landgericht M. am 29. November 1995 zurückgewiesen.
Durch notariellen Kaufvertrag vom 6. September 1995 veräußerte die Beklagte die beiden Gebäudegrundstücke zum Preise von 60.000 DM an Dritte, die als Eigentümer eingetragen wurden.
Die Kläger meinen, daß sie als Ersatzerben nach ihrem Vater W. J. Miterben zu insgesamt 1/3 seien und die Beklagte ihnen deshalb Herausgabe des anteiligen Grundstückserlöses und Schadensersatz wegen des unberechtigten Verkaufs schulde.
Sie behaupten, die verkauften Grundstücke seien 240.000 DM wert gewesen. Die Kläger haben demgemäß die Beklagte auf Zahlung von 80.000 DM verklagt.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Kläger seien nicht Miterben geworden.
Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger zu 2) und 3).
Die Revision hat Erfolg.
Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Die Kläger sind Miterben nach H. J..
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.