Ausschließungsklage in einer Zwei-Personen-GmbH – BGH II ZR 116/21

Juli 7, 2024

Ausschließungsklage in einer Zwei-Personen-GmbH – BGH II ZR 116/21

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat kürzlich eine bedeutende Entscheidung zur Ausschließungsklage in einer Zwei-Personen-GmbH getroffen, die Aufmerksamkeit erregt, weil sie eine grundlegende Änderung in der bisherigen Rechtsprechung darstellt.

Der BGH hat die sogenannte Bedingungslösung aufgegeben, was erhebliche Auswirkungen auf die Praxis hat.

Diese Entscheidung verdeutlicht zudem die Notwendigkeit, vorsorgende Regelungen in der Satzung einer Zwei-Personen-GmbH aufzunehmen, um den Ausschluss eines Gesellschafters zu regeln.

I. Der Fall


In dem vorliegenden Fall sind zwei Gesellschafter jeweils zur Hälfte an einer GmbH beteiligt.

Die Satzung enthält keine Regelungen zum Ausschluss eines Gesellschafters oder zur Einziehung von Geschäftsanteilen.

Der Kläger beantragte, den Mitgesellschafter auszuschließen und dessen Geschäftsanteil entweder gegen Zahlung einer Abfindung einzuziehen oder die Abtretung des Geschäftsanteils an sich oder einen Dritten herbeizuführen.

Nachdem der Kläger vor dem Landgericht und dem Berufungsgericht gescheitert war, hatte seine Revision Erfolg.

II. Voraussetzungen der Ausschließungsklage


Die herrschende Meinung erlaubt den Ausschluss eines Gesellschafters auch ohne entsprechende Satzungsregelung, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und der Grundsatz der Kapitalerhaltung gewahrt wird.

Ausschließungsklage in einer Zwei-Personen-GmbH – BGH II ZR 116/21

Der Ausschluss erfolgt regelmäßig durch die Ausschließungsklage der Gesellschaft.

Diese Rechtsfortbildung basiert auf dem Grundgedanken, dass jedes personale Dauerrechtsverhältnis lösbar sein muss.

Der Ausschluss ist nur als letztes Mittel zulässig, wenn keine weniger einschneidende Möglichkeit zur Beseitigung des Missstands besteht.

III. Aufgabe der Bedingungslösung bei der Ausschließungsklage

Vorgeschichte


Bisher musste das Urteil zur Ausschließung eines Gesellschafters unter der Bedingung der rechtzeitigen Zahlung der festgesetzten Abfindung ergehen.

Für den Einziehungsbeschluss hatte der BGH bereits entschieden, dass die Einziehung mit der Mitteilung des Beschlusses wirksam wird, nicht erst mit der Zahlung der Abfindung.

Die persönliche Haftung der Gesellschafter entsteht erst, wenn die Fortsetzung der Gesellschaft ohne Maßnahmen zur Befriedigung des Abfindungsanspruchs treuwidrig wäre.

Übertragung auf die Ausschließungsklage


Der II. Zivilsenat überträgt diese Erwägungen auf die Ausschließungsklage.

Der Ausschluss wird mit Rechtskraft des Urteils wirksam und ist nicht von der Zahlung der Abfindung abhängig.

Ausschließungsklage in einer Zwei-Personen-GmbH – BGH II ZR 116/21

Die Ausschließung ist nur zulässig, wenn ein Verbleib des Gesellschafters die Fortführung des Unternehmens gefährden würde oder die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses unzumutbar wäre.

Grundsatz der Kapitalerhaltung und der Kapitalaufbringung


Der Abfindungsanspruch des Gesellschafters wird durch die persönliche Haftung der verbleibenden Gesellschafter und das Gebot der Kapitalerhaltung gesichert.

Der BGH bestätigt, dass die Ausschließung nicht erfolgen kann, wenn die Abfindung ohne Verletzung von § 30 Abs. 1 GmbHG nicht gezahlt werden kann.

Im konkreten Fall wurde die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, um Feststellungen zur Aktivierbarkeit einer Forderung aus einer Finanzierungszusage zu treffen.

IV. Ausschließungsklage in der Zwei-Personen-GmbH


Die Ausschließungsklage muss grundsätzlich von der GmbH erhoben werden und bedarf eines Gesellschafterbeschlusses.

In der Zwei-Personen-GmbH kann auch der Gesellschafter klagen, wenn eine Klage der Gesellschaft undurchführbar ist oder durch den Schädiger selbst vereitelt wird.

Der Vorrang der inneren Zuständigkeitsordnung entfällt, wenn es unzumutbar wäre, die Gesellschaft zu einer Klage zu zwingen.

V. Kritik


Die Entscheidung des II. Zivilsenats ist eine schlüssige Fortbildung der Rechtsprechung zur Ausschließungsklage.

Ausschließungsklage in einer Zwei-Personen-GmbH – BGH II ZR 116/21

Sie berücksichtigt die Praktikabilität in der strukturell streitanfälligen Zwei-Personen-GmbH und gibt jedem Gesellschafter die Klagebefugnis.

Der Vorrang der inneren Zuständigkeitsordnung muss jedoch beachtet werden, was in der Praxis nicht zu hoch angesetzt werden sollte.

Die Aufgabe der Bedingungslösung war konsequent, nachdem dieser Schritt im Kontext der gesellschaftsvertraglichen Einziehung erfolgt war.

Die Ausschließung im Klageweg bietet einem auszuschließenden Gesellschafter besseren Schutz als die Beschlussfassung durch Mitgesellschafter.

VI. Gestaltungsüberlegungen


Der Fall zeigt die Notwendigkeit, Ausschließungs- oder Einziehungsregelungen in der Satzung einer Zwei-Personen-GmbH zu verankern.

Ein Nachteil der Ausschließungsklage ist, dass der auszuschließende Gesellschafter während der Prozessdauer seine Rechte weiter ausüben kann.

Eine Satzungsregelung kann Verzögerungen vermeiden und den Ausschluss effizienter gestalten.

Die Satzung sollte Ausschlussgründe und Verfahren präzisieren, die Einziehung oder Zwangsabtretung von Geschäftsanteilen ermöglichen und Regelungen zur Feststellung und Zahlungsweise der Abfindung enthalten.

Eine flankierende Abtretungsklausel erlaubt die Verwertung des Anteils, wenn eine Abfindung ohne Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG nicht gezahlt werden kann oder die Einlage noch nicht vollständig erbracht wurde.

Eine Finanzierungszusage des verbleibenden Gesellschafters kann den Kapitalerhaltungsgrundsatz wahren.

Diese Zusage sollte gut überlegt sein, da sie eine Haftung begründet.

VII. Fazit


Eine gesellschaftsvertragliche Regelung der Ausschlussgründe ist auch in der Zwei-Personen-GmbH notwendig, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.

Die Satzung sollte Ausschlussgründe und Verfahren detailliert regeln, die Einziehung oder Abtretung von Geschäftsanteilen ermöglichen und die Abfindung sicherstellen.

Eine Finanzierungszusage kann den Kapitalerhaltungsgrundsatz wahren, muss aber gut überlegt sein, um Haftungsrisiken zu vermeiden.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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