Begleichung Nachlassschulden – Fehlende ordnungsgemäße Nachlassverwaltung – OLG Celle 6 U 106/02

August 3, 2020

Begleichung Nachlassschulden – Fehlende ordnungsgemäße Nachlassverwaltung – OLG Celle 6 U 106/02

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Tenor des Urteils

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 30. April 2002 teilweise abgeändert.

Die Klage der Klägerin, die Beklagte zur Zustimmung zur Begleichung bestimmter Nachlassschulden von einem Sparkassenkonto zu verpflichten, wurde abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 53 % und die Beklagte zu 47 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin vollständig.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar und die Revision wurde nicht zugelassen.

Gründe für die Entscheidung

1. Fehlende ordnungsgemäße Nachlassverwaltung

Gemäß § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB ist jeder Miterbe verpflichtet, an Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses mitzuwirken, einschließlich der Berichtigung von Nachlassverbindlichkeiten (§ 2046 Abs. 1 S. 1 BGB).

Begleichung Nachlassschulden – Fehlende ordnungsgemäße Nachlassverwaltung – OLG Celle 6 U 106/02

Zwar besteht Einigkeit zwischen den Parteien über das Vorhandensein von Nachlassverbindlichkeiten, doch die Tilgung dieser Verbindlichkeiten aus dem vorhandenen Guthaben stellt keine ordnungsgemäße Verwaltung dar.

Der Nachlass des Erblassers ist überschuldet.

Das vorhandene Vermögen (ca. 14.140 Euro) reicht nicht aus, um die gesamten Nachlassverbindlichkeiten (ca. 15.666,33 Euro) zu begleichen.

In solchen Fällen sind die Erben verpflichtet, einen Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens oder die Anordnung der Nachlassverwaltung zu stellen (§§ 1980, 1981 BGB).

Eine Zustimmung zur Tilgung von Verbindlichkeiten, die den Nachlass überschreiten, ist keine ordnungsgemäße Verwaltung.

2. Unzulässige Rechtsausübung der Klägerin

Die Beklagte kann die Zustimmung zur Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten auch unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) verweigern.

Das Landgericht hatte fälschlicherweise angenommen, dass die Einwendungen der Beklagten nur das Innenverhältnis der Erben beträfen.

Ansprüche aus § 2046 BGB betreffen nur das Innenverhältnis

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§ 2046 Abs. 1 BGB regelt das Innenverhältnis zwischen Miterben.

Nachlassgläubiger können sich nicht auf diese Vorschrift berufen.

Die Vorabberichtigung der Nachlassverbindlichkeiten schützt die Miterben, die trotz gesamtschuldnerischer Haftung (§ 2058 BGB) die Berichtigung aus ihrem Eigenvermögen verweigern können (§ 2059 Abs. 1 BGB).

Die Beklagte ist berechtigt, die Berichtigung der Verbindlichkeiten solange zu verweigern, bis die Klägerin zu Unrecht entnommene Beträge zurückerstattet hat.

Ohne diese Rückerstattung besteht die Gefahr, dass Nachlassgläubiger das Privatvermögen der Beklagten in Anspruch nehmen und Regressansprüche gegen die Klägerin wegen unberechtigter Entnahmen nicht durchsetzbar sind.

Rückforderungsansprüche der Erbengemeinschaft gegen die Klägerin

Die Erbengemeinschaft hat gegen die Klägerin einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihr nach dem Tod des Erblassers abgehobenen Beträge (ca. 29.014,40 DM) von den Postbankkonten des Erblassers und seiner vorverstorbenen Ehefrau.

Selbst wenn die Abbuchungen dem Willen des Erblassers entsprochen hätten, wären sie ohne Rechtsgrund erfolgt, da es sich um ein Schenkungsversprechen von Todes wegen handelt, das nicht die erforderliche Form (Testament oder Erbvertrag) aufweist.

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Eine Heilung nach § 2301 Abs. 2 BGB ist nicht eingetreten, da die Schenkung nicht zu Lebzeiten des Erblassers vollzogen wurde.

Daher ist die Klägerin zur Rückerstattung verpflichtet, und die Beklagte kann bis zu diesem Zeitpunkt die Zustimmung zur Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten verweigern.

Kostenentscheidung und vorläufige Vollstreckbarkeit

Die Kostenentscheidung basiert auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 91 Abs. 1 S. 1, 91 a Abs. 1 ZPO.

Da die Parteien den Rechtsstreit teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren der Klägerin die Kosten nach billigem Ermessen aufzuerlegen, da sie von Anfang an keinen Anspruch auf Zustimmung zur Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten hatte.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wurde nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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