KG 22 W 27/18

September 14, 2020

KG 22 W 27/18 gerichtliche Bestellung von Nachtragsliquidatoren für eine nach Beendigung gelöschte Personenhandelsgesellschaft, § 273 Abs. 4 AktG

Kernaussage:

Das Kammergericht Berlin (KG) entschied, dass die gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators für eine nach Beendigung gelöschte Personenhandelsgesellschaft

(hier: OHG) entsprechend § 273 Abs. 4 AktG nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt.

Im vorliegenden Fall wurde der Antrag auf Bestellung eines Nachtragsliquidators zurückgewiesen, da die Erben der Gesellschafter die Abwicklung selbst durchführen können

und kein rechtliches Interesse des Antragstellers an der Bestellung eines Nachtragsliquidators besteht.

Sachverhalt:

  • Die Beteiligte zu 1) (O W oHG) wurde 1936 aufgelöst und aus dem Handelsregister gelöscht.
  • Die Beteiligte zu 2) ist seit 2015 Eigentümerin von zwei Grundstücken, die das Grundstück der Beteiligten zu 1) umschließen.
  • Die Beteiligte zu 2) beantragte die Bestellung eines Nachtragsliquidators für die Beteiligte zu 1), um die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Vorkaufsrechts zu ermöglichen und das Grundstück der Beteiligten zu 1) zu erwerben.
  • Das Amtsgericht wies den Antrag zurück, da kein rechtliches Interesse der Beteiligten zu 2) an der Bestellung eines Nachtragsliquidators vorliege.
  • Die Beteiligte zu 2) legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein.

KG 22 W 27/18

Entscheidungsgründe:

  • Anwendbarkeit von § 273 Abs. 4 AktG:

    • Die gerichtliche Bestellung von Nachtragsliquidatoren für eine nach Beendigung gelöschte Personenhandelsgesellschaft richtet sich analog nach § 273 Abs. 4 AktG, wenn keine amtswegige Löschung wegen Vermögenslosigkeit erfolgt war.
    • Im vorliegenden Fall wurde die Gesellschaft nach Anmeldung durch alle Mitgesellschafter aufgelöst und gelöscht, daher ist § 273 Abs. 4 AktG analog anwendbar.
  • Rechtliches Interesse des Antragstellers:

    • Die Antragsberechtigung setzt ein rechtliches Interesse voraus.
    • Ein solches Interesse haben in der Regel ehemalige Gesellschafter, Organmitglieder, Liquidatoren, Gläubiger oder sonstige Dritte, zu deren Gunsten weitere Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind.
    • Im vorliegenden Fall hat die Beteiligte zu 2) kein rechtliches Interesse an der Bestellung eines Nachtragsliquidators.
    • Ihr Interesse besteht lediglich darin, einen Ansprechpartner für einen möglichen Grundstückserwerb zu haben.
    • Die Realisierbarkeit des Erwerbswunschs ist ungewiss und rechtfertigt nicht die Einleitung einer Nachtragsliquidation.
    • Die Beteiligte zu 2) stand mit der Gesellschaft zu keinem Zeitpunkt in einer rechtlichen Beziehung.
  • Vertretungsbefugnis der Liquidatoren:

    • Bei Personenhandelsgesellschaften lebt die Vertretungsbefugnis der Liquidatoren bei Abwicklungsbedarf nach Beendigung der Liquidation automatisch wieder auf.
    • Im vorliegenden Fall sind die Erben der drei letzten Gesellschafter die Liquidatoren.
    • Eine gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators ist nur in Ausnahmefällen erforderlich, wenn die Abwicklung durch die Gesellschafter oder ihre Erben nicht möglich ist.
    • Ein solcher Ausnahmefall liegt bei einer aus drei Gesellschaftern bestehenden OHG nicht vor.
  • Kostenentscheidung und Wertfestsetzung:

    • Die Beschwerde wurde zurückgewiesen.
    • Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wurde auf 30.000,00 Euro festgesetzt.

KG 22 W 27/18

Fazit:

  • Die gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators für eine gelöschte Personenhandelsgesellschaft ist nur in Ausnahmefällen möglich.
  • Ein bloßes Interesse am Erwerb eines Grundstücks aus dem Gesellschaftsvermögen begründet kein rechtliches Interesse an der Bestellung eines Nachtragsliquidators.
  • Die Abwicklung einer gelöschten Personenhandelsgesellschaft erfolgt grundsätzlich durch die bisherigen Gesellschafter oder ihre Erben.

Hinweis:
Rechtsanwalt Krau führt als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht ständig bundesweit Nachtragsliquidationen durch – Näheres sehen Sie hier

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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