Verwendung transmortale Generalvollmacht durch Erben nach Erbfall gegenüber Grundbuchamt – OLG Nürnberg 15 Wx 2176/23

Juni 26, 2024

Verwendung transmortale Generalvollmacht durch Erben nach Erbfall gegenüber Grundbuchamt – OLG Nürnberg 15 Wx 2176/23

Zusammenfassung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 25.03.2024 – 15 Wx 2176/23 von RA und Notar Krau


Sachverhalt und Hintergrund
Die Antragstellerin, die Beschwerdeführerin in diesem Fall, ist die Witwe und Alleinerbin des am 15.01.2022 verstorbenen Eigentümers eines Grundstücks, welches im Grundbuch des Amtsgerichts Weißenburg eingetragen ist.

Am 13.02.1990 hatte ihr verstorbener Ehemann ihr eine transmortale Generalvollmacht erteilt, die auch nach seinem Tod gültig bleiben sollte und sie von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite.

Am 19.07.2023 schloss die Antragstellerin mit einer notariellen Urkunde einen Vertrag über die Überlassung des Grundstücks, bei dem sie sowohl als Vertreterin der Erben ihres verstorbenen Ehemanns als auch im eigenen Namen handelte.

Sie beantragte die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch, was jedoch vom Grundbuchamt Weißenburg aufgrund ihrer Alleinerbenstellung und dem angeblichen Erlöschen der Vollmacht durch Konfusion abgelehnt wurde.

Argumentation des Amtsgerichts Weißenburg
Das Grundbuchamt Weißenburg wies den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung zurück.

Es argumentierte, dass durch die Alleinerbenstellung der Antragstellerin die Vollmacht erloschen sei und daher die Grundbuchberichtigung nur mittels Erbschein erfolgen könne.

Verwendung transmortale Generalvollmacht durch Erben nach Erbfall gegenüber Grundbuchamt – OLG Nürnberg 15 Wx 2176/23

Beschwerde und rechtliche Beurteilung durch das Oberlandesgericht Nürnberg
Das Oberlandesgericht Nürnberg hob den Beschluss des Amtsgerichts Weißenburg auf und wies das Grundbuchamt an, die beantragte Eintragung vorzunehmen.

Die rechtliche Beurteilung stützte sich auf folgende wesentliche Punkte:

Zulässigkeit der Beschwerde:

Die Beschwerde war form- und fristgerecht eingereicht worden.

Fortbestand der transmortalen Vollmacht:

Die Antragstellerin hatte eine notarielle Vollmacht, die auch über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gültig blieb. Diese Vollmacht ermöglichte ihr, im Namen der Erben zu handeln.

Rechtsprechung und Literatur:

Das OLG Nürnberg folgte der Auffassung, dass die transmortale Vollmacht ihre Legitimationswirkung nicht durch den Erbfall verliert, selbst wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe wird.

Diese Sichtweise wird von einer Reihe von Gerichten und Literaturquellen unterstützt.

Das Vertrauen auf die Gültigkeit der Vollmacht durch Dritte, einschließlich des Grundbuchamtes, wird durch §§ 170 bis 173 BGB geschützt.

Verwendung transmortale Generalvollmacht durch Erben nach Erbfall gegenüber Grundbuchamt – OLG Nürnberg 15 Wx 2176/23

Praktische Erwägungen:

Das Grundbuchamt darf ohne den förmlichen Nachweis der Erbenstellung keine Kenntnis vom Erlöschen der Vollmacht berücksichtigen.

Die Erbenstellung der Antragstellerin muss durch eine in § 35 GBO vorgesehene Urkunde nachgewiesen werden. In Fällen, in denen keine solche Urkunde vorliegt, bleibt die Vollmacht wirksam.

Keine Umdeutung des Antrags:

Das Amtsgericht Weißenburg hatte versucht, den Eintragungsantrag in einen Grundbuchberichtigungsantrag hinsichtlich der Erbfolge umzudeuten, was das OLG Nürnberg als unzulässig erachtete.

Entscheidung


Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied, dass die Eintragung der Antragstellerin als Eigentümerin des Grundstücks vorzunehmen sei, da die Voraussetzungen gemäß §§ 13, 19, 20 und 29 GBO erfüllt seien.

Die transmortale Vollmacht der Antragstellerin war nach wie vor gültig und ermöglichte ihr die wirksame Vertretung der Erben ihres verstorbenen Ehemanns.

Kosten
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden gemäß § 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1 GNotKG festgesetzt.

Eine Kostenerstattungsanordnung zugunsten der Beschwerdeführerin wurde nicht getroffen, da die Staatskasse in Grundbuchsachen grundsätzlich nicht als Beteiligte in Betracht kommt.

Schlussfolgerung
Das Oberlandesgericht Nürnberg stellte klar, dass eine transmortale Vollmacht auch dann ihre Gültigkeit behält, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des Vollmachtgebers wird.

Die Entscheidung hebt die Bedeutung des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit im Grundbuchverkehr hervor, indem sie sicherstellt, dass solche Vollmachten im Grundbuchverfahren anerkannt und respektiert werden, solange kein förmlicher Nachweis der Erbenstellung vorgelegt wird.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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