OLG Rostock 3 W 94/19
freies Widerrufsrecht des überlebenden Ehegatten bei wechselbezüglichen Verfügungen
Das Oberlandesgericht (OLG) Rostock hatte in dem Beschluss vom 25.08.2020 über die Beschwerde einer Tochter gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Schwerin zu entscheiden.
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob die Erblasserin ein gemeinschaftliches Testament mit ihrem vorverstorbenen Ehemann wirksam widerrufen hatte.
Sachverhalt:
Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig
zu Alleinerben einsetzten und ihre Kinder aus erster Ehe sowie die gemeinsamen Kinder zu Schlusserben bestimmten.
Das Testament enthielt eine Klausel, nach der der überlebende Ehegatte nach dem Tod des Erstversterbenden
„frei über das beiderseitige Vermögen verfügen“
und
„letztwillig anderweitig über den beiderseitigen Nachlass verfügen“
konnte.
Nach dem Tod ihres Ehemanns errichtete die Erblasserin ein handschriftliches Testament, in dem sie ihre eigenen Kinder zu Alleinerben einsetzte
und das gemeinschaftliche Testament für ungültig erklärte.
Nach dem Tod der Erblasserin beantragte eines ihrer Kinder einen Erbschein, der die Erbfolge nach dem handschriftlichen Testament auswies.
Die Tochter des vorverstorbenen Ehemanns legte dagegen Beschwerde ein, da sie der Ansicht war, dass die Erblasserin an das gemeinschaftliche Testament gebunden gewesen sei.
Entscheidung des OLG Rostock:
Das OLG Rostock wies die Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts.
Begründung:
Wechselbezüglichkeit: Das gemeinschaftliche Testament enthielt wechselbezügliche Verfügungen, da die Ehegatten sich gegenseitig als Erben eingesetzt hatten. Grundsätzlich erlischt das Recht zum Widerruf einer wechselbezüglichen Verfügung mit dem Tod des anderen Ehegatten (§ 2271 Abs. 2 BGB).
Freies Widerrufsrecht: Die Ehegatten hatten jedoch in ihrem Testament dem überlebenden Ehegatten ein freies Widerrufsrecht eingeräumt. Da es Ehegatten freisteht, die Widerruflichkeit von wechselbezüglichen Verfügungen zu erweitern oder zu beschränken, war diese Regelung wirksam.
Auslegung des Testaments: Die Auslegung des Testaments ergab, dass die Ehegatten beabsichtigt hatten, dem überlebenden Ehegatten die Möglichkeit zu geben, das Testament nach dem Tod des Erstversterbenden zu ändern. Dies wurde auch durch die Stellungnahme der Notarin bestätigt, die das Testament beurkundet hatte.
Widerruf: Die Erblasserin hatte das gemeinschaftliche Testament durch die Errichtung des handschriftlichen Testaments wirksam widerrufen. Die im handschriftlichen Testament enthaltenen Verfügungen waren daher maßgeblich.
Fazit:
Das OLG Rostock hat entschieden, dass Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament dem überlebenden Ehegatten ein freies Widerrufsrecht einräumen können.
Im vorliegenden Fall hatte die Erblasserin von diesem Recht Gebrauch gemacht und das gemeinschaftliche Testament wirksam widerrufen.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.