Der bewertungsrechtliche Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist tätigkeitsbezogen – BFH II R 9/19

September 13, 2021

Der bewertungsrechtliche Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist tätigkeitsbezogen – BFH II R 9/19

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Dieses Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) befasst sich mit der Frage, ob Nießbrauchrechte an einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb als begünstigtes Vermögen im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) gelten können.

Der BFH entschied, dass der Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs tätigkeitsbezogen ist und nicht zwingend an das Eigentum an Grund und Boden oder Besatz gebunden ist.

Daher können Nießbrauchrechte an einem solchen Betrieb unter bestimmten Voraussetzungen zum begünstigten Vermögen gehören.

Hintergrund:

  • Der Erblasser übertrug seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auf seinen Sohn und behielt sich ein Nießbrauchrecht vor, das nach seinem Tod auf seine Ehefrau (die Klägerin) übergehen sollte.
  • Nach dem Tod des Erblassers erklärte die Klägerin das Nießbrauchrecht als begünstigtes land- und forstwirtschaftliches Vermögen in ihrer Erbschaftsteuererklärung.
  • Das Finanzamt erfasste das Nießbrauchrecht jedoch als nicht begünstigtes Vermögen und setzte Erbschaftsteuer fest.
  • Das Finanzgericht wies die Klage der Klägerin ab, da das Nießbrauchrecht kein begünstigtes Vermögen sei.

Tenor:

Der bewertungsrechtliche Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist tätigkeitsbezogen – BFH II R 9/19

  • Das Urteil des Finanzgerichts Münster wurde aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
  • Die Kostenentscheidung wurde dem Finanzgericht übertragen.

Entscheidungsgründe:

  • Anwendbarkeit der Verschonungsregelungen: Das Gericht stellte klar, dass die Verschonungsregelungen des § 13a, 13b ErbStG a.F. auch für land- und forstwirtschaftliches Vermögen gelten, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
  • Tätigkeitsbezogener Betriebsbegriff: Der BFH betonte, dass der bewertungsrechtliche Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs tätigkeitsbezogen ist. Ein solcher Betrieb kann auch ohne Eigentum an Grund und Boden oder Besatz vorliegen, solange die land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird.
  • Nießbrauchrechte als Teil des Betriebsvermögens: Nießbrauchrechte können zum Wirtschaftsteil eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehören, wenn sie sich auf Wirtschaftsgüter beziehen, die zur Erzielung land- und forstwirtschaftlicher Nutzungen notwendig sind und dem Betriebsinhaber zivilrechtlich zustehen.
  • Prüfung im Einzelfall: Ob die Nießbrauchrechte der Klägerin im konkreten Fall zum begünstigten Vermögen gehören, muss das Finanzgericht im weiteren Verfahren prüfen. Dabei sind insbesondere die tatsächliche Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit durch den Erblasser und die Klägerin sowie die Art der betroffenen Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen.

Der bewertungsrechtliche Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist tätigkeitsbezogen – BFH II R 9/19

Fazit:

  • Das Urteil des BFH stellt klar, dass der Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nicht an das Eigentum an Grund und Boden oder Besatz gebunden ist, sondern sich an der tatsächlichen Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit orientiert.
  • Nießbrauchrechte können unter bestimmten Voraussetzungen zum begünstigten Vermögen gehören, wenn sie zur Erzielung land- und forstwirtschaftlicher Nutzungen notwendig sind.
  • Die Entscheidung hat Bedeutung für die erbschaftsteuerliche Behandlung von Nießbrauchrechten an land- und forstwirtschaftlichen Betrieben und kann dazu beitragen, dass diese Rechte in Zukunft häufiger als begünstigtes Vermögen anerkannt werden.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Entlassung des Testamentsvollstreckers

Entlassung des Testamentsvollstreckers

März 17, 2025
Entlassung des TestamentsvollstreckersAG Nürnberg, Beschl. v. 9.1.2024 – 35 VI 6726/20RA und Notar KrauDas Am…
Benennung eines Ersatztestamentsvollstreckers

Benennung eines Ersatztestamentsvollstreckers

März 17, 2025
Benennung eines ErsatztestamentsvollstreckersKG, Beschl. v. 21.10.2024 – 19 W 100/24 (AG Spandau Beschl. v….
Antragsbefugnis für Erbscheinserteilung bei ungeteilter Erbengemeinschaft

Antragsbefugnis für Erbscheinserteilung bei ungeteilter Erbengemeinschaft

März 17, 2025
Antragsbefugnis für Erbscheinserteilung bei ungeteilter ErbengemeinschaftKG, Beschl. v. 19.8.2024 – 19 W 70/24 (…