OLG Koblenz 5 U 779/15

Juli 21, 2017

OLG Koblenz 5 U 779/15

Auskunftsanspruch des Erben über lebzeitige Zuwendungen an den Pflichtteilsberechtigten,

Unzulässigkeit eines Teilurteils über Pflichtteil und erste Stufe der Auskunftswiderklage des Erben

RA und Notar Krau

Das OLG Koblenz hat entschieden, dass ein Pflichtteilsberechtigter dem Erben gegenüber auskunftspflichtig ist

über lebzeitige Zuwendungen, die auf den Pflichtteil angerechnet werden können.

Außerdem darf in einem solchen Fall nicht durch Teilurteil über den Pflichtteil entschieden werden,

wenn gleichzeitig eine Widerklage auf Auskunft über solche Zuwendungen erhoben wurde.

Sachverhalt:

OLG Koblenz 5 U 779/15

Der Kläger, Sohn der Erblasserin, verlangte von dem Beklagten, dem Ehemann der Erblasserin und Miterben, seinen Pflichtteil.

Der Beklagte wandte ein, dass sich der Kläger lebzeitige Zuwendungen anrechnen lassen müsse und erhob Widerklage auf Auskunft über diese Zuwendungen.

Das Landgericht gab der Zahlungsklage statt und wies die Widerklage ab.

Der Beklagte legte Berufung ein.

Entscheidung des Gerichts:

Das OLG Koblenz hob das Teilurteil des Landgerichts auf und verwies die Sache zurück.

Gründe:

OLG Koblenz 5 U 779/15

  1. Auskunftspflicht des Pflichtteilsberechtigten:

    • Das OLG Koblenz stellte fest, dass der Pflichtteilsberechtigte dem Erben gegenüber auskunftspflichtig ist über lebzeitige Zuwendungen, die auf den Pflichtteil angerechnet werden können.
    • Diese Auskunftspflicht ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 2057 BGB oder aus § 242 BGB.
    • Der Umfang der Auskunft muss alle für und gegen eine Anrechnungspflicht sprechenden Umstände enthalten, insbesondere alle wertbildenden Faktoren, den Zeitpunkt der Zuwendung und etwaige Anordnungen des Erblassers.
    • Das Gericht stellte klar, dass die Auskunftspflicht nicht auf die letzten zehn Jahre begrenzt ist, wie es § 2325 Abs. 3 BGB für die Pflichtteilsergänzung vorsieht.
    • Da der Kläger im vorliegenden Fall keine ausreichende Auskunft erteilt hatte, konnte das Gericht das Urteil des Landgerichts nicht aufrechterhalten.
  2. Unzulässigkeit des Teilurteils:

    • Das OLG Koblenz entschied, dass das Landgericht zu Unrecht ein Teilurteil erlassen hatte.
    • Ein Teilurteil ist nur zulässig, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist.
    • Diese Gefahr bestand hier, da das Landgericht über den Pflichtteil entschieden hatte, ohne die Frage der anzurechnenden Zuwendungen abschließend geklärt zu haben.
    • Die Entscheidung über den Pflichtteil darf erst erfolgen, nachdem über die Widerklage auf Auskunft über die Zuwendungen entschieden wurde.

OLG Koblenz 5 U 779/15

Hinweise für das weitere Verfahren:

  • Das OLG Koblenz wies darauf hin, dass der Kläger seine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Zuwendungen erfüllen muss.
  • Der Beklagte kann im weiteren Verfahren vor dem Landgericht auf die teilweise Erledigung des Rechtsstreits aufgrund einer Teilzahlung eingehen.

Fazit:

Die Entscheidung des OLG Koblenz stärkt die Position des Erben im Streit um den Pflichtteil.

Der Erbe hat einen Anspruch auf Auskunft über alle relevanten Zuwendungen des Erblassers an den Pflichtteilsberechtigten.

Ein Teilurteil über den Pflichtteil ist unzulässig, solange die Frage der anzurechnenden Zuwendungen nicht geklärt ist.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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