Gesellschaftsrechtliche Erbfolge in der Innengesellschaft bürgerlichen Rechts

Juli 1, 2024

Gesellschaftsrechtliche Erbfolge in der Innengesellschaft bürgerlichen Rechts

Zusammenfassung RA und Notar Krau


Mit dem Inkrafttreten des MoPeG (Modernisierung des Personengesellschaftsrechts) am 1. Januar 2024 wurde die rechtsfähige Außengesellschaft zum Leitbild der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

Diesem Wandel liegt die ARGE Weißes Ross-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zugrunde.

Dennoch bleibt die nicht rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (auch Innengesellschaft genannt) weiterhin bedeutsam, insbesondere in der Praxis als stille Gesellschaft und Unterbeteiligung.

Vor MoPeG galt nach § 727 BGB a.F., dass die GbR durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst wird.

Diese Regelung war jedoch dispositiv, sodass viele Gesellschaftsverträge vorsahen, dass die Gesellschaft mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters fortgeführt wird (Nachfolgeklausel).

Hierbei wurde unterschieden zwischen Außen- und Innengesellschaften:

Bei Außengesellschaften überging der Gesellschaftsanteil des Erblassers im Wege der Sondererbfolge unmittelbar auf die Erben.

Bei Innengesellschaften fiel der Anteil in den ungeteilten Nachlass, der von den Erben als Gesamthandsgemeinschaft gehalten wurde.

Gesellschaftsrechtliche Erbfolge in der Innengesellschaft bürgerlichen Rechts

Änderung durch MoPeG?


Das MoPeG scheint diese Regelung geändert zu haben, indem § 740 II BGB n.F. bestimmt, dass § 711 BGB n.F. auch auf die nicht rechtsfähige Innengesellschaft Anwendung findet.

§ 711 BGB n.F. regelt in Absatz 2 Sätze 2 und 3, dass Gesellschaftsanteile im Rahmen einer Sondererbfolge direkt auf die Erben übergehen.

Es stellt sich die Frage, ob dies ein Redaktionsversehen ist oder eine intendierte Änderung der Rechtslage.

Vorstellungen des Gesetzgebers


Die Vorstellungen des Gesetzgebers sind bei neuen Gesetzen besonders relevant.

In der Begründung zum Regierungsentwurf wird erklärt, dass § 711 II BGB n.F. die Möglichkeit regelt, die Gesellschaft im Todesfall eines Gesellschafters mit dessen Erben fortzuführen, was jedoch nur für „werbende Gesellschaften“ gilt.

Diese Unterscheidung macht nur für rechtsfähige Außengesellschaften Sinn, da eine Liquidation für Innengesellschaften nicht vorgesehen ist.

Die Regelung zur Sondererbfolge wird damit begründet, dass eine Erbengemeinschaft wegen ihrer Organisations- und Haftungsstruktur nicht Mitglied einer werbend tätigen Personengesellschaft sein kann.

Gesellschaftsrechtliche Erbfolge in der Innengesellschaft bürgerlichen Rechts

Dies legt nahe, dass § 711 II BGB n.F. nur für werbende Außengesellschaften gelten soll. In der Begründung zu § 740 II BGB n.F. fehlt eine Erklärung, warum auch auf § 711 II 2 und 3 BGB n.F. verwiesen wird.

Gesetzgebungsgeschichte


Die Gesetzgebungsgeschichte des MoPeG geht auf den Mauracher Entwurf zurück.

In diesem Entwurf gab es keine ausdrückliche Verweisung auf § 711 BGB ME für die nicht rechtsfähige Innengesellschaft.

§ 740 II BGB ME bestimmte, dass die Vorschriften des 3. Untertitels (inkl. § 711 BGB ME) nur grundsätzlich entsprechend anzuwenden sind, insbesondere wenn die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft vorausgesetzt wird.

Da die werbende Gesellschaft zwingend eine rechtsfähige Außengesellschaft ist und die nicht rechtsfähige Innengesellschaft keine Außenbeziehungen hat, sollte § 711 II BGB n.F. nicht auf Innengesellschaften angewendet werden.

Rechtslage vor Inkrafttreten des MoPeG


Vor MoPeG war allgemein anerkannt, dass eine Sondererbfolge nur bei Außengesellschaften eintritt, nicht aber bei Innengesellschaften.

Dies gilt auch für stille Gesellschaften.

Gesellschaftsrechtliche Erbfolge in der Innengesellschaft bürgerlichen Rechts

Dogmatische Grundlage der Sondererbfolge


Die Lehre von der Sondererbfolge in Anteile an Personengesellschaften basiert auf der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG).

Ein führender Fall vom 17. März 1886 zur OHG entschied, dass Erben einzeln Gesellschafter werden und nicht als Erbengemeinschaft, da die Natur der OHG dies erfordert.

Der BGH hat diese Sichtweise im Ergebnis übernommen, wobei er argumentiert, dass eine Erbengemeinschaft nicht Mitglied in der persönlichkeitsbezogenen Arbeits- und Haftungsgemeinschaft der OHG sein kann.

In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass (1) die Erbengemeinschaft nicht rechtsfähig ist und (2) ihre Organisation und Haftungsverfassung nicht zur Personengesellschaft passt, insbesondere bezüglich (a) des Verfügungsrechts der Mitglieder über ihren Erbanteil (§ 2033 BGB), (b) der auf Auseinandersetzung gerichteten Struktur (§ 2042 BGB) und (c) der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass (§ 2059 I BGB).

Anwendung auf die nicht rechtsfähige Innengesellschaft


Die nicht rechtsfähige Innengesellschaft hat keine Außenbeziehungen und die Gesellschafter haften nicht für Verbindlichkeiten der Gesellschaft.

Daher ist eine Anwendung von § 711 II BGB n.F. auf Innengesellschaften nicht sinnvoll, da sie keine rechtsfähige Struktur besitzen und nur der internen Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses unter den Gesellschaftern dienen.

Fazit


Die Anordnung der entsprechenden Anwendung von § 711 BGB n.F. durch § 740 II BGB n.F. bezieht sich nicht auf § 711 II 2 und 3 BGB n.F.

Diese Vorschriften setzen eine rechtsfähige, werbende Außengesellschaft voraus und passen nicht auf die nicht rechtsfähige Innengesellschaft.

Der Verweis in § 740 II BGB n.F. stellt ein Redaktionsversehen dar und ist teleologisch zu reduzieren.

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