LG Frankenthal 4 O 47/21 – Notarhaftung Ehevertrag und Pflichtteilsverzicht

September 25, 2022

LG Frankenthal 4 O 47/21 – Notarhaftung Ehevertrag und Pflichtteilsverzicht

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Kernaussage:

Ein Notar haftet nicht für Schäden, die einem Mandanten entstehen, weil sich die Rechtsprechung nach Abschluss eines Ehevertrags geändert hat.

Die Beratungspflicht des Notars bezieht sich auf die zum Zeitpunkt der Beurkundung geltende Rechtslage.

Hintergrund:

Der Kläger schloss 1991 mit seiner damaligen Lebensgefährtin einen Ehevertrag, der einen umfassenden Verzicht auf Versorgungs- und Unterhaltsansprüche sowie Pflichtteilsansprüche vorsah.

Der Vertrag wurde auf Anraten des beklagten Notars geschlossen, um das Vermögen des Klägers, insbesondere seinen landwirtschaftlichen Betrieb, zu schützen.

Die Ehe wurde 2019 geschieden. Im Scheidungsverfahren stellte sich heraus, dass der Ehevertrag aufgrund der geänderten Rechtsprechung möglicherweise sittenwidrig war.

Der Kläger zahlte seiner Ex-Frau eine Abfindung und verlangte nun Schadensersatz vom Notar.

LG Frankenthal 4 O 47/21 – Notarhaftung Ehevertrag und Pflichtteilsverzicht

Entscheidung des Gerichts:

  • Keine Amtspflichtverletzung: Das Landgericht wies die Klage ab. Es sah keine Amtspflichtverletzung des Notars.
  • Beratungspflicht des Notars: Die Beratungspflicht des Notars bezieht sich auf die zum Zeitpunkt der Beurkundung geltende Rechtslage. Eine Pflicht, mögliche künftige Entwicklungen der Rechtsprechung zu antizipieren, besteht nicht.
  • Keine Sittenwidrigkeit zum Zeitpunkt der Beurkundung: Der Ehevertrag war nach der damals geltenden Rechtsprechung nicht sittenwidrig.
  • Kein Schaden: Ein Schaden des Klägers wurde nicht schlüssig dargelegt. Es fehlte an einer Vergleichsberechnung der Vermögensentwicklung mit und ohne Ehevertrag.

Fazit:

Notare haften nicht für Schäden, die durch eine nachträgliche Änderung der Rechtsprechung entstehen.

Ihre Beratungspflicht beschränkt sich auf die zum Zeitpunkt der Beurkundung geltende Rechtslage.

Allgemeiner Hinweis:

LG Frankenthal 4 O 47/21 – Notarhaftung Ehevertrag und Pflichtteilsverzicht

Die Kernbereichslehre des BGH

Die Kernbereichslehre des Bundesgerichtshofs (BGH) bezieht sich auf die Wirksamkeitskontrolle von Eheverträgen und besagt,

dass es bestimmte Kernbereiche gibt, die leichter oder schwerer abweichend vom Gesetz vertraglich geregelt werden können.

Rangfolge der Kernbereiche:

  • Kernbereich: Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB)
  • weiterer Kernbereich: Versorgungsausgleich
  • Übergangsbereich: Zugewinnausgleich
  • Außenbereich: Güterrecht

Grundsätze:

  • Je näher eine Regelung am Kernbereich liegt, desto strenger sind die Anforderungen an ihre Wirksamkeit.
  • Ein vollständiger Ausschluss des Betreuungsunterhalts ist unzulässig.
  • Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist nur in Ausnahmefällen möglich.
  • Der Zugewinnausgleich kann weitgehend ausgeschlossen oder modifiziert werden.
  • Das Güterrecht kann frei gestaltet werden.

LG Frankenthal 4 O 47/21 – Notarhaftung Ehevertrag und Pflichtteilsverzicht

Prüfung der Wirksamkeit:

  • Objektive Prüfung: Liegt eine evident einseitige und unzumutbare Lastenverteilung vor?
  • Subjektive Prüfung: War ein Ehegatte bei Vertragsschluss individuell unterlegen?

Folgen einer Unwirksamkeit:

  • Sittenwidrigkeit: Der gesamte Vertrag oder einzelne Klauseln können nichtig sein (§ 138 BGB).
  • Anpassung: In bestimmten Fällen kann der Vertrag angepasst werden, um eine gerechte Lösung zu erreichen.

Bedeutung der Kernbereichslehre:

Die Kernbereichslehre dient dem Schutz des schwächeren Ehegatten und soll verhindern, dass dieser durch einen Ehevertrag unangemessen benachteiligt wird.

Sie gewährleistet eine ausgewogene Berücksichtigung der Interessen beider Ehegatten.

Hinweis:

Die Kernbereichslehre ist in ständiger Entwicklung und wird vom BGH immer wieder weiterentwickelt und konkretisiert.

Es ist daher ratsam, sich bei der Gestaltung von Eheverträgen anwaltlich beraten zu lassen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

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