OLG Karlsruhe 6 U 137/09

August 19, 2017

OLG Karlsruhe 6 U 137/09

Pflichtteilsanspruch: Anrechenbarkeit einer Geldzuwendung und einer Bürgschaftsübernahme als Ausstattungen

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte in diesem Fall über die Frage zu entscheiden, ob eine Geldzuwendung

und die Übernahme einer Bürgschaft durch den Erblasser an die Pflichtteilsberechtigte

als Ausstattungen im Sinne des § 1624 BGB anzusehen sind und auf den Pflichtteilsanspruch angerechnet werden müssen.

Sachverhalt:

Die Klägerin, Enkelin des Erblassers, machte gegen den Beklagten, den Sohn des Erblassers und Alleinerben, ihren Pflichtteil geltend.

Der Beklagte wandte ein, dass die Klägerin von ihren Großeltern zu Lebzeiten erhebliche Geldbeträge

und eine Bürgschaftsübernahme erhalten habe, die als Ausstattungen auf ihren Pflichtteilsanspruch anzurechnen seien.

Rechtliche Grundlagen:

OLG Karlsruhe 6 U 137/09

  • § 1624 BGB: Ausstattung
  • § 2050 BGB: Ausgleichung von Ausstattungen
  • § 2316 BGB: Berechnung des Pflichtteils unter Berücksichtigung der Ausgleichung

Entscheidung des Gerichts:

Das OLG Karlsruhe gab der Berufung des Beklagten statt und wies die Klage ab.

Die Geldzuwendung und die Bürgschaftsübernahme waren als Ausstattungen auf den Pflichtteilsanspruch anzurechnen.

Begründung:

  • Ausstattung: Eine Ausstattung ist eine Zuwendung, die ein Kind (bzw. ein Abkömmling) mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung erhält.
  • Zweck der Ausstattung: Die Ausstattung dient der Begründung oder Erhaltung der wirtschaftlichen oder persönlichen Lebensstellung des Empfängers.
  • Anhaltspunkte für eine Ausstattung: Im Streitfall sprachen die Höhe der Zuwendung, die Verwendung für den Erwerb einer Immobilie und die damit verbundene Begründung der finanziellen Selbstständigkeit der Klägerin für das Vorliegen einer Ausstattung.
  • Vertragliche Bezeichnung als Schenkung: Die Bezeichnung der Zuwendung als “Schenkung” im Vertrag zwischen den Parteien schloss das Vorliegen einer Ausstattung nicht aus.
  • Wohnrecht: Das den Großeltern eingeräumte Wohnrecht stand der Annahme einer Ausstattung nicht entgegen, da es im Vergleich zur langfristigen Nutzung der Immobilie durch die Klägerin nur von untergeordneter Bedeutung war.
  • Steuerliche Vorteile: Auch das Ziel der Steuerersparnis sprach nicht gegen das Vorliegen einer Ausstattung.
  • Anrechnung auf den Pflichtteil: Die Ausstattung war gemäß §§ 2050, 2316 BGB auf den Pflichtteilsanspruch anzurechnen.

OLG Karlsruhe 6 U 137/09

Fazit:

Das OLG Karlsruhe hat in diesem Urteil klargestellt, dass auch größere Geldzuwendungen

und die Übernahme von Bürgschaften als Ausstattungen im Sinne des § 1624 BGB anzusehen und auf den Pflichtteil anzurechnen sind,

wenn sie der Begründung oder Erhaltung der wirtschaftlichen Lebensstellung des Pflichtteilsberechtigten dienen.

Wichtige Punkte des Urteils in Stichpunkten:

  • Geldzuwendungen und Bürgschaftsübernahmen können Ausstattungen sein.
  • Die Ausstattung dient der Begründung oder Erhaltung der Lebensstellung.
  • Die Bezeichnung als Schenkung schließt eine Ausstattung nicht aus.
  • Ausstattungen sind auf den Pflichtteil anzurechnen.

Zusätzliche Hinweise:

  • Das Urteil zeigt die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Schenkungen und Ausstattungen im Erbrecht.
  • Im Zweifel sollten sich Erblasser und Erben anwaltlich beraten lassen, um die rechtlichen Folgen von Zuwendungen zu klären.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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